Die Tochter des Tuchhandlers
Säugling trank gierig und schmatzte dabei. Maria kam durch den Hintereingang in die Küche und winkte Beatrice, ihr nach drauÃen zu den Gesindehäusern zu folgen.
»Der Medicus hat gesagt, er würde Euch gern noch sprechen, wenn sich die Möglichkeit ergibt. Er ist bei Ricardo.« Maria wischte sich die Augen. »Das hat er nicht verdient. Er ist ein guter Mann. Das war nicht recht vom Herrn.«
»Nein, das war es ganz und gar nicht, und ich wünsche mir, dass Federico dafür irgendwann in der Hölle schmort.« Und als sie die karge Behausung des Verwalters betrat, kamen ihr noch weitaus schlimmere Verwünschungen in den Sinn.
Der Mann war ein kinderloser Witwer und hatte sein gesamtes Leben dem Gedeihen des Gutes gewidmet. Dass die Bewirtschaftung von Feldern, Plantagen und Weinbergen so reibungslos lief, war allein sein Verdienst, und so dankte es ihm sein Herr. Beatrice legte die Hand vor den Mund, als sie den regungslosen Giorini auf dem Bauch liegend vorfand. Sein Rücken war von blutigen Striemen bedeckt, die angeschwollen und entzündet waren. Ismail Ansari stand auf der anderen Seite der schmalen Bettstatt. Er sah reisefertig aus und schien nur auf sie gewartet zu haben.
»Ismail â¦Â« Beatrice ging mit ausgestreckten Händen zu ihm.
»Allahs Wille ist manchmal schwer zu verstehen, aber wir leben unter seinem Schutz und versuchen demütig, unser Schicksal anzunehmen.« Er lächelte. »Ihr habt Euch schon wieder für jemanden eingesetzt, der Hilfe brauchte.«
»Langsam wünschte ich mir, ich hätte Euch nicht zu meinem Mann gerufen â¦Â«
»Sagt das nicht. Nichts geschieht ohne Grund, auch wenn wir ihn im Moment nicht sehen. Lasst nicht zu, dass Euer Herz verhärtet, Beatrice.«
Ricardo stöhnte und drehte den Kopf zur Seite, damit er Beatrice sehen konnte. »Ich stehe tief in Eurer Schuld, Madonna. Wie kann ich Euch nur je für Euer Eingreifen danken? Er hätte mich totgeschlagen.«
Ansari nickte. »Es hat nicht viel gefehlt, aber du hattest Glück, die Sehnen sind unverletzt geblieben. Ich lasse dir die Salben hier.« Der Medicus wies auf zwei Tiegel, die auf einem einfachen Tisch standen.
Ines kam ins Haus geeilt. »Madonna, der Herr will Euch sehen. Sofort!«
Verzweifelt schaute Beatrice von Ricardo zu Ansari. »Er wird doch durchkommen?«
»Es wird lange dauern, bis er wieder arbeiten kann, aber er wird es überleben«, versicherte Ansari ihr.
»Ihr bleibt natürlich heute Nacht noch hier. Und wir sehen uns in Lucca. O Gott, ich muss gehen, sonst wird er wieder rasend vor Wut ⦠Ich habe Angst.« Beatrice ergriff Ansaris Hand, legte sie kurz an ihre Wange und ging mit Ines hinaus.
Vor dem Haus nahm Ines eine Fackel aus einem Halter an der Mauer, denn inzwischen war es stockfinster. Die Nacht war sternenlos und kalt. »Er ist betrunken. Ziert Euch nicht, lasst es einfach geschehen, und wenn sich herausstellt, dass Ihr keine Kinder mehr bekommen könnt, wird er Euch in Ruhe lassen.«
Innerlich bereitete sich Beatrice auf das vor, was sie erwartete, und schickte StoÃgebete in den dunklen Nachthimmel. »Heilige Mutter Gottes, barmherzige Jungfrau, gib mir Kraft â¦Â«
Sie näherten sich ihrem Schlafzimmer, und Ines flüsterte: »Er wartet auf Euch.« Dann küsste sie ihre Herrin auf die Wangen und öffnete die Tür zum benachbarten Ankleideraum. »Ich bin in der Nähe.«
Unbewusst legte Beatrice eine Hand auf ihren Bauch, an dem die Narbe gelegentlich noch immer zog. Sie betrat das Schlafzimmer, wo Federico neben dem Bett auf sie wartete. Auf dem Tisch stand ein Weinkrug, und in der Hand hielt er einen Becher.
»Es ist lange her, nicht wahr, Madonna?«
Beatrice schwieg. Im Kamin brannte ein Feuer, doch ihr war kalt. Als sie seine kalten Augen auf sich spürte, schnürte es ihre Kehle zusammen.
Er setzte den Becher ab, packte ihre Hüften und zog sie an sich. Seine Berührung riss sie aus ihrer Erstarrung. Hasserfüllt spuckte sie ihm ins Gesicht. »Lasst mich los! Ich hasse Euch!«
Mit einer Hand wischte er sich übers Gesicht, mit der anderen riss er sie herum und stieà sie rücklings aufs Bett. »Das ist mir egal, Madonna. Hass ist keine geringere Leidenschaft als die Liebe.«
Beatrice versuchte ihn mit den FüÃen von sich zu stoÃen, doch er war stärker, drückte sie mit seinem Gewicht nach unten
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