Die Tochter des Tuchhandlers
Regentin der Niederlande, hatte vor einer Liga der drei groÃen Mächte gewarnt. Und Mari gab ihr recht. England, Frankreich und der Kirchenstaat würden sich bald zusammenschlieÃen, denn nur ein gemeinsames Vorgehen gegen Karl konnte ihm Einhalt gebieten. Auch Mari hielt nichts von Karls Weltreichträumen.
Ein Römisches Reich würde es nie wieder geben. Diese Zeiten waren endgültig vorüber. Italien musste sich endlich als eigenständiges Land behaupten, durfte nicht zum Vasallenstaat verkommen. Und genauso war es mit Lucca. Er mochte die kleine Stadt, die sich schon so lange tapfer gegen ihre mächtigen Nachbarn behauptete.
Die Rimortellis waren seine Freunde. Er schluckte schwer. Connucci war auch ein Freund, zumindest sein Gönner. Und jetzt sollte er diese Menschen aushorchen und verraten, falls sie in den Mord an Agozzini verstrickt waren. Vor seiner Gefangennahme hatte er sich vorgenommen, weder Flamini noch Bischof Riario den Täter zu nennen, falls es einer seiner Freunde war, aber jetzt hatte sich seine Situation verändert. Er wurde beobachtet, und wenn er keine Informationen liefern konnte, drohten Folter oder Tod. Noch schlimmer war, dass der Mann aus dem Kerker ihm befohlen hatte, Flaminis Verbündeten aufzuspüren und in eine Falle zu locken. Wer auch immer es war, er musste mächtig und einflussreich sein und würde eine kleine Fliege wie ihn zerquetschen, sobald er sich verdächtig machte.
»Ich werde zu bereuen haben«, sagte Mari zu sich selbst, aber er wusste auch, dass er keine Wahl hatte.
Der Ochsenkarren kam ratternd zum Stehen, und als Mari den Kopf hob, sah er die Silhouette eines Dorfes vor sich zwischen den Bäumen aufragen.
XVI
Matraia
Strahlender Sonnenschein lag auf den Hügelketten von Matraia, dessen dichter Wald sich wie ein dunkelgrüner Teppich über die Landschaft zog. Unterbrochen wurde das dunkle Tannengrün von silbrig schimmernden Birkenhainen und hohen Zypressen, die malerisch in den blauen Himmel aufragten. Terrassenförmig angepflanzte Weinstöcke erstreckten sich den Hügel hinauf zum Dorf. Eine Pfarrkirche mit schlichtem Glockenturm überragte die übrigen Häuser, und eben jetzt tönten die Glocken bis hinunter ins Tal.
Der kleine Reisetross der Buornardis war am FuÃe des Hügels zum Stehen gekommen. Alba sprang aus der Kutsche und hüpfte fröhlich juchzend zwischen den erschöpften Pferden hin und her. Schweià und Fliegen klebten an den erhitzten Tierkörpern, deren Schweife ständig zuckten.
»Sagt dem Balg, es soll wieder in den Wagen steigen. Wir wollen heute noch dort oben ankommen«, keifte Lorenza, die mehr noch als die Tiere unter der Hitze litt. Ständig fächelte sie sich Luft zu und musste immer wieder Wasser trinken, weil ihr der Schweià in Bächen den fetten Körper herunterlief.
Beatrice öffnete die Wagentür und hielt nach Alba Ausschau. »Es geht gleich weiter. Setz dich auf den Karren, dann kannst du alles sehen, Alba.«
Das Mädchen lachte und lieà sich von einem der Knechte auf einen der schwer beladenen Karren helfen, die von stämmigen Packpferden gezogen wurden. Langsam zog der Wagen wieder an, und Beatrice verschloss die Ohren vor Lorenzas Gezeter und gab sich ganz dem atemberaubenden Ausblick auf eine jahrhundertealte Kulturlandschaft hin. Steineichen säumten den schmalen Weg, der sie auf verschlungenen Kurven hinauf zum Dorf von Matraia brachte. Die angrenzenden Weinterrassen wurden von niedrigen Steinwällen gestützt, auf denen hier und dort Rabenvögel oder Falken saÃen. Auf der anderen Seite standen Ãlbäume, deren Früchte im Herbst geerntet und zur Olivenölgewinnung verwandt wurden. Das kostbare Ãl war nicht nur eine köstliche Würze für Speisen, sondern lieà sich auch wunderbar zur Hautpflege verwenden.
»Der Wein, die Felder und der Wald, den Ihr seht, gehören den Guinigis«, schnarrte Lorenza.
»Ach? Ich dachte â¦Â«
»Unsere Villa liegt auf dem nächsten Hügel, aber diese StraÃe ist besser und kürzer als der Weg untenherum. Wart Ihr denn noch nie in dieser Gegend?«
»Die Villa meiner Eltern liegt in Gragnano an der Via Pesciatina.«
»Ach, da unten.« Lorenza machte eine abschätzige Handbewegung.
»Da unten haben die Arnolfinis, Bottinis, Tegrimis und Valentis ihre Villen, aber das ist Euch sicher bekannt.« Die genannten
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