Die Tochter des Tuchhandlers
zu hören war. Er hasste die Hundemeuten, die auf die Jagd mitgenommen wurden, wie er überhaupt das Jagen verabscheute.
Das dichte Laubdach spendete wohltuenden Schatten. Mari ging über die geharkten Sandwege und verzichtete darauf, einem der Trampelpfade ins Unterholz zu folgen. Es gab Schlangen und Ameisen, mit denen er keine Bekanntschaft machen musste. Vorsichtig fuhr er mit der Zunge über seine Zahnreihe. Die Wunde, die der ausgebrochene Zahn hinterlassen hatte, war verheilt, sein Auge wieder auf normale GröÃe geschrumpft, wobei das Sehvermögen beeinträchtigt geblieben war, aber davon abgesehen hatte er die Folterungen einigermaÃen gut überstanden. Eine Taube hüpfte über den Weg, schien sich zu erschrecken und flatterte davon. Kurz darauf machte auch Mari einen Satz, denn ein Mann kam hinter einem mit dunklem Lorbeer überwucherten Baumstamm hervor und stellte sich ihm in den Weg.
Sofort erkannte Mari einen seiner Folterknechte, und sein Herz schlug schneller. Es war der Klügere von den beiden. »Was wollt Ihr von mir?«, stammelte Mari und umklammerte sein Buch.
»Das weiÃt du doch, segretario. Du lebst nur, weil du einen Zweck zu erfüllen hast. Hör gut zu. Agozzini hat kurz vor seinem Tod ein Paar feine Handschuhe aus Hirschleder in Lucca gekauft und sie einem seiner Mörder geschenkt. Wir haben dafür gesorgt, dass eine bestimmte Person im Besitz dieser Handschuhe ist, und du wirst den Verdacht auf sie lenken.« Der Knecht trat dicht an Alberto Mari heran und flüsterte ihm einen Namen ins Ohr.
»Nein!«
»Mein Herr will nicht mit dem Verrat in Verbindung gebracht werden. Dafür haben wir ja dich.« Sein Lachen wurde von den Blättern der Bäume gedämpft. Die Muskeln an seinen nackten Armen spannten sich, als er eine Hand an seinen Gürtel legte, in dem ein Dolch und ein Jagdmesser steckten. »Und dann, segretario , sehen wir uns wieder. Lauf nicht fort, wir sind immer in deiner Nähe.«
»Warum ich? Könnt Ihr nicht jemand anderen für Eure schmutzigen Pläne finden? Ich zahle Euch, was immer Ihr verlangt!« Zitternd stand er auf dem Weg und spürte, wie ihm der Angstschweià den Nacken herunterlief.
»Tststs â dass du es noch nicht begriffen hast. Du bist genau der Mann, den wir brauchen. Jetzt lauf, die Marchesa erwartet dich.« Angesichts des blanken Entsetzens in Maris Augen lachte der Mann erneut, ein kehliges, freudloses Geräusch, das plötzlich erstarb, weil Hufgetrampel ertönte. Der geheimnisvolle Knecht machte einen Satz ins Dickicht. Es raschelte, dann war seine Gestalt zwischen den Ãsten und Ranken des Lorbeers verschwunden. Die Hufgeräusche schwollen an, und Mari drückte sich in die Büsche am Wegrand, um den Reitern Platz zu machen. Ein Mann und eine Frau. Federico Buornardi und Marcina Porretta.
Sie waren so mit sich beschäftigt, dass sie Mari übersahen und direkt auf den Durchgang zum Park zuhielten. Ein blumiger Duft hing in der Luft, nachdem die Reiter vorbei waren. Alberto Mari kannte das schwere Parfum von zahlreichen Begegnungen, die er mit der lebenshungrigen Witwe auf Festen der Connuccis gehabt hatte. Kopfschüttelnd trat er aus den Büschen, suchte das Dickicht erneut nach seinem Peiniger ab, der jedoch unsichtbar blieb, und folgte schlieÃlich den Abdrücken der Pferdehufe im Sand.
Seine schweiÃnassen Hände hatten deutliche Spuren auf dem Ledereinband seines Buches hinterlassen, das er wehmütig betrachtete. O Mari, auf was hast du dich eingelassen?
Du bist einen Pakt mit dem Teufel eingegangen, hast deine Seele verkauft. Grimmig biss er die Zähne zusammen. Er war ein Spielball der Mächtigen, nichts weiter, dafür konnte er nichts. Nein, es war nicht seine Schuld. Irgendjemand hätte früher oder später herausgefunden, wer die Handschuhe erhalten hatte. Jetzt war eben er es, der die entscheidenden Hinweise gab. Daran war nichts Falsches. Im Gegenteil, der Bischof würde sich dankbar erweisen und ihn mit Lob überhäufen. Vielleicht hatte er einen angenehmeren Posten für ihn? Eine ertragreiche Pfründe? Entschlossen hob Mari sein Kinn, tupfte sich die Stirn mit dem Ãrmel seines Rocks und betrat den Park mit einem Lächeln. Eine Pfründe war genau das, was er brauchte. Dann hatte er ausgesorgt, könnte sich langsam aus dem Vatikan verabschieden und sich ganz seinen Studien widmen.
Er
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