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Die Tochter des Tuchhandlers

Titel: Die Tochter des Tuchhandlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
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Ihr Euch verletzt?«
    Â»Nein, es ist gar nichts. Mein eigener Dolch. Ich bin eben ein alter Mann …« Der Gelehrte verdrehte die Augen in gespielter Hilflosigkeit. »Nur eine Last …«
    Â»Sagt das nicht, lieber Mari. Ihr seid amüsant und der beste Kenner griechischer Literatur!«, sagte Beatrice.
    Â»Nun gut. Dann werde ich jetzt die nötigen Dinge veranlassen.« Gadino del Connucci verließ den Salon.
    Sobald die Tür hinter ihm ins Schloss gefallen war, richtete sich Alberto Mari auf und sah sich um, ob sie auch wirklich allein waren. Beatrice beobachtete ihn erstaunt.
    Â»Ihr seid gar nicht krank, nicht wahr?«
    Â»Krank vor Angst, ja! Aber vorsichtig, in diesen Palästen haben Wände Ohren. Beatrice, ich stecke in Schwierigkeiten.« Er zeigte seinen verletzten Finger, der aufgehört hatte zu bluten, und flüsterte: »Der Aufstand der Poggios hier in Lucca war mehr als die Rebellion einer Familie. Beatrice, es ist ein Jammer, dass Eure Eltern fort sind. Euer Vater wäre der Einzige gewesen, mit dem ich hätte sprechen können.«
    Â»Ich bin nur eine Frau, aber mir könnt Ihr ebenso vertrauen wie meinem Vater.«
    Er lächelte. »Ja, das weiß ich.« Nachdenklich tätschelte er ihre Hand. Die Namen auf der Liste bedeuteten, dass mehrere ehrenwerte Ratsmitglieder sich bereit erklärt hatten, die Poggios im Fall einer erfolgreichen Revolution zu unterstützen. Mit Hilfe solcher Verbündeter war es durchaus möglich, Lucca den Medici und Florenz in die Hände zu spielen. Aber Arrigo und seine Brüder waren tot, die Ratsmitglieder unentdeckt, und keinem von ihnen traute er zu, der Kopf der Verschwörung zu sein. Connucci besaß den verräterischen Vertrag, aber der Marchese war nicht der Mann für eine solche Verschwörung. Mari konnte sich eher vorstellen, dass der Marchese Spaß daran hatte, die Verräter zu erpressen und gegeneinander auszuspielen. Connucci war ein Intrigant, aber ein Verräter der Republik? Dann wäre es vorbei mit seinem schönen Leben, nein, nein, es musste noch jemand anderen geben …
    Â»Sagt mir doch, um was es geht«, bat Beatrice.
    Â»Ich denke, dass die Poggios Verbündete hier in Lucca haben und dass es noch nicht vorbei ist.«
    Â»Noch nicht vorbei?«
    Ein Diener brachte ein Tablett mit Suppe und einen Krug frisches Wasser herein. Er wurde von Bernardina Chigi und einer jungen Frau begleitet, die Beatrice für ihre Zofe hielt. Aus der Nähe betrachtet hatte Bernardina durchaus ihren Reiz, ihre braunen Augen blickten sanft unter langen Wimpern hervor. Ihre Hände waren schlank, und als sie sprach, zeigte sie eine Reihe weißer Zähne. Sie war keine Schönheit, aber eine Frau, deren Freundin man sein wollte, dachte Beatrice.
    Alberto Mari war sofort wieder mit leidendem Gesichtsausdruck auf sein Lager gesunken.
    Â»Ich hörte von Eurem Unwohlsein und habe mich lieber selbst um die Brühe gekümmert. Braucht Ihr wirklich keinen Medicus?«, fragte die Marchesa und ließ sich auf einem Stuhl nieder, den man ihr hinstellte.
    Â»Danke, Ihr seid zu liebenswürdig.« Mari zog ein Döschen aus seinem Überrock und entnahm zwei weiße Kügelchen, die er sich in den Mund schob.
    Â»Wir wurden uns noch nicht vorgestellt, aber ich habe schon einiges von Euch gehört, Beatrice«, wandte sich die Marchesa an Beatrice.
    Die Marchesa mochte höchstens fünf bis zehn Jahre älter sein, doch einige Linien um ihren Mund sprachen von Gram und Bitterkeit. »Was könnte man schon von mir sagen, aber Ihr seid eine Kunstkennerin und sicher eine weitaus interessantere Gesprächspartnerin für Signor Mari als ich«, sagte Beatrice bescheiden.
    Alberto Mari löffelte die Fleischbrühe und dachte an das üppige Buffet, auf das er sich gefreut hatte, doch unter den gegebenen Umständen musste er weiterhin den Geschwächten mimen. Weder der Marchese noch seine Frau waren leichtgläubig, und Wände konnten nicht nur Ohren, sondern auch Augen haben. Während er den Löffel zum Mund führte, betrachtete er die tapezierten Wände, deren Muster Geheimtüren verbergen mochten. Da Sesto spielte ein gefährliches Spiel, schien mit dem Marchese befreundet und wollte ihn hintergehen. Immer vorausgesetzt, der Marchese gehörte nicht zu den Verrätern. Mari verschluckte sich und hustete.
    Die Marchesa reichte ihm ein Glas Wasser.

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