Die Tochter des Praesidenten
an diese Vorschriften gehalten, daß man bei bestimmten Speisen entweder roten oder weißen trinken sollte. Ich trinke, was mir schmeckt, und ein roter Bordeaux würde heute meine Nerven beruhigen.«
»Wie Sie wünschen, Comtesse.« Er machte eine kleine, etwas spöttische Verbeugung und ging zur Tür.
»Übrigens, David …«
Er wandte sich um. »Ja, Comtesse?«
»Da Sie Eliot so mögen, habe ich ein Zitat aus Das wü ste Land für Sie.«
»Und das lautet, Comtesse?«
›»I think we are in rats’ alley, where the dead men lost their bones.‹«
Sein Lächeln verschwand. Abrupt öffnete er die Tür und ging. Sie hörte, wie er hinter sich absperrte, und ganz plötzlich hatte sie Angst.
4
Salinas bestand lediglich aus einigen vereinzelten Häusern und dem Hafen, der von zwei Molen begrenzt war und in dem dicht an dicht kleine Fischerboote ankerten. Luigi hielt vor einem Haus, über dessen Tür ein Schild mit dem Aufdruck English Café prangte.
»Gott weiß, warum es diesen Namen trägt«, sagte er.
»Vielleicht kriegt man hier ein echtes englisches Früh stück«, meinte Dillon. »Englische Touristen mögen so was.«
»Was für Touristen?« Luigi zuckte die Schultern. »Na ja, da wären wir jedenfalls. Ich drehe gleich wieder um und fahre zurück nach Palermo.«
Hannah schüttelte ihm lächelnd die Hand und küßte ihn auf die Wange. »Ganz herzlichen Dank, Sergeant, von Kollege zu Kollege.«
Dillon stieg bereits die Treppe hinauf. Die Nacht war warm, und da die Dunkelheit sich herabsenkte, wurden auf einigen Booten draußen im Hafen Lichter angezün det. Er öffnete die Tür und betrat das armselige Lokal. Drückende Hitze schlug ihm entgegen, obwohl an der Decke ein Ventilator hing, der jedoch nicht zu funktio nieren schien. An der Bar saß ein halbes Dutzend Fischer.
Er winkte dem Barmann und wandte sich zu den ande ren um. »Das ist ein Dreckloch. Setzen wir uns lieber draußen hin.«
Sie entschieden sich für einen Tisch direkt am Veran dageländer. »Was gibt es hier zu essen?« fragte Hannah den Barmann, der kurz darauf erschien.
»Wir haben jeden Tag nur ein Hauptgericht, Signorina. Heute abend gibt es Cannelloni ripieni. Unser Koch macht sie mit einer besonderen Füllung aus pikant ge würztem Fleisch und Zwiebeln. Dazu können Sie einen Salat haben.«
»Gut, und eine Flasche Wein«, sagte Dillon. »Irgend was Kaltes.«
Während er Riley erklärte, was es zu essen gab, brachte der Barmann drei Gläser und eine eiskalte Flasche, aus der er etwas in ein Glas schenkte. Dillon schnupperte daran.
»Das ist klasse. Passito. Stark, sehr stark. Drei Gläser, und man liegt flach.« Er grinste Hannah zu. »Ich würde an Ihrer Stelle lieber Limonade nehmen, mein gutes Mädchen.«
»Ach, halten Sie die Klappe, Dillon.«
Gefolgt von einer stämmigen Frau, die ein Tablett mit drei Tellern auf den Tisch stellte, kehrte der Barmann wieder zurück und brachte zunächst einen Korb mit Brot.
Das Essen war in der Tat ausgezeichnet. Riley ließ kei nen einzigen Krümel übrig. »Gott helfe mir, aber dieses Brot war das beste, das ich seit dem selbstgebackenen meiner Tante Bridget gegessen hab’.«
»Es war gut, das muß ich zugeben«, nickte Dillon, »obwohl ich nicht so ganz sicher bin, daß es auch koscher war.«
»Sie sind ein Idiot, Dillon«, entgegnete Hannah kühl. »Die Bibel verlangt nicht von mir, unter schwierigen Um ständen zu verhungern. Und jetzt nehme ich noch ein Glas Wein.«
Dillon schenkte gerade ein, als eine ruhige Stimme mit bester englischer Aussprache fragte: »Chief Inspector Bernstein?« Alle wandten sich um und sahen auf den Mann, der unten an der Treppe stand. »Jack Carter.«
Er war jünger, als Dillon es erwartet hatte, vielleicht fünfundzwanzig, sicher nicht mehr; mittelgroß, hatte ein braungebranntes Gesicht und trug eine salzfleckige Se gelmütze, einen Seemannsmantel mit angelaufenen Mes singschnallen und Jeans.
Hannah übernahm die Vorstellung. »Das sind Sean Dillon und Thomas O’Malley. Sie sind …«
»Ich weiß schon Bescheid, Chief Inspector. Ich bin über alles unterrichtet worden.«
Er setzte sich zu ihnen auf die Veranda, und Dillon bot ihm ein Glas Wein an; doch Carter schüttelte den Kopf. »Ich habe nach unserer Ankunft Erkundigungen über die Villa unseres Freundes Hakim eingezogen, ganz diskret natürlich. So ein Haus
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