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Die Tochter des Tuchhandlers

Titel: Die Tochter des Tuchhandlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
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entschuldigender Miene zurück, verneigte sich geziert und sagte näselnd: »Die selige Signora ist der Seuche zum Opfer gefallen, und Madonna Beatrice ist mit diesem Straßenmädchen am selben Tag verschwunden. Signor Federico ist nicht anwesend, das heißt, niemand weiß eigentlich, wo er ist. Er hat einen völlig verarmten Haushalt zurückgelassen. Ich weiß nicht, wie ich die Diener ernähren, geschweige denn entlohnen soll, und die Büttel des Richters kommen täglich her und konfiszieren, was von Wert ist.«
    Tomeo löste den Umhang, warf ihn Farini zu und sagte: »Wer ist noch hier?«
    Â»Der Buchhalter, die Köchin, die meisten Mägde und einige Knechte. Wahrscheinlich wisst Ihr nicht, dass ein junger Knecht namens Fabio ermordet aufgefunden wurde. Das war zu der Zeit, als Alberto Mari im Kanal den Tod fand.« Farini sah auf seine Hände, während er das erzählte.
    Â»Und du wusstest natürlich von nichts?«, meinte Tomeo sarkastisch.
    Erstaunt hob der Hausvorsteher die Schultern. »Ich? O nein. Ich war der Signora unterstellt und hatte mit den Angelegenheiten von Signor Federico nichts zu tun!«
    Â»Ja, ja, spar dir deine Ausflüchte. Ist jemand vom Gericht hier?«
    Â»Nein. Heute Morgen haben sie die letzten beiden Reitpferde abgeholt.«
    Tomeos schöne arabische Stute war sicher dabei gewesen. »Also, wenn wieder jemand kommt, holst du mich sofort! Ich schaue mir jetzt alles an und spreche mit Nardorus, sag ihm, er soll die Bücher bereitlegen.«
    Â»Jawohl, Signore.« Farini verbeugte sich.
    Schweren Herzens stieg Tomeo die Treppe in den ersten Stock hinauf und wanderte durch die leeren Räume. Im Flügel seiner Eltern waren die Zimmer bis auf die Bettgestelle und einige verschlissene Stühle vollständig ausgeräumt. In Federicos studiolo waren noch Teile der Bibliothek vorhanden, doch der Globus, viele Gemälde und Statuen fehlten. Die Gerichtsdiener hatten ganze Arbeit geleistet. Zuletzt betrat er Beatrices ehemaliges Schlafzimmer. Ein Strauß Trockenblumen stand in einem Krug auf dem Waschtisch, und an der Wand lehnte ein verhängtes Gemälde. Er zog das Tuch herunter und hielt den Atem an. Beatrices Porträt war von ergreifendem Realismus.
    Der Maler hatte ihre Augen, ihr Gesicht mit all der Verletzlichkeit und Schönheit gefüllt, die Beatrice auszeichneten. Mein Gott, dachte Tomeo, das Bild musste im Sommer auf Matraia entstanden sein, und er hatte sie vorher in Lucca das letzte Mal gesehen. Auf dem Bild sah man die leichte Wölbung ihres Leibes. Er hatte vergessen, dass sie eine Tochter hatte. Wo war das Kind? Entschlossen ging er hinunter und rief nach dem maestro , der aus den Lagerräumen herbeieilte.
    Â»Wo ist das Kind meines Bruders?«
    Farini nestelte an seinem Rock und murmelte etwas, das Tomeo nicht verstand.
    Â»Drück dich verständlich aus, Mann, oder ich helfe dir auf die Sprünge!« Seine Stimme nahm einen bedrohlichen Ton an, und er machte einen Schritt auf Farini zu.
    Â»Rom«, stieß dieser leise hervor.
    Â»Was? Warum? Muss ich dich erst prügeln?«
    Angst flackerte in Farinis verschlagenen Augen auf. »Signor Federico hat Giulia nach Rom bringen lassen, weil er um ihr Wohl besorgt war.«
    Â»War das während der Blatternepidemie?«
    Zögernd gab Farini zu: »Schon vorher. Es gab Unstimmigkeiten zwischen ihm und der Madonna. Ich denke, dass er sie bestrafen wollte, indem er ihr das Kind nahm.«
    Und seine eigene Mutter hatte einfach zugesehen, aber Federico war schon immer ihr Liebling gewesen. Was hatte Federico Beatrice noch angetan? »War das seine einzige Bestrafung?«
    Farini biss sich auf die Lippen und spielte nervös mit seinem Gürtel. »Nun, sie durfte ihre Gemächer nicht verlassen, und die Zofe musste gehen. Aber die ist gern gegangen, wenn Ihr mich fragt, sie hat gleich einen Weber in der Via Guinigi geheiratet.«
    Â»Ich frag dich aber nicht, du Wicht! Verschwinde! Geh mir aus den Augen!« Der maestro di casa verschwand mit hochgezogenen Schultern, und Tomeo ging zu Agostino Nardorus ins Kontor. Der Mann hatte immer den meisten Verstand von allen Dienern besessen und würde ihm mehr über die Hintergründe der Katastrophe sagen können.
    Während er durch die Lagerräume ging, fiel ihm der Mangel an Gewürzsäcken und Kisten mit Kunsthandwerk auf, die sonst immer hier zu finden gewesen waren. Im

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