Die Tochter des Münzmeisters
Handlungen eine reifliche Überlegung. Adalbert war nun mal von verschwenderischer Natur, und es passte überhaupt nicht zu ihm, dass er seine Macht und Stellung nicht zur Schau stellte.
Gottwald ließ die gesamte Totenmesse an sich vorüberziehen, während er weiter grübelte. Die Gemeinde hatte sowieso nicht viel mitzusprechen, da der gesamte Gottesdienst in lateinischer Sprache erfolgte. Auf die Rufe des Erzbischofs beteten die Ministranten die Antworten, in diesem Fall vorwiegend Goswin, und der Junge machte seine Sache gut. Mit klarer Stimme intonierte er die lateinischen Wörter und verhaspelte sich dabei kein einziges Mal, weshalb Gottwald sehr stolz auf seinen Erstgeborenen war. Gelegentlich hielt Goswin auch abwechselnd die Mitra und den Krummstab des Kirchenfürsten.
Schließlich war die Messe beendet, der schlichte Holzsarg, in den Graf Dedo gebettet war, ward verschlossen und von vier Diakonen hinausgetragen.
Gottwald ließ dem Vicedominus den Vortritt, neben ihm schritt seine Gemahlin, und dahinter folgten Hemma und Brun. Langsam, unter der Begleitung der gregorianischen Choralgesänge, verließen die Anwesenden das Gotteshaus und folgten dem Sarg zu seinem letzten Bestimmungsort, dem Friedhof hinter der Stiftskirche St. Simon und Judas.
Nachdenklich stierte Goswin vor sich hin. »Es stimmt schon, was du vorhin gesagt hast. An dem Tag war ich mehr als glücklich. Aber nach dem Überfall und den schrecklichen Gerüchten über Vaters angebliche Veruntreuung habe ich mit Gott nur noch gehadert. Nachdem ich meinen Schwur mit dem Tod Burchards eingelöst hatte, konnte und wollte ich dieses Leben nicht mehr führen. Meine Liebe zu Mathilda war stärker.«
Brun, dem die melancholische Stimmung seines Bruders nicht recht zu gefallen schien, klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter, während sich wieder sein gewohntes Grinsen zeigte. »Was soll’s, ich werde einfach noch ein paar Tage länger bei euch bleiben, bis ich Gewissheit habe, was es mit diesem angeblichen räuberischen Gesindel auf sich hat. Die restliche Zeit werde ich damit verbringen, mich mit meinen Nichten und meinem Neffen zu beschäftigen. Nicht zu vergessen unsere liebreizende Henrika, die uns hoffentlich noch mal besuchen wird, wenn die Gefahr eines Überfalls nicht mehr besteht.«
»Und da wird mir immer Sturheit vorgeworfen«, entgegnete Goswin mit gespielter Fassungslosigkeit und einem schiefen Blick in Richtung seines Begleiters.
Bruns Aufmerksamkeit war plötzlich durch eine dünne Rauchsäule am Horizont abgelenkt, und er beschleunigtealarmiert das Tempo. Die Anspannung der beiden Männer stieg, je näher sie dem Unglücksort kamen, denn mittlerweile konnten sie erkennen, dass es sich um einen abgebrannten Hof handelte. Das Feuer hatte schlimm gewütet und nur noch schwarze verkohlte Reste hinterlassen, doch zu sehen war niemand. Als die Brüder sichergehen konnten, dass sich niemand mehr hier befand, stiegen sie ab und banden ihre Pferde an dem Zaun fest, der das abgebrannte Holzhaus umschlossen hatte und als Einziges nicht den Flammen zum Opfer gefallen war. Fast unwirklich mutete es an, wie die Umzäunung nur noch die schwarz verbrannten Holzreste schützte.
Die beiden Brüder hielten weiterhin die Hände auf den Griffen ihrer Schwerter, doch sie fanden lediglich zwei Tote. Brun warf seinem Bruder einen fragenden Blick zu.
»Meines Wissens haben nur Vater und Sohn auf diesem Hof gelebt. Die Frau des Bauern ist im letzten Jahr gestorben«, brachte Goswin mühsam hervor und schüttelte fassungslos den Kopf. »Der Junge war kaum älter als vierzehn. Warum diese brutale Gewalt und Zerstörung? Hier gab es bestimmt nicht viel zu holen! Es waren arme Menschen.« Er schien den Anblick der beiden hingemetzelten Menschen nicht länger ertragen zu können und wandte sich ab.
Der Kopf des älteren Mannes war nach links weggekippt und gab eine klaffende Wunde am Hals frei, die Brun nicht näher untersuchen wollte. Der Sohn war durch einen einzigen mächtigen Schlag niedergestreckt worden, der den Brustkorb des Jungen fast zur Hälfte durchtrennt hatte.
Erschüttert wandte nun auch Brun sich ab und folgte seinem Bruder, der die Spuren rund um den zerstörten Hof begutachtete. Beide hatten schon viel Schlimmesin ihrem Leben erblicken müssen, ein derart sinnloses Morden traf sie dennoch bis ins Mark. Bei Brun brachte es zudem die Sorge um seinen Bruder und dessen Familie wieder mit Macht zum Vorschein.
»Ich schätze, es waren mindestens
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