Die Tochter von Avalon - Avalon High
meine -«
Da wandte er mir sein Gesicht zu, und ich sah ein Lachen auf seinen Lippen.
Aber, merkwürdigerweise, nicht in seinen Augen. Der Blick, mit dem er mich ansah, strahlte Ruhe und Entschlossenheit aus, genau wie seine Stimme ein paar Stunden früher, als er mit Rick gesprochen hatte. Mir war klar, dass er längst nicht mehr herumalberte.
»Elle«, sagte er. »Nimm sie einfach.«
Ich nahm sie.
Es war die erste Blume, die ich jemals von einem Jungen geschenkt bekommen hatte.
Kein Wunder, dass mein Herz noch Stunden, nachdem er mich zu Hause abgesetzt und sich verabschiedet hatte, in einem ziemlich holprigen Takt schlug.
7
Vergessen waren Tuch und Mühn.
Man sah sie hin zum Fenster gehn,
Sie sah die Wasserlilien blühn,
Seine Feder im Sonnenlicht glühn,
Sie schaute hinab nach Camelot.
Als ich mir an diesem Abend den alten Artus für mein Literaturprojekt vorknöpfte - was gar nicht so einfach war, denn ich hatte Wills Rose in einer Vase neben mein Bett gestellt, und nun wanderte mein Blick alle ein bis zwei Minuten dorthin -, fand ich ein paar überraschende Dinge heraus. So was, wie das Zeug aus dem Musical Camelot - das meine Mutter liebt und das ich mir deshalb Zehntausende von Malen hatte anhören müssen -, darüber, wie König Artus all diese Heldentaten vollbrachte, seine Leute aus dem finsteren Mittelalter führte und sie gegen die Angelsachsen verteidigte. Und wie er diese arrangierte Ehe mit einer gewissen Prinzessin Guinevere einging, die ihm dann schließlich den Laufpass gab wegen seines Lieblingsritters Lancelot (der im gleichen Atemzug Elaine von Astolat, der Lady von Shalott, wegen Guinevere den Laufpass gab, was wiederum zur Folge hatte, dass Elaine die Heldin im neuen Buch meiner Mutter wurde).
Die Geschichte ist wahrscheinlich wirklich passiert.
Bloß dass Lancelot nicht derjenige war, der - wegen
Guinevere - am Ende Artus tötete: Sein Halbbruder Mordred kümmerte sich stattdessen darum. Der war nämlich eifersüchtig auf Artus’ Leistungen und seine Beliebtheit beim Volk, und so schmiedete er den Plan, ihn zu töten, um anschließend selbst den Thron besteigen - und einigen Quellen zufolge irgendwann sogar Königin Guinevere heiraten - zu können.
Die Pendragons waren noch verkorkster als die meisten anderen Familien. Jerry Springer würde sie lieben .
Keine zehn Pferde hätten mich dazu gebracht, das in Gegenwart meiner Eltern zuzugeben, aber die ganze Artus-Geschichte war irgendwie cool. Der Grund, warum es so viele Filme und Bücher und Gedichte und Musicals über König Artus gibt - ganz zu schweigen von unserer Highschool, die nach der mythischen Insel Avalon benannt ist, auf die er sich am Ende zurückzog, um zu sterben -, ist der, dass sich anhand seiner Geschichte die historische Heldentheorie belegen lässt: Ein Einzelner - keine Armee, kein Gott, kein Superheld, sondern ein ganz gewöhnlicher Mensch - kann manchmal die Fähigkeit besitzen, den Lauf globaler Geschehnisse für immer zu verändern.
Was laut einem anderen Buch meiner Mutter der Grund dafür ist, dass es da diese große Vereinigung - und das erfinde ich nicht - von Leuten gibt, die denken, dass Artus, der von der Herrin vom See auf die heute nicht mehr existierende Insel Avalon gebracht worden war, in Wahrheit gar nicht tot ist, sondern nur schläft, und dass es seine Bestimmung ist, erst dann zu erwachen, wenn er wirklich gebraucht wird.
Das ist mein voller Ernst. Diese Gruppe von Versagern nennt sich selbst der Orden des Bären, denn König Artus’
Spitzname lautete Bär . Sie glauben, dass er eines Tages aufwachen und die moderne Welt von heute aus dem finsteren Mittelalter herausführen und in eine neue Ära der Erleuchtung geleiten wird, genauso, wie er es vor fünfzehnhundert Jahren getan hat. Das Einzige, das ihn den Glaubensbrüdern zufolge davon abhält, zu erwachen, sind die Mächte der Finsternis.
Hm. Schon klar.
Ich versuchte jedoch, meine Skepsis bezüglich der Existenz solch dunkler Mächte nicht in den Referatsentwurf einfließen zu lassen, den ich für Mr. Mortons Stunde vorbereiten musste.
Und selbstverständlich erwähnte ich meinen Eltern gegenüber nicht, dass ich an einem Projekt über König Artus arbeitete. Weil ich wusste, dass sie in ihrer Begeisterung über das Thema anfangen würden, mich so lange mit Quellenmaterial zu bombardieren, bis ich schreiend aus dem Haus rannte. Es gibt Dinge, die sagt man seinen Eltern besser nicht.
Wie zum Beispiel das mit dem
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