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Die Tochter des Tuchhandlers

Titel: Die Tochter des Tuchhandlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
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flacher. Die Dienerin hinter ihr schrie, dann schwanden Beatrice die Sinne.
    Ismail Ansari reagierte sofort. »Schafft die Signora und alle, die nichts zu tun haben, hier heraus! Ist der Ehemann in der Nähe?«
    Ines schüttelte den Kopf. »Auf der Jagd.«
    Â»Dann können wir ihn nicht fragen, aber ich nehme an, dass er damit einverstanden wäre, das Leben von Frau und Kind zu retten, wenn ein Funken Hoffnung besteht.«
    Ganz so sicher war sich Ines nicht. »Natürlich, Medicus.«
    Â»Hebamme, du gehst mir zur Hand!«, befahl er Plantilla. »Ines, du lässt heißes Wasser und saubere Tücher bringen.«
    Â»Saubere Tücher? Aber die werden sowieso ganz blutig, da können wir gleich …«
    Â»Sauber! Tu einfach, was ich sage, wenn dir das Leben deiner Herrin lieb ist.«
    Lorenza wollte sich nicht hinausbringen lassen, so dass Ines auf dem Weg in die Küche Ricardo Giorini und zwei Knechte zu Hilfe rief, die die widerspenstige Frau einfach aus dem Schlafzimmer trugen und erst in einem Salon im Erdgeschoss wieder absetzten.
    Nachdem alles zur Zufriedenheit Ansaris ausgeführt war, ließ er Beatrice auf das mit sauberen Laken abgedeckte Bett legen. »Schließt die Fenster!«
    Â»Es ist so heiß hier drinnen.« Plantilla wischte sich die Stirn.
    Â»Der Wind bläst Sand und Staub herein, und das wird für mein Vorhaben von Nachteil sein, also schließt die Fenster!« Der Medicus wusch sich sorgfältig die Hände in einer Schüssel mit heißem Wasser und befahl Plantilla, dasselbe zu tun.
    Dann breitete er sein chirurgisches Besteck neben der Ohnmächtigen auf dem Bett aus: Verschieden gekrümmte Klingen, eine Schere, Zangen, eine Säge und mehrere Nadeln lagen neben Instrumenten, von denen Ines gar nicht wissen wollte, wozu sie benötigt wurden. Als der Medicus nach einem scharfen Messer griff, wurde Ines übel vor Angst.
    Â»Ihr wollt sie doch nicht aufschneiden?«
    Ansari holte eine Flasche hervor und übergoss damit das Messer. Den Rest der Flüssigkeit schüttete er über Beatrices entblößten Leib. »Doch, das habe ich vor. Ich habe diese Operation in Persien zweimal selbst erfolgreich durchgeführt und viele Male gesehen, wie es gemacht wurde.«
    Entsetzt starrten die Frauen den Medicus an. Plantilla bekreuzigte sich. »Heilige Mutter Gottes! Das ist Teufelszeug, das dürfen wir nicht. Der Herr erlaubt nicht, dass wir das Innere des Menschen schauen.«
    Â»Aber der Herr will auch nicht, dass diese Frau stirbt, weil ihr Kind langsam stirbt und sie vergiftet. Uns wurde Verstand gegeben, warum, wenn wir ihn nicht nutzen dürfen?«
    Beatrice stöhnte und schlug mit einem Arm aus.
    Â»Ines, halt sie fest. Plantilla, ich setze jetzt das Messer an. Du nimmst ein Tuch und wischst das Blut weg. Wenn ich es sage, gibst du mir die Nadel dort.« Er zeigte auf eine Nadel mit Faden, die in einem Schälchen mit derselben Flüssigkeit lag, mit der er das Messer übergossen hatte.
    Was nun folgte, brachte Ines an den Rand dessen, was sie ertragen konnte. Der Medicus murmelte einige Worte in seiner Muttersprache und öffnete dann mit einem gezielten Schnitt die hochgespannte Bauchdecke der Schwangeren. Plantilla starrte mit geöffnetem Mund auf die Wunde und musste von Ansari angeschrien werden, bevor sie mit einem Tuch das herausquellende Blut aufnahm. Nach einem weiteren Schnitt klaffte das Bauchfell auf, und dann ging alles rasend schnell. Der Medicus trennte die Gebärmutter der Länge nach auf, entnahm das Neugeborene mitsamt der Nachgeburt und vernähte dann mit raschen Stichen die Bauchdecke. Nachdem sie ihren Schock überwunden hatte, erwies Plantilla sich als wertvolle Hilfe, verstand sofort, worauf es Ansari ankam, und begriff, dass die Wunde nicht schmutzig werden durfte.
    Ines räumte die blutigen Tücher zusammen und betrachtete die noch immer ohnmächtige Beatrice. »Wenn sie stirbt, sind wir alle des Todes.«
    Plötzlich erklang ein lauter Schrei, der Schrei eines Neugeborenen! Die Dienerin hatte das Kind von der Nabelschnur getrennt, es gewaschen, fest eingewickelt und hielt es freudestrahlend in die Höhe. »Ein Mädchen!«
    Alle lachten und klatschten in die Hände. Plötzlich flatterten Beatrices Augenlider, und sie drehte den Kopf und sah Ines und Ansari an. »Was ist denn passiert? O Gott...« Sie erblickte das blutige Messer in der Hand

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