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Die Tochter des Teufels

Die Tochter des Teufels

Titel: Die Tochter des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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stieß den Bühnenfriseur weg, der hinter ihm im Gang erschien.
    Noch bevor Saparin etwas sagen konnte, stieß Nadja einen hellen Schrei aus. Sie warf die Arme hoch empor und faßte in die Luft, als könne sie sich dort festhalten.
    »Nein!« schrie sie. »Nein! Nein! Sag es nicht! Ich bringe dich um, Saparin, wenn du es sagst …« Ihr war, als zerspringe ihr Herz … ein wahnsinniger Schmerz durchjagte ihren Körper.
    Helena … es ist zu spät … Helena … meine Helenuschka … nun – ist – es – zu – spät –
    Saparin wischte sich mit beiden Händen die Haare aus dem Gesicht. Seine rotunterlaufenen Augen sahen fürchterlich aus.
    »Sie ist weg …«, stammelte er. »Man hat sie geholt … Unbekannte … in weißen Ärztemänteln … Man hat sie weggenommen … man hat das kranke Kind entführt … Als ich kam, war das Bett leer … Es war leer …«

12
    Die Wohnung war voll von Kriminalbeamten in Uniform und in Zivil. Sie sicherten Spuren, wie es im Fachjargon heißt, stäubten Pulver über alle Gegenstände, die man berührt haben konnte, und nahmen Fingerabdrücke ab. Die Hausmeisterin und ihre Tochter saßen weinend im Salon und wurden verhört. Sie sagten nun dasselbe zum drittenmal aus … zuerst beim Revierpolizisten, dann bei Kriminalkommissar Leclerc und nun vor Kriminalrat Boité, den man aus dem Bett geholt hatte.
    Das Eintreffen Nadja Gurjewas klärte die Lage keineswegs. Sie stürzte an das Bett, das von vier Kriminalbeamten umringt war und zentimeterweise untersucht wurde. Aufschluchzend warf sie sich in die Kissen. Kriminalrat Boité winkte ab, als man sie wegziehen wollte. Er blieb allein mit Nadja im Schlafzimmer, sosehr auch Saparin protestierte, und wartete, bis sie sich etwas beruhigt hatte.
    »Darf ich Ihnen mein Mitleid und meine Abscheu vor diesem widerlichen Verbrechen aussprechen, Madame?« sagte er, nur um einen Anfang zu haben. Er wußte selbst, wie sinnlos solche Worte für eine Mutter sind, deren Kind man weggenommen hat.
    »Was … was können Sie tun?« stammelte Nadja.
    Kriminalrat Boité faltete die Hände. Seien wir ehrlich, dachte er. Es hat keinen Sinn, sie zu belügen.
    »Wir haben Spuren genug«, sagte er langsam. »Aber es sind Spuren, die vor der Haustür enden. Wir haben festgestellt: Zwei Männer in weißen Ärztemänteln betraten das Haus. Sie hatten sogar weiße Leinenhosen an, wie die Concierge sagt. Wer kommt da auf den Gedanken, daß sie nicht von einer Klinik kommen? Diese Männer klingeln bei der Hausmeisterin, sie öffnet, sieht eine Trage, die weiße Kleidung und denkt ganz natürlich: Aha! Jetzt geht's los ins Krankenhaus. Sie führt die beiden in Ihre Wohnung, dort laden sie das schlafende Kind auf die Trage, schnallen es vorschriftsmäßig fest und verlassen wieder das Haus. Draußen wartet ein großer Wagen, sie schieben die Trage hinein und ab geht's. Bei der ganzen Sache wurden kaum fünf Sätze gewechselt … es war ja alles klar. Sogar den Koffer, den Sie vorher für das Kind gepackt hatten, haben sie mitgenommen.«
    Nadja legte beide Hände über ihr Gesicht. Die nüchterne Aufzählung der Tatsachen war grauenhaft.
    »Vielleicht war es doch die Klinik …«, sagte sie leise.
    Boité schüttelte den Kopf. »Wir haben alle Kliniken angerufen … es ist kein Kind mit akutem Blinddarm eingeliefert worden. Ausgerechnet heute nicht … sonst liegen in Paris mindestens zehn Kinder mit Blinddarmentzündungen in den Krankenhäusern!«
    »Und was nun?« fragte Nadja kaum hörbar.
    »Wir müssen abwarten, ob die Auswertung der Fingerabdrücke etwas ergibt. Ob es ›Bekannte‹ von uns sind. Aber ich befürchte das Schlimmste, Madame. Daß man sich in keiner Weise vorgesehen hat, ist ein Beweis, daß es keine ›Kunden‹ sind. Nur eines paßt mir nicht hinein.«
    Nadjas Kopf richtete sich auf. Hoffnung lag in ihren tränennassen Augen.
    »Was paßt nicht?«
    »Warum man Ihr Kind entführte. Bisher, bei den anderen Fällen, war das Motiv klar: Erpressung! Alle Kinder stammten aus Millionärshäusern. Aber wer hat ein Interesse daran, ein krankes Kind aus – sagen wir – bescheidenen Verhältnissen zu entführen? Sie haben nicht die Mittel, um große Lösegelder zu bezahlen.«
    »Nein.« Nadja Gurjewa senkte den Kopf und lehnte sich gegen die Wand. Der Anblick des leeren Bettes war unerträglich. »Oder doch …«, sagte sie leise.
    »Doch?« Boité sprang auf. »Wieso denn?«
    »Ich habe noch eine Perlenkette und zwei Rubine … das letzte von den

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