Die Tochter des Tuchhandlers
leidenschaftlicher Mann, und ihn zum Feind zu haben, wünschte sich niemand.
»Wie steht es um die Stimmung bei den Söldnern? Seid ehrlich, capitano !«
»Ich habe vorhin einen kleinen Ringkampf veranstaltet, um sie bei Laune zu halten. Es hat sie amüsiert, aber ohne Sold wird auch das bald keine Wirkung mehr zeigen.«
»Ich weiÃ, ich weiÃ. Wir sitzen in einer verfluchten Zwickmühle. Egal, was passiert, ohne Sold, und ich meine nicht den normalen Satz, sondern ein Dreifaches von dem, was sie sonst erhalten, werden sie nicht abziehen. Aber wir haben keinen müden Scudo! Wir alle haben gegeben, was wir konnten, aber mehr ist nicht möglich, ohne uns zu ruinieren.« Pescara stützte den Kopf in seine Hände. »Und das ist noch nicht alles. Karl kommt nicht hierher. Wenn er sein Gesicht zeigen würde, wüssten sie wieder, warum sie hier sitzen und warten. Ãberall höre ich sie flüstern und tuscheln. Jeder scheint etwas zu wissen, will mir etwas anbieten.« Er machte eine fahrige Handbewegung. »Diese Wände haben Augen und Ohren. Wenn sie glauben, ich schlafe, kommen sie aus ihren geheimen Türen und sehen mich an.«
Wie sehr hatte der Krieg Pescara mitgenommen? War er dem Wahnsinn nahe?
Doch der Markgraf sah Tomeo mit einem spöttischen Lachen an. »Ich bin Herr meiner Sinne, leider, denke ich oft. Ich habe auch meine Spione, und die haben mir gerade Botschaft aus Rom gebracht. Dort wartet Pompeo Colonna nur auf den richtigen Zeitpunkt, um Clemens vom Stuhl zu stoÃen. Die Ghibellinen werden immer stärker, sammeln sich im Geheimen und hoffen auf den Moment, der es ihnen erlaubt, den Päpstlichen den Dolchstoà zu versetzen. Wie sieht es in Eurem kleinen Lucca aus, capitano Tomeo?«
Ãberrascht zuckte Tomeo zurück. »Wie?«
Wieder das spöttische Grinsen. »Nun, der Mord an Agozzini hat weite Kreise gezogen. Ein Freund von Clemens steckt nicht dahinter, aber was geschieht jetzt? Wo steht Lucca?«
»Lucca gehört dem Kaiser!«, sagte Tomeo mit voller Ãberzeugung.
»Ja, Ihr und Eure Freunde stehen zum Kaiser, aber warum schreibt Flamini so eifrig seine Brieflein, und warum schickt Bischof Riario seine Häscher aus, um den Mörder zu suchen? Macht Euch nichts vor, Tomeo, der Papst hat mehr Anhänger, als wir ahnen, als wir wahrhaben wollen. Die Guelfischen sammeln sich genauso, scharen ihre Truppen um sich. Pavia war erst der Anfang! Denkt an meine Worte! Erst der Anfang!«
Warum fragte er nach Lucca, nach Agozzini? Was wusste er?
»Ich kann Eure Gedanken förmlich lesen, capitano , macht Euch keine Sorgen. Ich wollte Euch nur daran erinnern, wie wankelmütig die Menschen sind und was sie letztlich bewegt â ihre eigene Sicherheit und Profitgier. Wir sitzen hier fest, während sich Frankreich, Venedig, England, die Schweiz und gewisse Fürstentümer verständigen und gegen uns verbünden. Zurück können wir nicht, dann verlieren wir alles, was wir gerade gewonnen haben. Und die Landsknechte und spanischen Söldner wollen mehr, viel mehr...« Auf Pescaras Gesicht lag ein Ausdruck dunkler Ahnung, als sehe er Furchtbares für die Zukunft.
»Mehr �«
»Rom«, flüsterte Pescara heiser.
Ungläubig starrte Tomeo seinen Vorgesetzten an.
»Schenkt uns noch Wein ein!« Nach einem langen Zug kehrte etwas Farbe in Pescaras Wangen zurück.
Tomeo trank ebenfalls und beobachtete Pescara, der in einer merkwürdigen Stimmung schien. Der Krieg veränderte alles. Das Warten zermürbte und brachte einen auf die absurdesten Gedanken. Manchmal dachte Tomeo, dass ein einfacher Soldat es leichter hatte. Er tötete, weil er dafür bezahlt wurde. Wofür tötete er selbst?
»So nachdenklich, capitano ?« Pescara beugte sich vor. In seinen dunklen Augen war nichts zu lesen. Unergründlich musterten sie Tomeo. »Warum habt Ihr keine Frau? Wie alt seid Ihr? Fünfundzwanzig oder schon dreiÃig?«
»Siebenundzwanzig, comandante .«
»Ich habe eine groÃartige Frau, eine wunderbare Frau. Sie ist stolz, schön und intelligent, und sie trägt meinen Namen weiter. Ohne diese Frau wäre ich nicht der Mann, der ich bin. Versteht Ihr das?«
Da Pescara mehr zu sich sprach, hörte Tomeo stumm zu. Vittoria Colonna war in der Tat eine besondere Frau. Ihre Schönheit und ihr Talent als Dichterin waren in ganz Italien bekannt.
»Wir
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