Die Tochter des Tuchhandlers
warten?«
Federico schüttelte den Kopf, und Alberto erkannte den Hinterhof des Palazzo Gottaneri, in den sie einer nach dem anderen traten. Danach ging alles sehr schnell. Alberto hörte einen dumpfen Schlag, ein Stöhnen und sah Federicos Knecht zu Boden sinken. Fabio lag mit einer klaffenden Kopfwunde auf der Erde, die sich dunkel unter ihm verfärbte. Seine Augenlider flatterten einen Moment lang, dann entfuhr seinem Mund ein Seufzer, und sein Brustkorb senkte sich ein letztes Mal. Auf dem jungen Gesicht lag ein ungläubiges Erstaunen, das der Tod nicht ausgelöscht hatte. Alberto schluckte, hob den Blick und starrte in Federicos unbewegte Miene. Neben ihm stand Fabios Mörder, ein brutaler Kerl, mit unbeteiligtem Gesicht und dem blutigen Knüppel in den Händen. Gottaneris Männer waren Mordknechte, die vor nichts zurückschreckten. Den alten Gottaneri konnte Alberto nicht entdecken.
Sie standen hinter der Mauer des Palazzo im Schutz eines Stallgebäudes. Der Palazzo ragte als dunkle Masse im Zwielicht auf. Rodolfo da Sesto stieà Fabio mit dem Fuà an, doch der Körper blieb reglos.
»Ihr wollt mich nicht zu Eurem Anführer bringen«, stellte Alberto nüchtern fest.
»Warum seid Ihr zu Federicos Haus gegangen? Mit wem wolltet Ihr dort sprechen?« Da Sesto stemmte die Hände in die Hüften, seinen Pelzumhang nach hinten schlagend.
»Ich brauchte ein Nachtlager. Das habe ich schon gesagt.« Das Blut am Knüppel des Schlägers zog Maris Blick an.
Federico stieà den Gelehrten hart mit der Faust vor die Brust, so dass Mari zwei Schritte rückwärtsstolperte. »Habt Ihr mit meiner Frau sprechen wollen? Vielleicht habt Ihr einen Brief für sie hinterlassen?«
»Wie sollte ich das so schnell bewerkstelligen? Nein, werter Federico, ich hatte zwar gehofft, Eure Frau morgen zu sehen, aber nur, weil ich mit ihrer Familie seit Jahren befreundet bin.«
Rodolfo spuckte aus. »Unsinn! Ihr hattet einen Begleiter im Dom. Wo ist der hin? Ihr habt doch ein Quartier und wolltet etwas anderes bei Federico. Was? Sprich, Mann, meine Geduld ist am Ende!«
Filippo Menobbi sah unruhig zum Himmel, an dem die Morgenröte kräftiger wurde. »Wir haben keine Zeit mehr. Machen wir kurzen Prozess mit ihm und schaffen die beiden hier fort. Gottaneri wird wütend sein, wenn er zwei Leichen in seinem Garten findet. Der giudice und seine Leute schnüffeln überall herum.«
Wo sein Begleiter, der sicario , steckte, fragte Alberto sich auch schon seit geraumer Zeit. »Warum müsst Ihr mich töten? Ich bin auf Eurer Seite, und Flamini wird nicht erfreut sein, wenn er hört, dass Ihr mich habt umbringen lassen.«
»Das stimmt, Federico. Vielleicht wollte er tatsächlich nur bei Euch übernachten. Lassen wir ihn laufen.« Rodolfo musterte Mari nachdenklich.
»Es wird noch genug Blut flieÃen. Zumindest seines muss nicht an unseren Händen kleben«, meinte Menobbi.
»Ihr habt wirklich Glück, Mari. Verschwindet und lasst Euch in Lucca nicht mehr blicken. Wenn wir uns das nächste Mal sehen, spürt Ihr meine Klinge!«, sagte Federico und schubste Mari zur Tür.
Sollte er Lucca tatsächlich lebend verlassen, würde er ein BüÃergewand anlegen und auf den Knien den Pilgerweg nach Santiago de Compostela zurücklegen. Die Tür fiel hinter ihm ins Schloss, und er stand allein in einer schmalen Gasse. Die Herberge, in der er mit dem sicario ein Zimmer belegt hatte, befand sich im Süden an der Porta San Pietro. Um sich zu orientieren, hob er den Blick und entdeckte schlieÃlich den Campanile von San Michele, dessen schneeweiÃer Marmor sich gegen das Dämmerlicht abzeichnete. Langsam erwachte die Stadt zum Leben. Fensterläden wurden aufgestoÃen, und über ihm goss jemand einen Eimer Urin auf die StraÃe. Alberto konnte gerade noch zur Seite springen, um die stinkende Lauge nicht auf den Kopf zu bekommen.
Während er weiter durch die enge Gasse ging, in der sich an einer Hausecke ein Bettler in seinem Lumpenhaufen regte, drehte er sich immer wieder ängstlich nach möglichen Verfolgern um. Als er in die nächste StraÃe einbiegen wollte, sah er ein letztes Mal hinter sich und entdeckte, wie sich eine Gestalt aus Gottaneris Palazzo hinter ihm in Bewegung setzte. Federico. Federico wollte ihn wohl doch nicht ungeschoren davonkommen lassen. Der Angstschweià trat ihm auf die
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