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Die Tochter des Samurai: Roman (German Edition)

Die Tochter des Samurai: Roman (German Edition)

Titel: Die Tochter des Samurai: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lesley Downer
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sprossen. Eijiro wich zurück, spuckte in die Hand und verschmierte seinen Speichel auf Nobus Gesicht. »Bei allen Göttern! Diese hässliche Fresse würde ich überall erkennen. Nobu, der junge Nobu. Ich kann dir nicht entkommen. Du tauchst auf, wohin ich auch gehe. Du bringst nichts als Unglück.«
    Er stieß Nobu zu Boden und versetzte ihm einen Tritt. Nobu kniff die Augen fest zu und krümmte sich zusammen, während der Fuß ihm wieder und wieder in die Rippen trat. Er hörte Gescharre. Die Männer waren näher gerückt, sahen zu und warteten, bis sie an der Reihe waren.
    Abrupt hörten die Tritte auf. »Eijiro-dono. Wir sind keine Raufbolde. Wir sind Samurai.« Nobu richtete sich vorsichtig auf und öffnete die Augen. Der Offizier mit dem Amulett am Gürtel hatte Eijiro am Arm gepackt und weggezogen.
    »Wenn du diesen Burschen kennen würdest, dann würdest du ihn auch treten. Der Dreckskerl war ein Dienstbote in unserem Haus. Was hast du hier zu suchen, du Verräter?«
    Nobu atmete ein, verzog das Gesicht und leckte sich Blut von den Lippen. Schlimmer konnte es kaum werden, ganz gleich, was er sagte. »Ich habe eine Botschaft für Ihren Vater.«
    »Meinen Vater?« Eijiros Gesicht verfinsterte sich. »Ich bin ein sentimentaler Mensch, zu weichherzig, das ist mein Problem. Nun fällt’s mir ein. In Yoshiwara, da hast du mir geholfen. Dafür sollte ich dich verschonen. Aber jetzt bist du Soldat, wir sind Feinde. Du würdest mich ebenfalls töten, wenn du die Gelegenheit dazu bekämst. Ich fürchte, mir bleibt keine andere Wahl.« Er schüttelte die Hand des Offiziers ab und zog den Dolch aus dem Gürtel.
    »Das ist nicht der richtige Zeitpunkt für persönliche Streitigkeiten«, rief der Offizier. »Der Mann ist ein Samurai. Er verdient Respekt.«
    »Ein Samurai? Er ist ein Aizu und ein Dienstbote. Unverschämter Dreckskerl. Er hat sich schlecht benommen. Ich musste ihn entlassen. Er hat zu viel Zeit mit meiner Schwester verbracht.«
    »Deiner Schwester?« Der Ton des Offiziers hatte sich auf seltsame Weise verändert, was Nobu veranlasste aufzuschauen. Eine dunkle Röte hatte sich über das strenge Gesicht des Mannes gebreitet, bis hinauf zu den Ohren. Unbehaglich wandte er den Blick ab. Nobu war verwirrt. Das hat nichts zu bedeuten, redete er sich ein. Taka musste viele Offiziere der Satsuma gekannt haben, und wie konnte auch nur irgendeiner ihre Schönheit nicht bewundern?
    Eijiro schaute von einem zum anderen und begann zu grinsen. Ein unangenehmes Grinsen.
    »Wenn er sie entehrt hat, muss er getötet werden«, sagte der Offizier kalt. Er hatte die Fassung wiedergefunden, doch auf seinen Wangen lag nach wie vor eine leichte Röte.
    »Sie ist ein dummes Mädchen, aber so dumm auch wieder nicht, obwohl allein die Götter wissen mögen, was er mit ihr gemacht hätte, wenn ich es dazu hätte kommen lassen«, räumte Eijiro mit einer Grimasse ein. »General Kitaokas Tochter – das wäre eine hervorragende Rache gewesen. Nein, ich habe ihn rausgeworfen, bevor etwas Schreckliches passieren konnte. Er ist eine erbärmliche Kreatur, kann nicht mal lesen. Meine Schwester hatte Mitleid mit ihm. Ich weiß, du hast eine Schwäche für sie, Kuni-don.«
    Das Amulett am Gürtel des Offiziers schimmerte in einem verirrten Sonnenstrahl. Ein kleiner roter, mit Gold bestickter Brokatbeutel.
    Wie hypnotisiert starrte Nobu den schwingenden Beutel an. Er hatte das Gefühl, am Rand eines hohen Felsens zu stehen, sich immer weiter vorzubeugen, während eine unheilvolle Stimme ihn drängte hinabzuspringen. Beinahe konnte er den Boden auf sich zustürzen sehen.
    Das Amulett. Es sah dem, das er für Taka am Sengaku-Tempel gekauft hatte, erschreckend ähnlich. Das bedeutet gar nichts, redete er sich verzweifelt ein. Jeder konnte ein Amulett vom Sengaku besitzen, der Tempel war sehr beliebt. Aber der Verdacht hatte sich eingenistet. Er nagte an ihm, fraß sich immer tiefer hinein, bis Nobu nicht mal mehr seine schmerzenden Rippen spürte.
    Dann fielen das Amulett, die Verwirrung des Offiziers und Eijiros hämisches Grinsen zusammen wie die Teile eines Puzzles, und Nobu schloss die Augen und stöhnte laut. Er hatte Männer zu Hunderten sterben sehen und war durch Ströme von Blut gewatet – doch nichts hatte ihn so erschüttert wie das hier. Das war wie das Ende von allem, wofür er je gelebt und gekämpft hatte. Die ganze Zeit hatte der Gedanke an Taka ihn aufrecht gehalten, ihn hoffen lassen, die Kämpfe könnten enden und es würde

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