Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tochter des Münzmeisters

Die Tochter des Münzmeisters

Titel: Die Tochter des Münzmeisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Henneberg
Vom Netzwerk:
Pein zu spüren, denn er legte sacht eine Hand auf die ihre, in der sie noch immer das Messer hielt. »Udolf ist ein kräftiger und zäher Bursche, den so schnell nichts umwirft.«
    Hemma hob den Kopf und bemerkte erstaunt, dass Esikos Augen von tiefgrüner Farbe waren. Ebenso verwundert stellte sie fest, dass sich an der Außenseite seines linken Auges eine feine Narbe befand. Jäh wurde ihr bewusst, dass sie ihn die ganze Zeit anstarrte, und sie wandte sich verlegen ab.
    Behutsam hob sie sein Hosenbein an und schnitt es geschickt bis zum Knie auf.
    Zu ihrer großen Erleichterung war die Wunde wirklich nicht tief, und sie riss sich einen Streifen von ihrer ohnehin schon in Mitleidenschaft gezogenen Kotte ab.
    »Wie hast du mich so schnell gefunden?«, fragte sie, um das unangenehme Schweigen zu unterbrechen.
    Es dauerte eine Weile, bis sie eine Antwort erhielt, und da sie weiterhin mit dem Verband beschäftigt war, entging ihr Esikos Befangenheit. »Ich hatte Euch zufällig vor einiger Zeit an dieser Stelle gesehen, und da ich nicht wusste, wo ich sonst suchen sollte, habe ich einfach mein Glück versucht.«
    Hemma zog den Stoffstreifen fest und wandte sich ihm zu. Falls sie über seine Antwort verwundert war, so war es ihr nicht anzumerken. »Ich habe dir noch gar nicht für deine Hilfe gedankt«, sagte sie stockend und hielt ihm das Messer hin.
    Esiko erwiderte ihren Blick mit offener Bewunderung. Einzelne Strähnen hatten sich bei ihrer wilden Flucht aus dem Zopf gelöst und fielen ihr ins Gesicht.
    »Ihr schuldet mir keinen Dank, edles Fräulein. Ich bin froh, dass ich rechtzeitig gekommen bin«, antwortete er schlicht.
    Als er nach Udolfs Messer griff, das sie ihm hinhielt, berührten sich für einen kurzen Moment ihre Finger, und blitzartig durchfuhr es Hemma, die Esiko die ganze Zeit unverwandt angeschaut hatte. Ohne den Blick von ihr abzuwenden, legte er das Messer neben sich auf den Boden. Im selben Augenblick strich Hemma ihm sacht mit der Hand über die Wange. Um sie herum herrschte Stille, bis auf das gedämpfte Vogelgezwitscher, das leise durch den Eingang zu ihnen drang.
    Als Esiko sie zu sich heranzog und mit seinem Mund ihre Lippen verschloss, hörten sie selbst den lieblichen Gesang nicht mehr. Hemma hatte das Gefühl, zerspringen zu müssen, und erwiderte seinen anfangs zärtlichen Kuss mit großer Leidenschaft. Nach einer Weile löste er den Mund von ihren Lippen, hielt sie aber weiterhin umschlungen.
    Hemma, die noch ganz von den ihr unbekannten Gefühlen überwältigt war, verstand nicht, warum er nicht mit seinen Zärtlichkeiten fortfuhr. Hätte sie geahnt, dass er seine ganze Kraft aufbringen musste, um dem großen Verlangen nicht nachzugeben, hätte sie ihre Worte vermutlich vorsichtiger gewählt. So aber hob sie den Kopf und sah ihn mit gespielter Betroffenheit an. »Ich küsse wohl nicht so gut wie diese Tänzerin?« Sie hatte ihn gesehen, er brauchte es also nicht abzustreiten.
    Esiko runzelte die Stirn. »Was meinst du damit? Ich verstehe nicht ganz.«
    »Du schiebst mich von dir. Was für einen Grund sollte es sonst dafür geben als die feurige Tänzerin!« Ohne den nötigen Nachdruck versuchte sie, sich aus seiner Umarmung zu lösen, was ihr daher auch nicht gelang.
    »Ich habe dem Anführer der Spielleute vorhin eine Nachricht von deinem Vater überbracht, denn sie sollen im September bei den Festlichkeiten vor dem Kaiser auftreten. Dein Vater war sehr angetan von ihnen.«
    So schnell ließ Hemma nicht locker, schließlich war ihre Eifersucht einer der Gründe, warum sie diesen unvernünftigen Ausritt unternommen hatte. »Und gestern? Was wolltest du der schönen Tänzerin da für eine Nachricht überbringen? Ich weiß, dass du sie getroffen hast.«
    Esiko betrachtete sie einen Augenblick versonnen, dann richtete er sich unvermittelt auf und drückte Hemma mit dem Rücken auf den Boden. Über sie gebeugt sagte er spöttisch: »Wenn ich auch nur geahnt hätte, dass du mit mir in den Stall verschwindest, hätte ich natürlich keinen Moment gezögert.«
    Bevor sie protestieren konnte, küsste er sie erneut leidenschaftlich und riss ihre Eifersucht mit sich fort. Seine Hände glitten über ihren Körper und setzten ihn in Flammen. Als er völlig unvermittelt zum zweiten Mal von ihr abließ, konnte sie es kaum glauben und wollte sich gekränkt aus seiner Umarmung lösen.
    »Pst, hörst du denn nicht?«, flüsterte er warnend.
    Im selben Moment vernahm auch sie das Geräusch von Pferdehufen,

Weitere Kostenlose Bücher