Die Tochter des Tuchhandlers
hättet.«
Mit gesenktem Haupt sagte Monna Vecoli: »Ihr seid eine der wenigen, die weiÃ, warum meine Tochter den Tod wählte und sich so an unserem Herrn versündigte.«
Beatrice beugte sich vor, so dass nur Monna Vecoli sie hören konnte. »Wäre sie nicht heute noch am Leben, wenn Ihr Clarice nicht die Ehe mit Paolo Ori aufgezwungen hättet?«
»Es war ihre Pflicht! Als gute Tochter hatte sie den Wünschen ihrer Eltern zu gehorchen!«, entfuhr es Monna Vecoli.
»Nun ist sie tot.«
Die Frau nahm ihre Hand. »Ich bitte Euch, bewahrt Schweigen, um das Andenken an meine Tochter nicht zu beschmutzen. Hier, das hat ihr gehört.« Sie legte zwei Ohrgehänge aus Perlen in Beatrices Hand. »Ich wünsche Euch Glück, Monna Beatrice. Wenn Ihr eines Tages selbst eine Tochter habt, werdet Ihr vielleicht an mich denken.«
Ãberrascht schaute Beatrice auf die Ohrringe, deren tropfenförmige Perlen wie Tränen aussahen. Bevor sie antworten konnte, verabschiedete sich Monna Vecoli und verlieà mit ihrem Mann den Saal. Tränen des Meeres hatte Clarice diese Perlen genannt. Tränen der Seele, dachte Beatrice und umschloss den Schmuck mit ihrer Hand.
Eredi beobachtete sie. »Clarice hat Euch geliebt wie eine Schwester.« Er hatte eine angenehme Stimme und war ein exzellenter Sänger. Sie hatte ihn oft bei den Vecolis gehört und heimlich bewundert.
»Werdet Ihr für mich singen, Eredi?«
»Wann immer Ihr wollt, Madonna.« Er machte eine galante Verbeugung.
Federico gesellte sich zu ihnen. »Eredi, was habt Ihr mit meiner Braut gemacht? Sie sieht völlig verstört aus!« Seine Wangen waren vom Wein gerötet.
»Nichts, mein Freund.« Eredi schlug ihm auf die Schulter. »Wir sprachen über meine Schwester.«
»Eredi versprach, für mich zu singen. Erlaubt Ihr das, Federico?«
Mit einem seltsamen Ausdruck in den Augen betrachtete er sie und die Faust, mit der sie noch immer die Ohrringe umfasste. »Alles, was meiner schönen Braut Freude macht, soll geschehen.«
Während Eredi zum Kapellmeister ging und ihm erklärte, welche musikalische Begleitung er benötigte, wies Federico ihr einen Stuhl an, setzte sich neben sie und nickte den immer noch wartenden Gratulanten zu, seinem Beispiel zu folgen. Beatrice spürte seine prüfenden Seitenblicke, während sie ihre Aufmerksamkeit der kleinen Bühne zuwandte.
Eredi hatte sein Wams abgelegt, und die weiten Ãrmel seines Hemdes unterstrichen die Bewegungen seiner Arme, als er zu singen begann. Die Festgäste lauschten gebannt der schlichten Melodie und den ergreifenden Worten Petrarcas.
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»Ich sah auf Erden ein so engelsgleiches Wesen,
so himmlisch eine Schönheit, auf der Welt so einzig,
dass das Erinnern mich zugleich beglückt und schmerzt,
weil alles, was ich seh, Traum, Schatten scheint und Rauch.«
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Sie konnte die Tränen nicht zurückhalten und senkte den Kopf, als Federico ihr ein Tuch reichte.
»Ich hätte ihm nicht erlauben sollen zu singen.«
»Es geht schon wieder. Clarice war wirklich ein Engel. Rein, zart und unschuldig.« Ihr einziger Wunsch war es gewesen, in ein Kloster eintreten zu dürfen, doch ihre Eltern hatten andere Pläne mit ihr gehabt. Sie hatten nicht verstanden, dass Clarice nur eine Braut Christi sein wollte. Mit ihren groÃen, verträumten Augen hatte sie mit Beatrice im Oktober dem fallenden Laub zugesehen und davon gesprochen, wie sehr sie sich nach Ruhe und Frieden sehnte. »Sie wollte nur ihren Frieden, nur ihren Frieden â¦Â«, flüsterte Beatrice mehr zu sich selbst.
»Muss ich Euch von Türmen und tiefen Gewässern fernhalten, Beatrice?« Es hätte wie ein Scherz geklungen, wenn Federico sich nicht zu ihr geneigt und ihre Hand ergriffen hätte.
»Ich bin nicht Clarice, und ich bin bereit, für das zu kämpfen, was ich vom Leben erwarte.«
»Bravo! Eine Frau mit Kampfgeist. Aber genauso habe ich Euch eingeschätzt«, stellte er fest.
Sie hob eine Augenbraue.
»Das Leben ist zu verlockend und voller süÃer Trauben, die zu kosten es sich lohnt.« Er hob ihre Hand an seine Lippen und berührte sie leicht.
Eredi beendete sein Lied, und die Gäste klatschten. Rufe nach heiterer Tanzmusik wurden laut, und Federico stand auf und gab den Musikern einen Wink. Sie begannen, eine beschwingte Volta zu spielen. Beatrice steckte die
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