Die Tochter des Samurai: Roman (German Edition)
erzählen sie denn über die Burg von Kumamoto, eure Kundschafter?« Die Worte waren heraus, bevor er sie zurückhalten konnte.
»Mein Vater sagte, wenn die Garnison seine Armee erblickte, würde sie kapitulieren, sich ihm anschließen, und sie würden gemeinsam nach Tokyo marschieren.« Sie sah ihn an, und er fragte sich, ob sie daran dachte, dass ihr Vater bereits eine Armee zum Sieg geführt hatte – gegen Nobus Volk.
»Das hat er gesagt, bevor er losgezogen ist«, meinte er. »Willst du wissen, was wirklich passiert ist?« Taka wurde bleich, als hätte sie es bereits erraten. Sie ballte die Fäuste, bis ihre Knöchel weiß wurden. Nobu atmete tief durch. Er würde ihr, dachte er, nur ein wenig davon erzählen, welche Verwüstung ihr geliebter Vater über das Land gebracht hatte. »Dein Vater und seine Männer haben die Burg von Kumamoto fast zwei Monate lang belagert. Die Garnison geriet in Angst und Schrecken, als sie erkannte, dass der große Kitaoka vor ihren Toren stand, aber sie ergab sich nicht. Selbst als die Männer deines Vaters Botschaften an ihren Pfeilen befestigten, die besagten, die Garnison habe keine Chance und solle sich ihnen besser anschließen, hielt sie stand. Dann schickten wir unsere Armee, um die Belagerer zu vertreiben. Tag für Tag gab es Gefechte. Auf beiden Seiten sind Tausende gefallen, und Unzählige wurden verwundet. Aber am Ende haben wir den Belagerungsring durchbrochen, und dein Vater ist mit seinen Männern in die Berge geflohen.«
Sie hatte die Hand vor den Mund geschlagen und die Augen geschlossen, als wollte sie die Worte nicht hören. »Ist er am Leben?«, flüsterte sie mit zitternder Stimme. Sofort legte er reumütig den Arm um ihre Schultern. Ihre letzten gemeinsamen Stunden zu verderben, war falsch. Sie würde die Wahrheit schon bald genug erfahren.
»Wenn er tot wäre, dann wäre der Krieg vorbei, und wir würden alle nach Hause gehen«, sagte er leise. »Da sind auch noch andere Dinge, die du wissen solltest …« Er lehnte seinen Kopf an den ihren und schloss die Augen, roch ihr süßes Parfüm. Ihr von der Burg Aizu zu erzählen und allem, was dort passiert war, würde warten müssen.
Das Murmeln des Wassers und Zwitschern der Vögel wurde von einem anderen Geräusch übertönt. Stiefel, die langsam und vorsichtig vorangingen, stehen blieben, dann weitergingen. Mit einem Ruck setzte Nobu sich auf. Das Letzte, was er wollte, war ein Zusammentreffen mit seinen eigenen Männern. Seine Verkleidung war viel zu täuschend. Sie würden nur einen Blick auf ihn werfen und einen Ortsansässigen in ihm sehen, einen Satsuma mit einem Gewehr, der in dieser verlassenen Stadt nichts Gutes im Schilde führen konnte. Wenn sie herausfanden, wer er war und was er hier tat – was geschehen würde, falls sie ihn töteten –, wäre seine Familie für immer entehrt. Aber auf die eigenen Männer zu schießen war Hochverrat. Seine Lage war aussichtslos. Ihm blieb nichts anderes übrig, als zu fliehen oder sich zu verstecken.
Taka war erschrocken aufgesprungen. Nobu griff nach ihrem Hut, schob sie die Böschung hinunter und unter die Brücke, außer Sichtweite. Dort gab es einen Treidelpfad, stinkend nach Urin, Exkrementen und verfaulten Nahrungsmitteln, dazu ein paar übel riechende Lumpenhaufen im Gras. Die Lumpen bewegten sich, und Nobu erkannte, dass es schlafende Bettler waren.
Die Schritte blieben direkt über ihnen stehen, und er hörte einen dumpfen Aufprall, als die Männer ihre Gewehre abwarfen und sich im Gras niederließen. Den Geräuschen nach handelte es sich um drei oder höchstens vier. Taka kauerte sich hinter ihn.
»Was für eine Enttäuschung. Man hätte doch erwartet, dass wenigstens im Geisha-Viertel was los ist.« Der Mann nuschelte im Edo-Dialekt, ein Tokyoter durch und durch. Wehrpflichtige. »Ich hatte mich auf ein Schweinekotelett gefreut. Dafür sind die hier doch berühmt.«
»Oder ein Teller mit gegrilltem Aal!«
»Ich hatte eher auf eine Frau gehofft …«
»Zu dumm, dass wir alle verscheucht haben.«
Gluckser und Grunzen war zu hören, gefolgt von einem Platschen. Sie warfen Steine ins Wasser.
Ein Rascheln ertönte, als jemand die Böschung hinuntertorkelte. Eines der Lumpenbündel bewegte sich und schnaubte, und Nobu erstarrte. Er hoffte, dass der Soldat nicht herüberkommen würde, um nachzusehen oder, schlimmer noch, sich zu erleichtern. Takas Hand lag an der Schwertlanze. Wenn Nobu sie nicht verteidigte, würde sie es tun.
Er blickte sich
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