Die Tochter des Tuchhandlers
verstoÃene oder fortgelaufene Ehefrau würde von niemandem gern aufgenommen werden. Im Grunde war sie ihrem Mann auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Sie wusste das, und er wusste das.
Mit der in einem Schal verborgenen Schatulle ging Ines kurz darauf hinunter in den Keller, wo sie ein sicheres Versteck wusste. Beatrice zog das blutverschmierte Kleid aus und warf es wütend zu Boden. Dieser verfluchte Schuft! Dreckiger, hinterhältiger Bastard! Nie hätte sie es für möglich gehalten, dass er zu so viel Niedertracht fähig war. Ihr alles zu nehmen, jetzt, ausgerechnet jetzt, da sie ihre Eltern verloren hatte. Was hatte sie ihm getan, dass er sie so demütigen musste? Aber wahrscheinlich lag es nicht einmal an ihr. Er hatte sie getäuscht, genau wie er ihren Vater und seine eigene Familie getäuscht hatte. Federico war ein Blender. Aber er war gefährlich, und darin hatte sie ihn unterschätzt, genau wie Tomeo. Federico hatte seinem Bruder damals den Brief zugesteckt, weil er ihn als Mörder preisgeben wollte. Davon war sie heute überzeugt, und Tomeo hatte es zumindest geahnt, sonst hätte er sie nicht zur Vorsicht angehalten.
Es klopfte, und die Amme brachte Giulia vor ihrem Nachmittagsschlaf herein. Als sie ihr Kind in den Armen hielt und in die neugierigen blauen Augen sah, begriff sie, dass sie nicht alles verloren hatte. Unwillkürlich wanderten ihre Gedanken zu Tomeo. Wo war er jetzt? Dachte er manchmal an sie, so wie sie an ihn? Doch es war sinnlos, sich mit unerfüllbaren Sehnsüchten zu quälen. Sie war noch immer die Frau seines Bruders.
Beatrice hätte lieber allein mit Ines auf ihrem Zimmer gegessen, aber Federico wies sie an, ihm und den Männern Gesellschaft zu leisten. Bewusst entschied sie sich für ein reich besticktes Kleid aus schwerer roter Seide, legte Clarices Ohrringe, das Perlencollier, welches sie zu Giulias Geburt bekommen hatte, und den Rubinring an. Auf ihren Vorschlag hin nähte Ines den Siegelring der Marchesa und einige Goldstücke in einen pelzgefütterten Umhang ein. Da Beatrice glaubte, dass Federico den äuÃeren Schein wahren wollte, würde er ihr nicht alle kostbaren Kleidungsstücke nehmen. Beim Hinausgehen streifte ihr Blick das Porträt Pontormos. Ihre Eltern hatten es nicht gesehen, und für Federico war es wertlos. Sie warf die Tür hinter sich ins Schloss. Womöglich hatte er schon ein Bildnis von Marcina malen lassen.
Bevor sie den Salon betrat, atmete sie tief durch. Während ihrer Zeit in Matraia war ihr nicht aufgefallen, dass die Buornardis finanzielle Schwierigkeiten hatten, und später hatten die anstrengende Schwangerschaft und die wochenlange Krankheit sie vollkommen in Anspruch genommen. Wenn sie die Villa Buornardi mit dem Anwesen der Connuccis verglich, war der Unterschied natürlich immens, aber Beatrice war davon ausgegangen, dass das Vermögen des Marchese ohnehin weitaus gröÃer war als das ihres Mannes.
»Guten Abend, Madonna, Ihr seht blendend aus!« Tegrimo Quilici erhob sich gleichzeitig mit da Sesto und ihrem Mann.
»Danke«, sagte sie kühl und setzte sich an das Tischende ihrem Mann gegenüber. Der junge Tegrimo Quilici war ihr bisher nur als Begleiter von da Sesto oder Connucci aufgefallen, nicht aber als zum Freundeskreis ihres Mannes gehörig. Es schien sich einiges geändert zu haben.
»Ich brauche Euch Tegrimo Quilici nicht vorzustellen, denke ich.« Federico hob sein Glas. Seine Wangen waren gerötet. Er schien dem Wein sehr viel mehr zuzusprechen als noch vor Monaten. »Zum Wohl!«
Sie nippte an ihrem Glas und musterte Tegrimo, dessen Vertrautheit im Umgang mit den beiden Männern sie befremdete. Warum war ihr der leicht untersetzte, ständig grinsende Mann mit dem Spitzbart zuvor nie aufgefallen? Wahrscheinlich, weil sie sein schmeichlerisches, anbiederndes Gehabe abstoÃend fand. Ihren Mann schien das nicht zu stören, lieà er sich doch gern bewundern.
Eine junge Dienerin trug den ersten Gang auf, Ravioli mit Parmesanfüllung. Beatrice musste an Ricardo denken und hatte keinen Appetit.
»Ihr solltet etwas essen, Beatrice, damit Ihr wieder zu Kräften kommt.« Ihr Mann spieÃte eine Ravioli auf.
Sie warf ihm einen wütenden Blick zu und legte ihr Messer hin. »Mir ist der Appetit schon heute früh vergangen.«
Da Sesto grinste. »Ihr Frauen seid zu zart besaitet. Manchmal verlangt es nach
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