Die Tochter des Tuchhandlers
zurückkehrten. Bislang wäre ein Transport für Beatrice nicht in Frage gekommen, aber wenn die Fieberschübe endlich aufhörten, durfte sie an eine Rückkehr in die Stadt denken. Es klopfte, und Ortensia streckte ihren Lockenkopf durch den Türspalt.
Als sie sah, dass Beatrice wach war, kam sie ins Zimmer. »Ich dachte, Ihr schlaft.« Sie stellte eine Schüssel auf den Tisch an Beatrices Lager. »Pfirsiche. Frisch gepflückt.«
»Ortensia?«
Die junge Frau drehte sich im Kreis und lieà die duftigen Röcke schwingen. »Der Marchese hat gesagt, dass seine Frau Euch morgen besuchen wird.«
»Ihr habt mit dem Marchese gesprochen?«
»Er war dabei, als Andrea verhaftet wurde. Schade, dass er verheiratet ist, andererseits â¦Â« Sie drehte sich erneut und summte dabei vor sich hin.
»Ortensia! Hört auf! Setzt Euch hin.«
Ortensia zog einen Schmollmund und lieà sich in einen Stuhl fallen.
»Seid Ihr wirklich eine so dumme Gans, dass Ihr Euch von einem Mann wie Connucci verführen lasst? Eure Ehre, Euer Leben aufs Spiel setzen, nur für eine Tändelei?«
»Er hat gesagt, er findet mich schön!«
»Wie originell â¦Â«
»So wie er hat mich noch kein Mann angesehen!«
»Weil keiner so ruchlos ist wie er! Ihm ist es egal, was aus Euch wird. Glaubt Ihr vielleicht, er schenkt Euch noch einen Blick, wenn er Euch gehabt hat?«
»Das könnt Ihr gar nicht wissen! Ihr hattet ja nur Euren Mann!«
Beatrice seufzte. In den Augen ihrer Cousine war sie eine verheiratete Frau, die ein langweiliges Leben führte. »Sagt nicht, ich hätte Euch nicht gewarnt. Jetzt will ich aber wissen, was unten vor sich geht!«
Ortensia blies sich eine Locke aus der Stirn. »Andrea haben sie mitgenommen. Kurz bevor ich raufgegangen bin, sind die Männer des Bischofs mit ihm abgezogen. Dagegen konnte niemand was tun, weder Euer Mann noch der Marchese.«
»Hatten sie Beweise gegen Andrea?«
Die Sommersprossen tanzten auf Ortensias Nase, als sie diese krauste. »Ja, das war schon erstaunlich. Der Hauptmann der bischöflichen Männer ging auf Andrea zu, fragte ihn nach einem Paar Handschuhe, und als er die aus seinem Gürtel zog, haben sie ihn gefesselt und abgeführt.«
»Handschuhe?«
»Ich habe nicht alles verstanden, aber angeblich hat ein Gast der Marchesa, ein Sekretär aus dem Vatikan, herausgefunden, dass diese Handschuhe ein Geschenk von Agozzini waren.«
Alberto Mari, schoss es Beatrice durch den Kopf. War er deshalb so merkwürdig gewesen, weil er geplant hatte, Andrea zu belasten? »Ist es nicht seltsam, dass erst jetzt jemand auf diese Handschuhe stöÃt und Andrea sie bei sich trägt?«
Die schmalen Schultern der Rothaarigen zuckten. »Wer weià schon, warum ⦠Er war sich seiner Sache eben sicher, warum sollte er die teuren Handschuhe wegwerfen? Seine Erklärung war auch sehr dürftig. Einer seiner Liebhaber hätte sie ihm anonym geschenkt.«
Hatte man Andrea in eine Falle gelockt? Aber warum Mari? Warum sollte Andrea belastet werden? Wollte jemand den Verdacht von sich ablenken? Wie sie es auch drehte, Beatrice fand den roten Faden nicht. Was übersah sie hier?
»Wo ist mein Mann jetzt?«
»Er ist den Bischöflichen nach Lucca gefolgt.«
»Marchese Connucci?«
»Der nicht. Am nächsten Sonntag findet ein Fest in der Villa Connucci statt. Das letzte Fest des Sommers. Wir sind eingeladen!«
»Ortensia, das ist â¦Â«
»Wundervoll, ganz genau. Zerbrecht Euch meinetwegen nicht den Kopf.« Sie stand auf und ging zur Tür, hinter der Geschirr klapperte.
Die schüchterne Dienerin Maria kam in Begleitung von Ismail Ansari herein und stellte ein Tablett mit warmer Suppe, Brot und Käse ab. In der Tür drehte sich Ortensia noch einmal um. »Man muss die Jugend genieÃen. Wenn ich jetzt keine Abenteuer erlebe, wann dann?«
»Es stellt sich nur die Frage, ob ein kurzes Abenteuer es wert ist, alles zu verlieren â¦Â«, sagte Beatrice trocken, ohne auf Ansaris fragenden Blick zu achten.
»Was denn?« Ortensia bedachte den gesamten Raum mit einem kühlen Blick und ging mit wippenden Locken davon.
Mit ruhigen Handbewegungen stellte Ansari seine Tasche ab, nahm die kleinen Fläschchen und Tiegel heraus, die Beatrice inzwischen vertraut waren, und schickte Maria fort, damit sie sauberes, heiÃes Wasser holte.
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