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Die Tochter des Teufels

Die Tochter des Teufels

Titel: Die Tochter des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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abgetastet, die Beinchen an den Bauch gedrückt und wieder gestreckt, er hatte die Bauchdecke eingedrückt und hochschnellen lassen, und Helena hatte: »Au! Au!« gerufen. »Das kann ein Appendix sein. Blinddarm, meine Beste. Die Bauchdecke ist gespannt, und das Fieber dazu … nicht angenehm …«
    »Also operieren …«, sagte Nadja leise.
    »Noch nicht! Warten wir ab bis morgen früh. Kalte Kompressen um den Leib. Haben Sie einen Eisbeutel hier?«
    »Die Hausmeisterin bestimmt.«
    »Sie müssen wieder weg?« fragte Dr. Rampal.
    »Ja. In einer Stunde beginnt mein neuer Auftritt. Aber die Hausmeisterin wird für Helena sorgen.«
    »Wann sind Sie wieder zu Hause?«
    »Erst gegen fünf Uhr.«
    »Rufen Sie mich um sieben an. Wenn das Fieber nicht 'runtergeht und die Bauchdecke noch so gespannt ist, fahren wir die Kleine ins Hospital.«
    »Danke, Doktor.«
    Nadja folgte Dr. Rampal, der ins Badezimmer ging und sich die Hände wusch. Im Salon wartete sie auf ihn.
    »Und wenn Helena operiert werden muß … wenn der Blinddarm vereitert ist …«
    »Keine Sorge.« Dr. Rampal putzte seine Brille. Sie beschlug immer, wenn er Durst hatte. Merkwürdig war das. »Unsere Chirurgen sind so gut, daß ein Blinddarm kaum beredet wird. Das geht schnell und ohne Komplikationen …«
    »Ich habe Angst, Dr. Rampal«, sagte Nadja leise. »Fürchterliche Angst …«
    »Nicht nötig.« Dr. Rampal tätschelte Nadja väterlich die Wange und verließ die Wohnung. Unten, in der Loge der Hausmeisterin, ging das Schiebefenster hoch, als Dr. Rampal die Treppe herabkam.
    »Einen Eisbeutel!« schrie Rampal. Er hatte sich angewöhnt, Hausmeisterinnen anzuschreien. Anders kommt man bei ihnen nicht zu Wort, war seine Ansicht. »Auf den Bauch! Und flott, flott! Ich werde einen Wagen schicken und das Kind ins Hospital bringen lassen. Gute Nacht.«
    »Gute Nacht, Doktor.«
    Das Glasfenster wurde geschlossen. Brummend verließ Dr. Rampal das Haus.
    Während Helena schlief, ging Nadja in der Wohnung umher und packte alles ein, was ein Kind im Krankenhaus braucht. Wäsche, Nachthemdchen, das Spielzeug, vor allem die beiden Püppchen und einen Teddybären. Die Hausmeisterin erschien wieder mit ihrer Tochter und brachte einen Eisbeutel. Sie erzählte, daß auch ihr Neffe und ihre Tante Blinddarmoperationen überstanden hätten, und seitdem schmecke ihnen das Essen viel besser.
    Nadja hörte nicht zu. Erst als es Zeit wurde, daß sie wieder zum Moulin Rouge fahren mußte, lief sie noch einmal ins Schlafzimmer und küßte den glühenden Kopf Helenas. Daß man ihr den Eisbeutel auf den Leib gelegt hatte, merkte sie gar nicht.
    »Mein Engel …«, sagte Nadja unter Tränen. »Mein kleiner, armer Engel …«
    »Wir bleiben am Bett sitzen«, sagte die Hausmeisterin. »Und wenn es schlimmer wird, rufen wir Sie an. Und Dr. Rampal auch. Sie brauchen keine Sorge zu haben.«
    Nadja nickte. Noch einmal blickte sie sich an der Tür nach ihrem Kind um. Ein merkwürdiges Gefühl panischer Furcht hatte sie ergriffen. Es war unerklärlich. Als sähe ich sie zum letztenmal, dachte sie und lehnte sich gegen die Tür. O Gott, laß nach alldem, was schon gewesen ist, nicht auch noch dieses zu …
    Unten auf der Straße hupte Saparin. Es war Zeit, abzufahren.
    »Gehen Sie ruhig, Madame«, sagte die Hausmeisterin. Sie rückte einen Stuhl neben das Bett und setzte sich. »Ich bin ja da …«
    Saparin stieß die Tür des Autos auf, als er Nadja über die Straße laufen sah. Sie sprang in den Wagen und verkroch sich fast in den Polstern.
    Saparin ließ den Motor an und fuhr los.
    In dieser Nacht geschahen außerhalb von Paris, in einer kleinen Landgemeinde, merkwürdige Dinge.
    Ein Mann klingelte den Landarzt aus dem Bett und fragte ihn: »Können Sie einen Blinddarm operieren?«
    »Wozu?« fragte der Arzt. Er kannte den Mann, der ihn mitten in der Nacht herausholte, und wunderte sich deshalb über diese Frage. »Wer ist denn krank? Die nächste gute Klinik …«
    »Es soll keine Klinik sein!«
    »Aber wieso denn?«
    »Können Sie operieren?«
    »Wenn es sein muß! Aber es ist völlig ungebräuchlich, daß außerhalb einer Klinik …«
    »Kommen Sie mit, Doktor …«
    Sie fuhren durch die Nacht, und der brave Landarzt kannte den Weg genau. Ein Schloß mit Zinnen und Wassergraben tauchte aus einem Park auf, sie fuhren über eine Zugbrücke, ein steifer Butler empfing sie in der riesigen, mit Ritterrüstungen ausgestatteten Halle, nahm dem Arzt den Mantel ab und zeigte auf ein

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