Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Tochter des Tuchhandlers

Titel: Die Tochter des Tuchhandlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
Vom Netzwerk:
bediente, um moralisch zu belehren, oder ob er einfach nur Spaß an den Gestalten hatte und sie für einen Fürsten malte, der damit seinen Salon dekorieren wollte?«
    Â»Aber ohne eine gewisse Vorbildung kann man nicht sehen, wer dargestellt ist. Das schließt doch die Armen und Ungebildeten von vornherein vom Genuss dieser Kunst aus.«
    Â»Warum? Jeder hat Augen, um zu schauen. Der Reiz der Anmut und der Lieblichkeit sind jedem zugänglich. Ist das nichts?«
    Beatrice lachte. »Ich gebe es auf, mit Euch streiten zu wollen.«
    Â»Streit im klassischen Sinne ist wertvoller Gedankenaustausch, und ich finde, Ihr schlagt Euch wacker, Madonna.« Mari hielt den Blick auf den Teich gerichtet, und Beatrice wurde das Gefühl nicht los, dass er mit seinen Gedanken wieder einmal ganz woanders war.
    Â»Madonna! Wo seid Ihr?« Die Stimme ihrer Zofe ertönte hinter einem boschetto aus beschnittenem Akanthus.
    Â»Am Teich, Ines.«
    Außer Atem kam Ines durch die Bäume gerannt, blieb kurz stehen, um Atem zu schöpfen, und hielt ihre Hand in das erfrischende Wasser. »O Madonna, Ihr müsst gleich mitkommen. Der Maler ist da, und Euer Mann will ihn wieder fortschicken. Aber Signor Pontormo lässt sich nicht einfach wegjagen. O bitte, kommt doch mit. Er ist ein feiner Mann, der Maler, und es wäre schade, wenn er Euch nicht porträtiert.«
    Â»Pontormo?« Alberto Mari horchte auf. »Lasst mich mitgehen, wenn es recht ist. Ich kenne Jacopo aus Florenz.«
    Sie fanden den aufgebrachten Maler im Säulengang vor den absteigenden Terrassen, wo er von Federico stehen gelassen worden war. Schulterlange Haare hingen zu einem losen Zopf gebunden wirr auf einem zerschlissenen Wams und einem Hemd, das seine besten Tage hinter sich hatte. Wütende dunkle Augen musterten sie aus einem schmalen, edel geschnittenen Gesicht. Mit vor der Brust verschränkten Armen sah Jacopo Pontormo ihnen entgegen.
    Â»Jacopo! Was treibt Ihr hier? Ich konnte es kaum glauben, als ich hörte, wer hier ist! Lasst Euch umarmen, mein Freund.« Alberto Mari drückte den Maler, den Beatrice auf etwa dreißig Jahre schätzte, an sich und klopfte ihm dann freundlich auf die Schulter. »Da seht Ihr Euer Modell, Madonna Beatrice. Es wird selten genug vorkommen, dass Ihr die Gelegenheit erhaltet, ein Gesicht von solcher Schönheit malen zu dürfen.«
    Beatrice errötete. »Ihr seid ein Schmeichler, Alberto. Sagt, Signor Pontormo, ist es wahr, dass mein Gatte Euch fortschicken will?«
    Die Züge des Malers wurden milder, und er neigte höflich seinen Kopf. »Leider ist das die Wahrheit. Aber so kann man mich nicht behandeln! Nicht nur, dass ich drei Tage von Florenz bis hierher gebraucht habe, die Reise war fürchterlich! Unterwegs haben mich vagabundierende Soldaten aufgehalten. Was für Zeiten! Sinnlose Kriege, die Geld verschlingen, mit dem man Kunstwerke schaffen lassen könnte! Ach …« Pontormo warf ärgerlich die Hände in die Luft. »Euer Mann ist ein Banause. Noch in diesem Jahr werden sie mich in die Accademia del Disegno aufnehmen, und dann hätte er mich nicht mehr so billig für ein Porträt bekommen. Aber ich Dummkopf komme her, weil ich an einen Vertrag glaube, den ich mit Ser Buornardi geschlossen habe, und …« Die dunklen Augen des Malers funkelten, als er seinem Zorn Luft machte.
    Â»Bitte, nicht doch, Signor Pontormo! Ihr sollt mich malen, und Ihr werdet Euren Lohn erhalten. Von mir!« Beatrice sah ihn fest an. Ihr Vater würde verstehen, wenn sie dieses Porträt von ihrem Geld bezahlte. Nicht nur, weil Ser Buornardi es so gewollt hatte, nein, sie wünschte sich, dass es dieser Pontormo war, der sie darstellte, weil ihr die ungestüme, unverfälschte Art des Malers gefiel, die sich sicher auch in seinem Malen ausdrücken würde. Und das wollte sie, ein ehrliches Porträt.
    Fragend hob Pontormo eine Augenbraue. »Ihr?« Dann sah er zu Mari.
    Â»Seht nicht mich an, Jacopo. Ihr Wort ist genauso viel wert wie das eines Mannes.«
    Pontormo reichte Beatrice zur Bekräftigung des Vertrags seine Hand. »Madonna, wann können wir beginnen?«
    Â»Womit beginnen?« Der Zorn in Federicos Stimme war nicht zu überhören, als er in Begleitung mehrerer Männer den Säulengang betrat.
    Die Konfrontation mit ihrem Mann in dieser Angelegenheit war unumgänglich, auch wenn sie sich einen anderen Zeitpunkt

Weitere Kostenlose Bücher