Die Tochter des Teufels
Wo ist die Göttin geblieben, die in meinen Armen tanzte?
»Ich bin müde«, sagte Nadja langsam.
»Mein Wagen wartet jenseits der Schuppen. Wir fahren sofort nach Paris zurück.« Gabriel trat näher. Er bückte sich, nahm Helena auf seinen Arm und starrte auf die Brandwunden. Heiß durchzog es ihn, und er hätte schreien können vor Qual. »Unsere Wohnung an der Avenue Foch erwartet uns«, sagte er heiser. »Ich habe nichts verändern lassen. Es ist alles noch so, wie du es verlassen hast. Auch deine Kleider hängen noch im Schrank … und in der Schublade neben deinem Bett liegt der Schmuck.«
»Ich bin müde, Jean«, sagte Nadja. »Nichts als müde. Ein Wrack treibt an Land …«
»Ich liebe dich.« Gabriel faßte sie unter. Sie lehnte sich an ihn und sah zu ihm auf. Seine Augen weinten, aber sein Mund lächelte tapfer.
»Ich weiß es, Jean.«
»Ich habe dich immer geliebt.« Er legte den Arm um ihre schmalen Schultern und umfaßte mit dem anderen die kleine Helena. »Nun ist sie wieder da«, sagte er. »Meine Familie ist wieder da … Kommt, Paris erwartet uns. Paris will seine Königin wiederhaben …«
»Du bist so gut, Jean. So gut«, sagte Nadja. Und plötzlich warf sie sich herum, klammerte sich an Gabriel fest und drückte ihr Gesicht an seine breite Brust. »Beschütze mich!« schrie sie in ihn hinein. »Halt mich fest! Gib mir das Leben wieder … nur einen Hauch von Leben …«
Gabriel nickte. Er lächelte der verwirrten Helena zu, küßte Nadja die Tränen von den Augen und ging mit beiden über den Kai, dem großen Wagen entgegen, der hinter den Schuppen wartete. Ein Chauffeur riß die Mütze vom Kopf und öffnete die Türen.
Boris Michailowitsch Saparin, Graf von Tschernosk und Rittmeister des Zaren, bückte sich und nahm die zwei Pappkoffer auf. Er schwang sie an den Lederriemen über den Rücken, zurrte sie zurecht, damit sich das Gewicht gut verteilte, und setzte sich in Bewegung.
Dabei pfiff er ein Lied und schritt kräftig voran, denn er wollte auch von Gabriel mitgenommen werden.
So ist das nun, dachte er, als er die Koffer zum Wagen schleppte. Verlieren kann man alles, wenn nur die Liebe unter den Menschen bleibt.
Aber weiß man, Brüderchen, ob man immer die richtige erwischt?
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