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Die Tochter des Münzmeisters

Die Tochter des Münzmeisters

Titel: Die Tochter des Münzmeisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Henneberg
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packen und mit einem Ruck den Kopf nach links ziehen konnte.
    Henrika schrie entsetzt auf, als ein grässliches Knacken zu hören war. Guntram ließ den erschlafften Körper los, der wie ein leerer Sack zur Seite kippte. Erst als der ehemalige Arbeiter ihres Vaters die Kapuze nach hinten zog, verschwand das Grauen auf ihrem Antlitz ein wenig.
    »Guntram, was hast du getan?«, flüsterte sie und versuchte, ihr Zittern unter Kontrolle zu bringen.
    »Er hat Euch gedroht, und Ihr habt geschrien, edles Fräulein. Ich dachte, Ihr bräuchtet Hilfe«, erwiderte Guntram verschnupft, verbeugte sich leicht und wandte sich um.
    »Warte, entschuldige bitte! Natürlich bin ich dir äußerst dankbar für deine Hilfe, aber hätte es nicht auch gereicht, wenn du ihn einfach außer Gefecht gesetzt hättest?«, fragte sie vorsichtig, um ihn nicht erneut zu verstimmen und voller Angst, dass er sie einfach stehen lassen würde.
    Guntram drehte sich wieder zu ihr um und zuckte mit den Schultern. »Vielleicht – vielleicht auch nicht. Ich wollte einfach sichergehen und hatte auch nicht übermäßig Zeit, um darüber nachzudenken«, erklärte er gelassen. »Doch wir sollten hier nicht verweilen, sondern weitergehen. Wer weiß, vielleicht treiben sich noch andere finstere Gesellen hier herum.«
    Nachdenklich betrachtete er die halb verfallene Hütte, die ein paar Meter entfernt stand.
    Henrika wunderte sich zwar darüber, wieso der Hüne keinerlei Fragen stellte, hegte allerdings auch kein Verlangen, ihm zu erklären, wieso sie hier alleine unterwegs war. Sie dagegen interessierte es schon, was Guntram hier so weit weg vom Haus ihres Vaters tat, und sie fragte ihn ohne Umschweife danach.
    »Ich muss zurück zur Hartesburg«, antwortete er ohne weitere Erklärungen.
    »Aber das darfst du nicht!«, brauste Henrika auf »Herr Randolf hat dich nicht aus dem Kerker befreit, damit du schnurstracks wieder hineinwanderst! Du hast uns doch gesagt, dass von deiner Familie keiner mehr lebt, was zieht dich dann dorthin?«
    »Es sind nicht die Lebenden, sondern die Toten«, kam die ausweichende Antwort, nach der er beharrlich schwieg.
    Henrika seufzte ergeben, denn sie fühlte instinktiv, dass sie ihn nicht von seinem Entschluss abbringen konnte. Außerdem wollte sie so schnell wie möglich nach Hause. »Gut«, lenkte sie deshalb ein und versuchte, nicht auf den Toten zu achten. »Was glaubst du, wie lange benötigen wir bis Goslar?«
    »Ich gehe nicht dorthin, sondern zur Hartesburg«, wiederholte Guntram eigensinnig
    Die junge Frau starrte ihn ungläubig an. »Du willstmich nicht begleiten? Ohne dich finde ich den Weg nicht so gut, und ich muss schnell zurück, denn alle werden sich um mich sorgen. Außerdem muss ich zu Herrn Randolf und ihn warnen, denn die Komplizen dieses Kerls haben irgendetwas Furchtbares vor, was es zu verhindern gilt«, versuchte sie den Bauern zu überreden.
    Guntram zögerte einen Augenblick, schüttelte dann jedoch bedauernd den Kopf. »Tut mir leid, ich kann nicht. Von Eurem Vater habe ich mich bereits verabschiedet, und ich werde gewiss nicht wieder zurückgehen. Aber die Richtung kann ich Euch zeigen, dann findet Ihr den Weg bestimmt schnell. So weit ist es gar nicht mehr.«
    Doch so leicht wollte Henrika sich nicht geschlagen geben, außerdem tat ihr Knöchel weh, daher versuchte sie es auf anderem Weg, ihn umzustimmen. Sie zuckte kurz zusammen und umfasste stöhnend ihr Fußgelenk.
    »Was ist mit Euch? Seid Ihr verletzt?«, fragte Guntram sofort besorgt.
    »Es ist nichts, ich werde es schon schaffen. Auf dem Weg hierher bin ich dummerweise über eine Wurzel gestolpert und umgeknickt.«
    Der Arbeiter ihres Vaters kniete sich sofort hin und bat um Erlaubnis, einen Blick auf den Fuß werfen zu dürfen, was sie verwirrt bejahte. Als er den Knöchel vorsichtig berührte, zuckte sie erneut zusammen, dieses Mal allerdings aufgrund des realen Schmerzes, der ihr ins Bein gefahren war.
    »Er ist stark angeschwollen«, murmelte er bedrückt, dann erhob er sich und bot Henrika seinen Arm. »Wir werden nun doch zurückgehen, alleine schafft Ihr es womöglich nicht. Ich werde die Nacht abwarten und morgen früh aufbrechen.«
    Dankbar lächelte die junge Frau ihn an und hakte sich bei ihm ein. Auf dem Rückweg nahmen die Schmerzen,die sie anfangs kaum gespürt hatte, immer weiter zu, so dass Guntram sie teilweise sogar tragen musste.
    Als sie nach einer knappen Stunde an einer verlassenen Hütte ein Wimmern vernahmen, war Henrika

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