Die Tochter von Avalon - Avalon High
»Geht’s wieder?«, während er gleichzeitig meine Taille und meine Hand losließ.
»Klar«, sagte ich mit einem nervösen Lachen. »Tut mir leid.«
Aber es tat mir nicht leid. Besonders, da die beiden Stellen, an denen er mich berührt hatte, noch immer prickelten. So als wären sie versengt … aber auf eine angenehme Weise.
Wir begannen aus der Schlucht zu klettern, wobei Will voranging und höflich Brombeerzweige zur Seite hielt oder mir bei den steileren Abschnitten, die mit meinen Laufschuhen schwer zu erklimmen waren, die Hand reichte.
Falls er bemerkte, dass jedes Mal, wenn seine Finger meine berührten, Funken meinen Arm hochzuschießen schienen, dann ließ er sich das nicht anmerken. Stattdessen redete er über meine Eltern.
Ja. Meine Eltern.
»Ihr drei seid lustig zusammen«, sagte er.
»Sind wir?«
Das war mir neu. Ich meine, ich weiß, dass mein Vater lustig aussieht, mit seinem Armleuchterriemen und dem Ganzen. Aber den hatte er gar nicht aufgehabt, als Will bei uns gewesen war. Und meine Mom sieht überhaupt nicht lustig aus. Tatsächlich ist sie ziemlich attraktiv. Bis sie ihren Mund aufmacht und anfängt, über dunkle Brauen, die im Licht erstrahlen, und all das zu sprechen.
»Ja«, bestätigte Will. »Die Art, wie sie dich hochnehmen, weil du die Poolfilter immer so sauber hältst. Und wie du sie anschließend zurückgehänselt hast wegen der
Schlange. Das war witzig. Ich könnte mit meinem Vater nie so herumalbern. Das Einzige, worüber er jemals mit mir reden will, ist, auf welche Schule ich nächstes Jahr gehe.«
»Oh«, sagte ich, froh darüber, dass wir meine Eltern nun abgehakt hatten. »Stimmt. Du machst ja im Frühling deinen Abschluss.«
»Ja. Und mein Vater will, dass ich anschließend auf die Akademie gehe.«
Was, wie ich mittlerweile herausgefunden hatte, die hier übliche Kurzform für die Marineakademie war. Nur dass in dieser Gegend niemand überhaupt jemals die offizielle Bezeichnung benutzt. Sie heißt immer nur »die Akademie«.
Ich dachte darüber nach, wie es wohl wäre, einen Vater zu haben, der beim Militär und damit so organisiert war. Ich wette, Wills Dad hätte ihm nie ein Lunchpaket mitgegeben, bei dem Kartoffelsalat dabei war.
Andererseits wette ich aber auch, dass er niemals die Warnung auf den aufblasbaren Flößen bezüglich der Tankstellen-Luftdruckgeräte ignoriert hätte.
»Nun«, sagte ich und stellte mir vor, wie Will wohl in so einer weißen Uniform aussehen würde, wie sie die Middies immer beim Stadtbummel trugen. Ziemlich gut, schätzte ich. Höchstwahrscheinlich sogar sehr gut. »Es ist eine ausgezeichnete Schule. Und eine mit den schwierigsten Aufnahmebedingungen im ganzen Land.«
»Ich weiß«, sagte Will achselzuckend und hielt dabei einen besonders dornigen Zweig aus dem Weg, damit ich darunter hindurchgehen konnte. »Und ich habe die richtigen Noten und Testergebnisse und das ganze Zeug. Aber
weißt du, ich bin mir nicht sicher, ob ich zum Militär gehen möchte. Neue Orte kennen lernen. Neue Menschen treffen. Und sie dann umbringen.«
»Nun«, sagte ich noch einmal, während ich mir vorzustellen versuchte, wie so etwas sein musste. »Hast du das erwähnt? Deinem Vater gegenüber, meine ich?«
»Ja, klar.«
»Und«, fragte ich, nachdem von Will nichts mehr kam. »Was sagt er dazu?«
Will zuckte wieder mit den Achseln. »Er ist ziemlich ausgerastet.«
»Oh«, sagte ich und dachte an meinen eigenen Vater. Er und meine Mom rieten Geoff und mir ständig, Professoren zu werden, weil Professoren während des Sommers freihaben und pro Semester nur ein oder zwei Kurse geben müssen.
Aber ich würde lieber Glasscherben essen, als ständig irgendwelche akademischen Schriftstücke produzieren zu müssen, so wie meine Eltern. Das sage ich ihnen auch regelmäßig.
Allerdings rasten sie nicht aus, wenn ich das tue.
»Was willst du denn sonst machen?«
»Ich weiß nicht«, erwiderte Will. »Mein Vater sagt, dass die Wagner-Männer schon immer eine militärische Laufbahn eingeschlagen haben« - er hob die Hände und zeichnete Anführungszeichen in die Luft, bevor er in sarkastischem Tonfall fortfuhr -, »wodurch sie halfen, die Welt zu einem besseren Ort zu machen.« Dann ließ er seine Hände sinken. »Und ich will ja helfen, die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Das will ich wirklich. Aber nicht, indem ich Leute in die Luft jage.«
Ich dachte an die kleine Szene zurück, die ich in der Schule beobachtet hatte, und an die Art, wie Will
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