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Die Tochter des Tuchhandlers

Titel: Die Tochter des Tuchhandlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
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ungewöhnlich für den Januar war, aber hinderlich für die Reise, vor allem, als sich auch noch ein Sturm dazugesellte, der ihnen den Schnee in die Gesichter trieb und die Umhänge schwer von Nässe werden ließ. Sie kamen weit weniger gut voran, als Tomeo gehofft hatte, und erreichten Fidenza am Fuß des Apennin erst am fünften Tag. Für die Durchquerung des Gebirges benötigten sie weitere fünf Tage, da der Cisapass zwei Tage unpassierbar war. Im Sommer hätten sie von Fivizzano bis Castelnuovo eine Tagesreise benötigt, doch die Garfagnana zeigte sich von ihrer unwirtlichsten Seite und ließ Tomeo und Gian Marco bitter auf ihren Pferden frieren, während sie am Rande der Apuanischen Alpen entlangritten. Als sie nach zwölf Tagen und einer letzten Rast in Barga schließlich Luccas Stadtmauern in der Mittagssonne liegen sahen, waren die beiden Männer erleichtert, auch wenn bange Erwartungen Tomeo den Magen zuschnürten.
    Nach den Unwettern der vergangenen Tage hatten sie den klaren Winterhimmel an diesem letzten Sonntag im Januar freudig begrüßt. Vor der Porta Santa Maria warteten mehrere Fuhrwerke mit Getreidesäcken und zwei Benediktinermönche, die als Erste durch das Tor gelassen wurden. Die Wachposten schienen angewiesen, besonders Wagen gründlich zu untersuchen, doch auch die Bauern aus dem contado durften endlich in die Stadt, um ihren Weizen zu verkaufen. Tomeo, der sich während der Reise einen Bart hatte stehen lassen, war von seinem braven Reittier abgesessen und hielt es am Zügel.
    Â»Was wollt Ihr in Lucca, Signori?«, fragte ein Wächter mit roten Wangen und vorstehendem Leib.
    Â»Mein Name ist Tomeo Buornardi, capitano der kaiserlichen Truppen in Mailand.« Ohne seinen Harnisch sah man ihm den militärischen Rang vielleicht nicht an, doch seine kräftige Figur und die gepflegten Waffen sprachen für sich.
    Der Wachmann notierte seinen Namen und sah ihn mit einem merkwürdigen Ausdruck an. »Tomeo Buornardi, ja? Ihr müsst Euch beim gonfaloniere melden. Es ist viel passiert in Lucca. Wir sind von den Schwarzen Blattern heimgesucht worden.«
    Â»Ich weiß.« Er schritt mit seinem Pferd durch das breite Stadttor. Die Hufe klangen hohl auf dem Pflaster, während er schweigend vor Gian Marco durch die Gassen ging.
    Â»Wohin gehen wir zuerst? Zum gonfaloniere ?«, fragte Gian Marco hinter ihm und hielt sich die Nase zu, als sie an den Abwässerbecken der Färber vorüberkamen.
    Â»Zu meinem Elternhaus.« Alles andere hatte Zeit. Tomeo bemerkte, dass nur wenig Bettler und fahrendes Volk in den Straßen herumlungerten, eine Folge der Blattern. An der Piazza San Salvatore standen die Reste eines Podiums und ein Scharfrichterblock. Die Pflastersteine waren von einer schmutzigen Schneedecke bedeckt, die neben dem Podium dunkle Flecke aufwies. Blut. Tomeo spuckte aus und beeilte sich, den Platz zu verlassen.
    Als sie in die Via Santa Giustina einbogen, überkam ihn eine lähmende Traurigkeit, gepaart mit unbändiger Wut auf seinen Bruder, der sich aus dem Staub gemacht hatte, weil er zu feige war, sich der Verantwortung zu stellen. Warum auch hätte Federico sich ändern sollen? Als Junge war Alessandro sein Sündenbock gewesen, jetzt suchte er das Heil in der Flucht. Von außen wirkte der Palazzo Buornardi unverändert. Die dicken Quader im Untergeschoss, die schmalen steinernen Sitzbänke, darüber die vergitterten Fenster der Kontore und Lagerräume. Tomeo gab Gian Marco die Zügel seines Pferdes in die Hand, hob den Bronzering des Türklopfers und ließ ihn mit Wucht gegen die Tür fallen.
    Nach einer Weile wurde die Tür vorsichtig aufgezogen, und Pietro Farini steckte seinen Kopf durch den Spalt. Der maestro di casa war gealtert, aber sein Gebaren war noch genauso anmaßend wie immer. »Ihr wünscht?«
    Â»Mach die Tür auf, Farini!« Tomeo drängte sich an dem verdutzten Mann vorbei und rief Gian Marco zu: »Bring die Pferde hintenrum!« Dann sah er sich um. Die Eingangshalle war leer. Truhen, Vasen und Wandteppiche fehlten. Wo einmal ein massiver Schrank gestanden hatte, war nur noch die nackte Wand zu sehen.
    Â»Farini, lass meinem Burschen den Seiteneingang öffnen, und dann erklär mir, was hier vor sich geht! Wo ist das hin?« Er deutete vage auf das fehlende Inventar.
    Nachdem Farini einem Knecht auf dem Hof etwas zugerufen hatte, kam er mit

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