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Die Tochter des Tuchhandlers

Titel: Die Tochter des Tuchhandlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
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zu ihr kam, damit Beatrice ihr Kind wenigstens dann küssen und liebkosen konnte. Die Minuten, in denen sie ihre Tochter im Arm hielt, waren die schönsten des Tages für Beatrice, und sie fieberte ihnen entgegen mit einem Verlangen, das Durst oder Hunger gleichkam, weil es ein Teil von ihr war.
    Die schweren Schritte der Amme, einer korpulenten Frau aus dem Dorf, die selbst vor drei Wochen entbunden hatte, erklangen auf dem Flur und ließen Beatrice freudig aufhorchen. Doch die Schritte wurden langsamer, stoppten plötzlich, und leises Stimmengemurmel drang durch die Tür.
    Â»Was ist denn? Balia! Was tust du da draußen? Bring mir meine Giulia!« Angstvoll schaute Beatrice auf die verschlossene Tür.
    Endlose Minuten vergingen, bis sie aufschwang und die balia mit einem Bündel auf dem Arm hereinkam. Zusammen mit ihrem Mann und vier Kindern hatte sie Quartier in den Gesindehäusern der Villa bezogen. Es war üblich, dass die Milcheltern sich die ersten zwei oder drei Jahre um das Kind kümmerten, es sogar mit in ihrem Bett schlafen ließen und erst, wenn das Kind laufen und sprechen konnte, wieder den leiblichen Eltern übergaben. Noch hatte Beatrice nicht mit Federico und Lorenza gesprochen, aber sie würde niemals dulden, dass diese grobschlächtige Frau und ihr Mann Giulia länger als notwendig bei sich behielten. Die Tür war kaum ins Schloss gefallen, als sie erneut aufgestoßen wurde und Ines hereinstürzte.
    Â» Balia , setz dich, ich muss mit meiner Herrin sprechen.«
    Ergeben nahm die Amme auf einem Schemel Platz, knöpfte sich mit einer Hand das Kleid auf und gab dem Kind die Brust. Zufrieden sog Giulia an der prallen Brust. Der Anblick schmerzte Beatrice, in deren Brüsten sich noch immer Milch bildete, obwohl man ihr Kräuterarznei dagegen gab und sie abband.
    Â»Wie geht es Euch, Madonna?« Automatisch legte Ines ihre Hand auf Beatrices Stirn, um die Temperatur zu fühlen.
    Â»Du bist nicht der Medicus. Mir geht es gut. Erzähl mir lieber, was los ist. So wie du aussiehst, ist etwas geschehen.«
    Seufzend sank Ines auf einen Stuhl und strich sich die losen Haare aus dem erhitzten Gesicht. »Bischof Riarios Männer waren hier und haben Andrea mitgenommen.«
    Verständnislos starrte Beatrice ihre Zofe an.
    Â»Es tut mir nicht wirklich leid um Andrea, er ist eine falsche Schlange, aber Euer Mann ist außer sich vor Wut. So habe ich ihn noch nie erlebt! Geschrien und getobt hat er, den Degen gezogen und sich vor Andrea gestellt, seine Knechte zur Verteidigung gerufen, aber damit hatte der Bischof gerechnet und über zwanzig Bewaffnete mitgeschickt.«
    Â»Aber warum, Ines? Warum denn nur?«
    Ines rollte die Augen zur Decke. »Na, das war doch klar – er soll den päpstlichen Legaten ermordet haben, den Agozzini!«
    Am liebsten wäre Beatrice aufgesprungen und hinuntergelaufen. »Aber wieso erst jetzt?«
    Â»Jemand hat ihn verraten. Der Bischof hatte eine hohe Belohnung ausgesetzt, fünfzig Golddukaten!«
    Â»Wer hat ihn verraten?«
    Â»Das weiß ich nicht genau. Jemand sprach von Mari. Ausgerechnet! Aber das ist kein Grund, sich aufzuregen, Madonna. Euer Mann wird nicht verdächtigt. Und wenn sie diesen Andrea dafür hinrichten, ist die Sache aus der Welt, und in Lucca kehrt wieder Ruhe ein.«
    Â»Nein, Ines, damit ist die Sache keineswegs aus der Welt …«, sagte Beatrice leise, denn sie war davon überzeugt, dass Andrea nichts mit dem Mord zu tun hatte. Ser Buornardi hatte den Brief bei Tomeo gefunden, nicht bei Federico.
    Jetzt war es an Ines, ratlos zu sein. »Aber …«
    Â»Leider bin ich ans Bett gefesselt, aber du nicht. Geh wieder hinunter und sperr Ohren und Augen auf! Irgendjemand wird wissen, wie es zu dem Verrat gekommen ist.«
    Widerwillig erhob sich Ines. »Da täuscht Ihr Euch. Ich habe schon Giorini gefragt, der weiß sonst immer alles, aber diesmal nicht.«
    Â»Versuch es weiter, die Milchmädchen, die Knechte, die Diener der Tanten, die Wachmänner. Hier!« Sie nahm einige Münzen aus einer Schatulle neben ihrem Bett und gab sie Ines. »Damit lockerst du sicher eine Zunge.«
    Nachdem Ines gegangen war, meldete die Amme sich zu Wort: »Den Diener von Eurem Mann werden sie in Lucca richten. Den kann keiner mehr retten. Als der hohe Herr aus dem Vatikan im Januar ermordet wurde, waren hier alle sehr betroffen. Nein, der soll seine Strafe

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