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Die Tochter des Tuchhandlers

Titel: Die Tochter des Tuchhandlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
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Euch geschaffen.«
    Â 
    Später spielten die Musiker der Marchesa unten im Garten, so dass die Lieder und Tänze durch das Fenster heraufklangen. Lorenza lud die Marchesa und ihr Gefolge zum Bleiben ein, und Beatrice vernahm bis spät in die Nacht das fröhliche Treiben der Gesellschaft in Haus und Garten. Ortensia war ganz hingerissen, als der Marchese Connucci selbst zum Abendessen kam, und Beatrice gab es auf, die junge Frau zu warnen, die anscheinend alles darauf anlegte, in ihr Unglück zu rennen. Die Amme hatte ihr gerade ihre Tochter gebracht, als Connucci in ihr Zimmer trat.
    Er wirkte vom Tanzen leicht erhitzt, doch sein Lächeln war wie immer einnehmend und zynisch zugleich. »Wie geht es Euch?« Mit einer Hand stützte er sich an einem Bettpfosten ab und betrachtete sie wohlwollend. »Die Mutterschaft steht Euch.«
    Beschützend legte Beatrice ihre Hand um Giulias Köpfchen, die eingeschlafen war. »Gibt es Neuigkeiten aus Lucca? Haben sie Andrea vor Gericht gestellt?«
    Connucci wechselte das Standbein. »Euer Mann wird das unter den Umständen Mögliche für Andrea tun. Fadenscheinige Beweise – ein Paar Handschuhe! Phh! Da kann ja jeder kommen! Aber der Bischof schreit nach einer Verurteilung, und der Große Rat wird einen Kompromiss finden müssen. Die Verhandlungen werden sich noch hinziehen, Geld wird fließen …« Er hob die Schultern. »Was kümmert es Euch? Ihr mochtet Andrea doch nicht.«
    Â»Deshalb wünsche ich niemandem, zu Unrecht verurteilt zu werden!«
    Seine Augen blitzten, und er lachte leise. »Ich hatte vergessen, wie streitbar Ihr seid. Immer für die Gerechtigkeit, nicht wahr? Vielleicht wäre das Leben einfacher für Euch, wenn Ihr Euch mehr auf das Frausein beschränken würdet – wie Eure hübsche Nichte zum Beispiel.«
    Â»Lasst Eure Hände von ihr! Sie ist eine dumme Gans und weiß es nicht besser.«
    Er strich sich durch die Haare. »Oh, sie weiß eine Menge, unsere kleine Ortensia...«
    Giulia rührte sich, und Beatrice gab sie der Amme in die Arme. »Leg sie schlafen, balia .«
    Die Amme warf Connucci einen finsteren Blick zu und brachte den Säugling hinaus.
    Â»Sie mag mich nicht, hässliche alte Hexe.« Der Marchese lachte. »Andere Frauen dagegen finden mich sehr anziehend. Vielleicht seid Ihr nur eifersüchtig, Beatrice?«
    Â»Verschwindet! Ich bin müde. Ines!«, rief Beatrice laut, und sofort kam ihre Zofe herein. »Der Marchese möchte gehen.«
    Â»Wir werden uns sicher noch oft sehen, Beatrice, jetzt, wo Ihr mit meiner holden Gattin befreundet seid.« Er verneigte sich und schritt davon.
    Â»Wo warst du nur?« Ärgerlich schaute sie ihre Zofe an und hielt inne, als sie Ines’ betretenes Gesicht sah.
    Ines räusperte sich und knetete ihre Hände so fest ineinander, dass die Knöchel weiß wurden. »Ein Bote der scarsella dei lombardi und ein Knecht Eurer Eltern sind soeben eingetroffen.« Dann erstarb ihre Stimme. Sie schlug die Hände vors Gesicht, schluchzte: »Ich kann das nicht« und lief hinaus.
    Erschüttert saß Beatrice in ihren Kissen. Tausend Gedanken gleichzeitig schossen durch ihren Kopf, und immer wieder tauchten die Gesichter ihrer Eltern darin auf. Nein! Alles in ihr wehrte sich gegen die dunkle Ahnung, die sie seit Wochen mit sich herumtrug, aber immer wieder verdrängt hatte. Sie holte tief Luft, ihr Herz schlug rasend schnell, und ihre Bauchdecke hob und senkte sich, dass die Narbe zu schmerzen begann. »Ines! Komm zurück!«, schrie sie verzweifelt und wusste, dass ihre düstersten Albträume Gewissheit geworden waren, als die Tür aufging und Lorenza, Ansari und Ines hereinkamen.
    Der Medicus holte eine Flasche aus seiner Tasche und mischte davon etwas mit Bernardinas Wein. Den Becher drückte er Beatrice in die Hand. »Trinkt das. Es wird Euch helfen, stark zu sein.«
    Â»Nein! Nein, ich will nicht. Jetzt sagt endlich, was passiert ist! Starrt mich nicht an, verdammt! So sprecht doch!« Plötzlich schlug sie das Laken zurück und wollte aus dem Bett steigen. »Dann muss ich wohl selbst mit dem Boten sprechen.«
    Doch Ansari drückte sie sanft in die Kissen zurück und hielt den Becher an ihre Lippen. Gehorsam schluckte sie das opiumhaltige Getränk und schloss die Augen.
    Ihre Zofe setzte sich auf die Bettkante und ergriff zitternd Beatrices Hand.

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