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Die Tochter des Samurai: Roman (German Edition)

Die Tochter des Samurai: Roman (German Edition)

Titel: Die Tochter des Samurai: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lesley Downer
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ehrfürchtig von der Wildheit, mit der sie kämpften, egal ob mit Gewehren, Schwertern oder was sonst zur Hand war, davon, wie sie im Nahkampf dichter herangingen, als alle anderen es wagten, sich durch die Reihen der Satsuma hackten, einen Rebellen nach dem anderen niederstreckten, bevor sie selbst getötet wurden.
    Sie waren leuchtende Beispiele für das alte Sprichwort, mit dem Nobu in Aizu aufgewachsen war: »In der Schlacht gibt es keinen Samurai-Kodex und kein Erbarmen. Wenn du dein Schwert verlierst, greif nach einem Stein. Hast du keinen Stein, benutze deine Hände. Verliere dein Leben, aber lass den Feind bezahlen.«
    Für die Männer aus Aizu war ihre Zeit endlich gekommen.

30
    Taka holte Atem, stieß einen gellenden, direkt aus dem Bauch kommenden Schrei aus, stürzte vor und schwang ihren Stock mit aller Kraft gegen die junge Frau ihr gegenüber. Yuko, ihre Gegnerin, wich nicht zurück. Sie hielt den Blick fest auf Takas Augen gerichtet. Yuko hatte ein ernstes, rundes Gesicht wie ein Kind, aber ihr Stock wirbelte herum wie der Wind. In weniger als einem Herzschlag hatte sie Takas Hieb pariert, drehte sich mit fliegenden Röcken und ließ ihren Übungsstock direkt auf Takas Kopf zusausen. Taka sprang beiseite, versuchte dem Schlag auszuweichen, stolperte und fiel beinahe hin, schaffte es jedoch mit gewaltiger Anstrengung gerade noch rechtzeitig, ihren Stock hochzureißen und zu parieren.
    Die weißen Eichenstäbe waren leicht, aber lang und, zumindest für Taka, furchtbar unhandlich. Mit den knappen Schritten einer Tänzerin und aus voller Kehle brüllend schlug Yuko ein ums andere Mal zu. Takas Knie zitterten, und sie schwankte unter dem Aufprall, parierte Schlag um Schlag. Holz krachte auf Holz, während sie sich umkreisten.
    Taka war für den Krieg gekleidet, die Ärmel zurückgebunden, der Saum des Kimono in ihren Obi gesteckt, um Beinfreiheit zu erlauben, dazu ein weißes Stirnband um ihr Haar. Unter ihren nackten Füßen fühlte sich das zertrampelte Gras weich und feucht an, und die Luft roch nach Erde und Blumen. Die letzten Kirschblüten waren abgefallen, rosa und violette Azaleen und Rhododendronbüsche säumten den Übungsplatz. Um Taka herum fochten Frauen mit eiserner Konzentration, ihre Schreie untermalt vom heiseren Krächzen der Krähen.
    Der Morgen war herrlich. Flauschige Wolken zogen über den strahlend blauen Himmel, gesprenkelt von dem stets vorhandenen Rauchschleier, der aus der Krateröffnung des Sakurajima wehte. Im Osten erhob sich der dunkle Koloss des Vulkans über den Mauern des Anwesens und stieß bereits wieder neue Aschewolken aus. Die Hitze hatte viel früher im Jahr eingesetzt, als es in Tokyo je der Fall war. Der Sommer würde brütend heiß werden.
    Yuko stieß erneut einen Schrei aus und griff an, wirbelte den Stock so schnell, dass Taka ihn kaum sehen konnte. Als der Stock durch die Luft pfiff, wandte Yuko eine Finte an, schwang herum und fiel auf ein Knie, den Stock direkt auf Takas Kehle gerichtet. Wenn sie mit echten Klingen gekämpft hätten, wäre das der Todesstoß gewesen.
    Mit einer Verbeugung gab sich Taka geschlagen. Sie keuchte, und ihre Arme, Handgelenke und Schultern fühlten sich an wie Blei. Yuko war nicht mal ins Schwitzen geraten.
    »Lass uns mit echten Klingen üben.« Sie reichte Taka eine der Schwertlanzen, die an einem Ständer lehnten. Eine wunderschöne Waffe mit einem elegant lackierten Schaft, so lang wie die Übungsstöcke, aber wesentlich schwerer und viel schwieriger zu handhaben. Taka hielt sie behutsam und zog die Scheide ab. Die Schneide der gebogenen Klinge war scharf genug, einen Menschen in Stücke zu hauen. An der stumpfen Seite befand sich eine Rille zum Ablaufen des Blutes und am anderen Ende eine kurze Parierstange, die fast genauso tödlich war. Unter Samurai galt die Schwertlanze als Frauenwaffe, leichter als ein Schwert und viel länger. Eine geübte Kämpferin konnte einen Mann in Schach halten und seine Schienbeine oder Handgelenke aufschlitzen, dort, wo er den Angriff am wenigsten erwartete, bevor er mit seinem Schwert auch nur in ihre Nähe kommen konnte.
    »Pass auf. Das ist der Zurückkehrende-Welle-Angriff«, sagte Yuko und hob ihre Schwertlanze.
    Sie nahm ihre Stellung ein, Beine gespreizt und Knie gebeugt. Mit ihrem unerbittlichen Blick und dem weißen Stirnband um das schimmernde Haar wirkte sie wie eine Kriegerin aus einer der alten Sagen. Sie stieß einen so lauten Kampfschrei aus, dass Taka zusammenfuhr, sprang vor,

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