Die Tochter des Tuchhandlers
ist.«
»Wer weiÃ, möglicherweise hat sich einer deiner Verwandten in den Bergen versteckt und taucht später auf. Der Wachskerzler wird es dich wissen lassen, da bin ich mir sicher. Woher hattest du den Silbertaler?«
»Das war mein gesamter Sold. Ich hatte alles gegen diese eine Münze eingetauscht.«
Tomeo lächelte mitfühlend. »Dann wird sie dir Glück bringen, und jetzt komm, in Novara wartet Pescara auf uns.«
Sichtlich erleichtert brachte Gian Marco seinen Braunen an Tomeos Seite. »Ãber unseren Auftrag habt Ihr noch kein Sterbenswörtchen gesagt!«
»Nein?«
»Als ob Ihr das nicht wüsstet â¦Â«
»Wir sind auf eine Einladung Pescaras nach Novara unterwegs.«
»Aber warum?«
»In diesem Fall weià ich nicht mehr als du. Ehrlich!« Tomeo lachte, als er Gian Marcos zweifelnde Miene sah. »Und jetzt wollen wir doch mal sehen, ob unseren Gäulen das Bad gut bekommen ist!« Er schnalzte mit der Zunge, und sein Pferd, ein prächtiges ungarisches Vollblut, griff weit aus, um in einen gestreckten Galopp zu verfallen.
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Seit dem späten Nachmittag war die Landschaft stetig angestiegen. Sanfte Hügel wechselten noch immer mit grünen Ebenen, doch die Hügelketten wurden höher und die Nähe der Alpen spürbar. Kurz bevor die Sonne im Westen bei Santhia unterging, erreichten zwei müde Reiter den schmalen Feldweg, der zu Pescaras Palazzo in der Provinz von Novara führte. Die Wachsoldaten schienen über ihr Kommen informiert worden zu sein, denn Gian Marco hatte kaum ihre Namen genannt, da lieà man sie schon zum Palazzo hinauf. Das Gebäude erhob sich auf einer Anhöhe, von der man die Ebene übersah und in der Ferne die Türme Novaras und die schneebedeckte Spitze des Monte Rosa ausmachen konnte. In seinen AusmaÃen wesentlich kleiner als Belgioioso, verfügte das aus dem dreizehnten Jahrhundert stammende Gebäude über zwei Ecktürme, einen zum Park hin offenen Hof sowie die üblichen Wirtschaftsgebäude.
In Friedenszeiten mochte die Anlage ruhig und idyllisch gelegen sein, heute standen Pferdekarren, Artilleriefahrzeuge, Feldschlangen, Kisten mit Munition und Waffen herum, liefen und schrien Soldaten, Knechte, ein Barbier, ein Schmied und seine Gesellen, ein Wagner und zahlreiche andere Handwerker durcheinander. Was Tomeo und Gian Marco hier sahen, waren die Vorbereitungen für einen Angriff.
»Mailand«, sagte Tomeo, und sein Begleiter nickte.
Sie übergaben ihre verschwitzten Tiere dem Stallmeister, der sie an einen hochmütigen Höfling mit verschlagenen Zügen verwies.
»Amilcare, ich bin der Erste Kämmerer Seiner Hoheit des Markgrafen von Pescara. Ich habe Anweisung, Euch zuerst Euer Quartier zu zeigen, damit Ihr Euch säubern könnt. Danach erwartet Seine Hoheit capitano Buornardi zum Essen in seinen Privatgemächern.«
Tomeo klopfte seinem Burschen auf die Schulter. »Man wird dir ein anständiges Abendessen geben, nicht wahr, Kämmerer?«
»Ganz, wie Ihr meint, capitano .« Die glatten, wohlfrisierten langen Haare des Höflings rochen nach einem Duftöl.
Angewidert verzog Tomeo das Gesicht. »Du sollst mir nicht nach dem Mund reden, Amilcare, auch wenn das vielleicht deine Gewohnheit ist, sondern diesem tapferen Soldaten hier gutes Essen vorsetzen. Haben wir uns da verstanden?«
Amilcare verzog den Mund. Sein Wams war aus feinem Brokat, die Beinkleider zweifarbig, am auffälligsten jedoch war seine Schamkapsel, die in verschiedenen Farben schillerte und mit Perlmuttknöpfen umfasst war, so dass sie die Blicke unweigerlich auf sich zog. Alles in Tomeo wehrte sich gegen den aalglatten Höfling, doch er war nur Gast an Pescaras Hof und hatte sich den örtlichen Gepflogenheiten anzupassen, selbst wenn ihm das Hofleben nicht zusagte. »Ob du mich verstanden hast, habe ich gefragt«, setzte Tomeo scharf nach.
»Natürlich, capitano .«
Als sie allein in ihrem Zimmer waren, einem Raum mit zwei Betten, einem Kamin, in dem ein Feuer brannte, und einem Waschtisch, meinte Gian Marco: »Kaum sind wir angekommen, haben wir schon einen Feind.«
»Amilcare? Phh â¦Â« Mit einer flüchtigen Handbewegung wischte Tomeo die Bedenken fort. »Hilf mir lieber aus dem Brustpanzer. Das Ding drückt und scheuert schon den ganzen Tag.«
Geschickt löste Gian Marco die Lederriemen unter den Armen und auf den
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