Die Tochter des Tuchhandlers
weiÃt gar nichts von meiner Mutter! Mit dir spreche ich nicht.« Den Mund zu einem schmalen Strich gepresst, malträtierte Alba das tote Tier.
»Oh!« Wütend hob die kräftige Plantilla den Eimer und machte Anstalten, ihn über Alba auszugieÃen.
»Plantilla! Genug jetzt. Alba, du entschuldigst dich bei Plantilla.« Beatrice begriff, dass das Mädchen seinen Platz in der Hierarchie der Dienerschaft einzunehmen hatte.
Unter den langen Wimpern flackerte es empört. »Nein. Sie hat meine Mutter beleidigt und ist dumm! Du kannst ja nicht mal lesen!« Alba sah die Köchin so abfällig an, dass es Beatrice wehtat.
War es verkehrt gewesen, dieses Mädchen zu Pater Aniani in die Schule zu schicken? »Alba! Du musst noch viel lernen. Plantilla durfte nicht zur Schule gehen. Es ist schlecht und zeugt von Hochmut und falschem Stolz, wenn man kein Mitgefühl für andere hat. Tut mir leid, Alba, aber du musst demütiger werden. Wenn du mit dem Huhn fertig bist, schrubbst du den Boden in Küche und Halle, und anschlieÃend gehst du zu den Mägden in der Waschküche. Es gibt genügend Leinen, das gekocht werden muss.«
Die Lippen weià vor unterdrückter Wut, befolgte Alba Beatrices Befehle.
»Da hast duâs, Soldatenbalg â¦Â« Triumphierend schwang Plantilla ihren Eimer.
»Sie ist bestraft worden, Plantilla. Das genügt, und du hältst deine Zunge in Zukunft im Zaum!« Verärgert wandte sich Beatrice ab.
Alessandros Brief knisterte in ihrem Ãrmel und erinnerte sie daran, sich mit seinem Inhalt auseinanderzusetzen. Ohne sich weiter um die schmollende Alba zu kümmern, ging Beatrice zwischen Knechten, Pferden und Kisten die Arkaden hindurch in den Garten. Sie war zutiefst dankbar dafür, dass Lorenza sich nicht für die Natur interessierte, denn so blieb der Garten ihre Zuflucht. Seit kein Frost mehr zu erwarten war, hatte sie begonnen, Töpfe mit blühenden Sträuchern, kleinen Palmen und Zitronenbäumchen aus den Gewächshäusern herbringen zu lassen. Neben der Steinbank standen nun zwei rund beschnittene Buchsbäume, und nach ihren Anweisungen hatten die Gärtner Rosensträucher und Blumenbeete beschnitten und neu angelegt.
Die Geräusche aus Hof und Haus waren nur noch gedämpft zu vernehmen, als sie sich auf der Bank niederlieà und den Brief aus dem Ãrmel zog. Singvögel zwitscherten in den Bäumen, und auf der Mauer, die den gesamten Garten bis zum Palazzo umgab, hockte die braun-weiÃe Katze. Zwei Rosensträucher, an denen rosa Blüten standen, verströmten einen zarten Duft. Seufzend strich sie das Papier glatt und überflog erneut den Inhalt, der sie heute Morgen so erschreckt hatte. Der Bote erwartete eine sofortige Antwort, doch sie hatte ihn vertröstet.
Alessandro benötigte sofort achtzigtausend Scudi, um Verluste, die er an der Börse gemacht hatte, decken zu können. Diese Summe war erheblich, wenn sie bedachte, dass es sich um ein Fünftel der jährlichen gabella maggiore , der Gesamtsteuerabgaben, der Buornardis handelte. Alessandro erklärte in seinem Brief, dass er unter anderem Anteile an slowakischen Silberminen und einer Schiffseignergesellschaft gekauft hatte, die auf der Route Tana, Trabzon, Konstantinopel, Negroponte bis ins Mittelmeer fuhr. Mehrere unglückliche Faktoren hatten zu Alessandros Misere geführt: Drei Schiffe der Flotte waren von Piraten gekapert worden, die wertvolle Fracht war damit verloren, zudem hatte sich die Silbermine als erschöpft erwiesen, und der Bankier, bei dem Alessandro seine Reserven in Antwerpen deponiert hatte, war bankrottgegangen und vor seiner Bank hingerichtet worden. Diese drakonische Strafe war zwar ein abschreckendes Beispiel für andere Bankiers, doch den Gläubigern war das Geld dadurch nicht wiederbeschafft worden.
Es half alles nichts, sie musste Ser Buornardi die finanzielle Krise möglichst schonend beibringen, denn nur er und Federico waren befugt, die Familienfinanzen zu ordnen. Wenn Alessandro kein Geld erhielt, geriet die Familie in Misskredit und er ins Gefängnis. Seufzend erhob sie sich, steckte den Brief in den Ãrmel zurück und ging zu den Rosensträuchern. Die Blütenkelche öffneten sich gerade, und sie konnte nicht widerstehen, einige Zweige abzubrechen, um sie in ihrem studiolo in eine Vase zu stellen. Mit den Blumen im Arm schlenderte sie langsam zurück. Die
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