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Die Tochter des Münzmeisters

Die Tochter des Münzmeisters

Titel: Die Tochter des Münzmeisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Henneberg
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einem erregten Ausdruck in den schwarzen Augen.
    Henrika blickte auf das entsetzliche Durcheinander, das sich ihr darbot, und entdeckte Irmingard, die mit einem Wellholz in der Hand leise ins Haus schlich, ausholte und zuschlug. Sofort sackte Gunhild zusammen, ohne einen Laut von sich zu geben. Der ungleiche Kampf zwischen Dietbert und dem geschwächten Folkmar tobte noch immer, und zwischen dem Klirren der Klingen waren die harten Schläge der auf dem Boden rollenden Männer zu hören.
    Guntram war zwar riesig und auch sehr stark, doch sein muskulöser Gegner war ihm fast ebenbürtig. Entsetzt beobachteten die beiden Frauen, wie Wigbald, der über Guntram lag, nach seinem Dolch tastete. Bevor Irmingard zu einer Reaktion fähig war, hatte sich Henrika den einzigen Stuhl des Hauses geschnappt und ihn auf den Kopf des Mannes niedersausen lassen. Während Guntram sich unter dem Bewusstlosen hervorrollte, hörten sie ein grässliches Geräusch, und voller Grauen sah Henrika, wie Folkmar getroffen zusammenbrach und Dietbert seine blutverschmierte Waffe gegen den Bauern richtete. Ohne zu zögern zog Guntram dem noch immer ohnmächtigen Wigbald den Dolch aus dem Gürtel, zielte kurz und warf. Mit einem ungläubigen Schrei auf denLippen starrte der am Oberschenkel getroffene Dietbert ihn an, dann kippte er zur Seite weg.
    Im nächsten Moment griff Guntram nach Henrikas Handgelenk und wollte sie nach draußen zerren, doch sie sträubte sich.
    »Wir müssen uns um ihn kümmern«, schrie sie und zeigte auf Folkmar, aber Guntram schüttelte bedauernd den Kopf.
    Erst jetzt bemerkte sie den leeren Blick von Randolfs ehemaligem Knappen und folgte dem blonden Hünen niedergeschlagen nach draußen, nachdem dieser Irmingard noch ein paar Anweisungen zugeflüstert hatte.
    »Streng dich an, öffne die Augen«, flüsterte eine innere Stimme dem Mann zu, der bäuchlings auf dem dreckigen Stroh in dem dunklen Raum lag, doch seine Lider wollten ihm den Gefallen nicht tun. Ohne sonderlich traurig darüber zu sein, gab Randolf seine Anstrengungen auf und überließ sich erneut seinen süßen Träumen, in denen eine junge, hübsche Frau ihm mit ihrer kühlen, zarten Hand über die Wange strich.
    »Du darfst nicht aufgeben!«
    Wieder flatterten seine Lider, denn dieses Mal hatte er klar Henrikas Stimme gehört, und er musste sie wenigstens noch einmal sehen! Sein rechtes Auge versagte ihm den Dienst, da es stark zugeschwollen war, doch als sich das linke endlich einen Spaltbreit öffnete, wurde ihm jäh klar, dass er sich ihre Worte nur eingebildet hatte. Um ihn herum herrschte trostlose Dunkelheit, und der faulige Gestank nahm ihm für einen kurzen Moment den Atem. Wenn seine untere Gesichtshälfte von den Schlägen nicht so verquollen gewesen wäre, hätte er fast gelacht, als ihm bewusst wurde, dass dieser übelkeiterregende Geruch teilweise von ihm stammte. Einlanggezogenes Stöhnen erinnerte ihn daran, dass er an diesem grauenhaften Ort nicht alleine war, aber der Versuch, den Kopf zu heben und nach der anderen Person zu sehen, scheiterte kläglich. Ihm fehlte augenblicklich die Kraft für jegliche Bewegungen.
    »Nur ein kleines bisschen ausruhen, meine Liebste«, murmelte er zu dem imaginären strengen Blick, den ihm Henrika aus ihren grünen Augen zuwarf, und wurde erneut von seinen fiebrigen Träumen umfangen.
    Am nächsten Morgen war die Mutlosigkeit Henrikas zwar ein wenig verflogen, doch die Trauer über Folkmars unnützen Tod lag noch immer wie ein nebliger Schleier über ihr. Die Nacht hatte sie zusammen mit Guntram in seinem dichtbelaubten Versteck im Wald verbracht. Sie hatten viel miteinander geredet, und als Henrika endlich weit nach Mitternacht eingeschlafen war, hatte sie mehr als einen Freund gewonnen. Von seinem gefährlichen Plan würde jedoch auch sie ihn nicht abbringen können.
    »Alles noch so, wie ich es gestern verlassen habe«, sagte Guntram zufrieden, als sie vor einer dichten Eibenhecke stehen blieben und Henrika ihm stirnrunzelnd dabei zusah, wie er vorsichtig die Zweige auseinanderzog, bis ein kleiner Durchgang zum Vorschein kam.
    »Einer der Männer aus der Siedlung hat mir davon erzählt. Er war damals dabei, als sie den Stollen gegraben haben, und konnte sich zum Glück noch gut an das Versteck erinnern.«
    Aufgeregt packte Henrika ihn an der Schulter und fragte: »Du willst mir doch nicht etwa erzählen, dass er zur Burg führt?«
    Dabei richtete sie ihren Blick zur Spitze des Berges und konnte durch die

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