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Die Tochter des Samurai: Roman (German Edition)

Die Tochter des Samurai: Roman (German Edition)

Titel: Die Tochter des Samurai: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lesley Downer
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um. Nicht weit entfernt dümpelte ein kleines Boot im Schilf. Falls die Wehrpflichtigen noch näher kamen, könnten Taka und er dorthin ausweichen und so das andere Ufer erreichen.
    »Hab einen flachen gefunden.« Die Stimme dröhnte direkt über ihnen. Ein Stein glitt über die Oberfläche und hüpfte ein paarmal spritzend hoch.
    »Wir sollten besser zum Stützpunkt zurückkehren, sonst kriegen wir noch Ärger.« Diese Stimme war älter.
    »Wo verbringen wir die Nacht?«
    »An Bord, wenn wir Glück haben. Alle an Land wollen unbedingt aufs Schiff. Die Stadt mag zwar tot aussehen, aber ich sage euch, die Rebellen werden aus den Hügeln herabströmen, sobald wir ihnen den Rücken zukehren.«
    »Wir sollten uns glücklich schätzen. Wenn sie uns in die Berge schicken, werden wir unter den Sternen schlafen.«
    »Und durch den Regen marschieren.«
    Nobu kauerte weiter unter der Brücke, bis die Stimmen verklangen, dann deutete er mit einem Nicken auf das Boot.
    »Wäre besser, wenn wir bis zur Dunkelheit warten, aber wir haben keine Zeit. Wir müssen es riskieren.«
    Wasser tropfte von dem Tau und durchtränkte seinen Ärmel, als er das Boot ans Ufer zog. Das Holz war verblichen und schleimig von Moos, aber das Boot war stabil genug, hatte zwei Sitzplanken, Ruder und eine Stange. Wellen schwappten dagegen, und das Boot schaukelte, als er Taka hineinhalf und ihr bedeutete, gebückt zu bleiben. Dann ruderte er sie beide zum anderen Ufer.
    Drei Männer schlenderten die Straße entlang, dunkle Silhouetten vor dem Nachmittagshimmel. Eine Stimme hallte über das Wasser. »He, da drüben. Wer ist das? Rebellen, wie’s aussieht. Satsuma-Dreckskerle.« Das klang nach dem Burschen, der sich auf ein Schweinekotelett gefreut hatte. Eine der Silhouetten hob ein Gewehr.
    »Das sind nur Bauern. Lass sie in Ruhe.« Das war der ältere Mann. »Einer ist eine Frau, schau. Wir haben Befehl, die Einheimischen nicht gegen uns aufzubringen.«
    »Eine Frau?«, rief die erste Stimme. Der lüsterne Ton war nicht zu überhören. »Ihr da, hier herüber, und das schnell. Wir sind Regierungsoffiziere auf Kontrollgang.«
    Nobus Gesicht verfinsterte sich. Sie waren alles andere als Offiziere, soviel war sicher. Die nächste Brücke lag ein ganzes Stück entfernt, und die Soldaten waren zu Fuß. Solange Taka und er im Boot blieben, waren sie außer Reichweite.
    Es knackte, als der Mann sein Gewehr entsicherte, gefolgt von einem Krachen wie ein Peitschenknall. Vögel kreischten und erhoben sich in großen Schwärmen aus den Bäumen. Taka fuhr zusammen, und das Boot schaukelte, als sie sich duckte, die Hände vor den Mund gedrückt. Die Kugel sauste durch die Luft und platschte eine ganzes Stück entfernt ins Wasser. Nobu dankte seinem Glücksstern, dass die Männer unerfahrene Rekruten und schlechte Schützen waren.
    »Sei doch kein Narr.« Die Stimme des Älteren wehte über das Wasser. »Machen wir, dass wir hier wegkommen, bevor du uns noch einen ganzen Schwarm von Dreckskerlen auf den Hals hetzt.«
    Als Nobu und Taka den Granitbogen der Nishida-Brücke erreichten, hatten sie die Soldaten weit hinter sich gelassen. Sie vertäuten das Boot unter der Brücke und kletterten die Böschung zur Straße hinauf. Steile Dächer, das dicke gelbe Stroh mit Prunkwinden bewachsen, ragten über hohe Hecken, durchsetzt mit Kamelien, Goldröschen und den Blüten von Wildbirnen. Sie waren nicht weit von den Bergen entfernt.
    Der Vulkan befand sich immer noch hinter ihnen. Schwarze Aschewolken wallten über den Kraterrand. Nobu schaute sich nach Soldaten um und sah zwei Männer auf die Brücke zukommen. Einer war groß und kräftig gebaut, der andere klein und dünn. Sie hielten sich gerade und aufrecht wie Offiziere.
    Noch während er hinschaute, liefen sie los, fuchtelten mit ihren Gewehren und riefen: »Halt! Wer ist da? Bleibt stehen, oder wir schießen!«
    »Lauf!«
    Taka packte ihre Schwertlanze fester, nahm die Röcke hoch, und sie rannten zur nächsten Ecke. Ein lauter Knall schnitt durch die Luft. Die Männer waren weit hinter ihnen, und die Kugel schlug in die Brücke ein, ließ Granitsplitter aufspritzen.
    Nobu überlegte, wer diese Burschen sein konnten, so weit vom Stützpunkt entfernt – Leutnants vermutlich, die auf Ruhm aus waren, auf der Suche nach Rebellen. Und sie hatten einen entdeckt, bewaffnet und gefährlich, frei zum Abschuss. Er – ihr Kamerad Nobu – war zweifellos der erste Rebell, den die Männer an diesem Tag entdeckt hatten. Beinahe

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