Die Tochter des Tuchhandlers
Gürtel.
Der Bauer schien wenig beeindruckt. »Wieso habt Ihr überhaupt noch Geld, wenn sie Euch doch ausgeraubt haben?«
»Das hatte ich versteckt. Also, was ist jetzt, bringt Ihr mich hin oder nicht?«
»Zeigt mir zuerst das Geld!« Die kleinen Augen verschwanden zwischen zahllosen kleinen Falten, als er Mari musterte.
»Hier!« Der päpstliche Sekretär holte eine silberne Münze aus seinem Beutel und hielt sie dem Bauern hin.
Der nahm sie, wendete sie hin und her und prüfte die Echtheit mit seinen Zähnen, bevor er sie zurückgab. »Na los, steigt auf. Aber ganz hoch fahre ich nicht. Ihr müsst am Berg aussteigen und selbst hinaufsteigen.«
Murrend kletterte Alberto Mari auf den Karren, auf dem mehrere Zicklein und zwei Ferkel angebunden waren. Zwischen den Tieren und einem Heuhaufen fand er eine einigermaÃen bequeme Position, schloss die Augen und überlieà sich dem Ruckeln und Schaukeln des Gefährts. Warum hatte ausgerechnet er, ein Mann des Friedens und der Studien, in die Intrigen zwischen den kriegführenden Mächten geraten müssen?
»Bei allem, was du tust, frage dich selbst: Wie steht es eigentlich für mich damit? Werde ich es zu bereuen haben? Nicht lange, und ich bin tot, und alles ist dahin«, murmelte Mari vor sich hin, die Worte des römischen Kaisers Mark Aurel zitierend. Und tot werde ich sein, wenn ich nicht tue, was dieser Widerling, von dem ich ums Verrecken nicht weiÃ, wer er sein könnte, von mir verlangt. Das edle Wams und die Haltung erinnerten ihn an jemanden, doch die Stimme konnte er nicht unterbringen. Es musste jemand sein, der auf Connuccis Fest gewesen war. Wer sonst hätte ihn dort im Garten überfallen können? Er steckte in Schwierigkeiten, die übler nicht sein konnten. Der Wagen fuhr durch ein Schlagloch, und Maris Kopf stieà hart gegen die Bretter. Das Fest. Fast alle angesehenen Luccheser waren dort gewesen. War es einer der Verräter, die auf dem Papier standen? Ser Gottaneri war zu klein, Valori zu fett, Quilici hatte den ganzen Abend nur mit dem Bankier Buonvisi gesprochen. Jeder wusste, dass Caterina Quilici ihren Mann betrog, nur er war zu beschäftigt, das zu sehen. Besser für sie, denn wenn er es herausfände, würde er sie umbringen, davon war Mari überzeugt. Kein Mann, schon gar nicht ein so machtbesessener wie der reiche Quilici, lieà sich Hörner aufsetzen. Nein, er kannte Quilicis Stimme, auch der war nicht der geheimnisvolle Mann aus dem Kerker. Der andere Name, ja, der junge da Sesto hatte auch auf der Liste gestanden. Aber Rodolfo kam auch nicht in Frage. AuÃer seinem Vergnügen hatte er keine Interessen.
Mari fluchte. Flamini, diese Schlange von einem Geheimsekretär, war schuld, dass er überhaupt in dieser Misere steckte. Durch einen Unterhändler zu verhandeln war immer riskant, und noch dazu ohne die Identität des Verbündeten zu kennen! Aber Flamini war sich seiner Sache so sicher gewesen, hatte immer wieder betont, dass er seinem Instinkt vertrauen könne, dass er ahnte, wer sein Trumpf in Lucca war. Nun, es war überhaupt sehr erstaunlich, dass sich ein Luccheser gefunden hatte, der bereit war, einen Pakt mit Clemens einzugehen. Diesem Medici-Papst zu vertrauen war so risikoreich wie ein Gang über einen zugefrorenen See im März. Alessandro, sein nichtsnutziger, hässlicher Sohn, wartete wie eine Muräne in ihrem Spalt, bis er hervorschieÃen und seine Zähne in Florenz schlagen konnte. Aber welcher Luccheser mit einem halbwegs funktionierenden Verstand würde seine Stadt an die Medici verraten und glauben, dass sie ihn dafür belohnten? Sobald Alessandro die Macht über die Signoria in seinen brutalen Händen hielt, an denen mehr Blut klebte als am Schwert manches Söldners, würde er jeden, der ihm gefährlich werden konnte, töten lassen. Alessandro lieà seine Feinde heimtückisch meucheln. Eine andere Art, sich zu behaupten, kannte er nicht. Er war feige, eitel und selbstherrlich, nicht die Charaktereigenschaften, die man sich für einen Herrscher wünschte.
Der Krieg war noch lange nicht zu Ende. Der Papst war wütend über die Niederlage bei Pavia, Frankreich durch die Gefangennahme von Franz I. in seinem Stolz verletzt. Die Verlierer würden sich erneut zusammenschlieÃen und versuchen, den mächtigen Habsburger in seine Schranken zu weisen. Margarete von Ãsterreich, die
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