Die Tochter von Avalon - Avalon High
mit mir. So schlimm kann es doch nicht sein.«
Es folgte eine Pause. Und dann hörte ich, wie der Riegel zurückgeschoben wurde, bevor Jennifer - die selbst mit
rot geränderten Augen noch fantastisch aussah - schließlich aus dem Klo kam, wobei sie sich die Augen mit dem langen Ärmel ihres Cheerleader-Sweatshirts trocknete.
»Sa-sag es niemandem«, bat sie mich und sah dabei mit großen, verängstigten Augen zu mir hoch. »Dass du mich hier beim Heulen erwischt hast. Auch nicht diesen Klatschtanten aus dem Laufteam, mit denen du immer rumhängst. Okay? Weil die mich sowieso schon genug hassen und es dadurch nur noch schlimmer werden würde.«
»Ich werde es mit keinem Wort erwähnen«, versprach ich und zog dabei ein paar Papierhandtücher aus dem Spender an der Wand, die ich ihr reichte, nachdem ich sie am Waschbecken ein bisschen nass gemacht hatte. »Aber sie hassen dich nicht.«
»Machst du Witze?« Jennifer betupfte ihre Augen mit den Papiertüchern. »Jeder hasst mich. Wegen dem, was ich Will angetan habe.«
»Nicht jeder hasst dich«, widersprach ich. » Ich hasse dich nicht. Und Will auch nicht.«
Zu meiner Bestürzung fing Jennifer daraufhin wieder zu weinen an, gerade als ich dachte, sie hätte aufgehört.
»Ich weiß «, rief sie unter Tränen. »Das ist das Schlimmste daran. Will ist heute Morgen zu mir gekommen und war dabei so unglaublich süß! Er hat gemeint, er wüsste, dass Lance und ich nicht vorgehabt hätten, ihn zu verletzen, und dass es für ihn völlig okay sei, dass wir beide nun zu-zusammen sind. Er hat sogar gesagt, dass wir seiner M-meinung nach ein schönes Paar abgeben. Lance und ich. Oh mein Gott. Ich wollte sterben!«
»Warum?«, fragte ich und tätschelte dabei ihren Arm - ich schätze, um sie zu trösten. »Glaubst du ihm nicht?«
»Natürlich glaube ich ihm«, erwiderte Jennifer mit einem verwunderten Lachen. »Ich meine, das ist ja schließlich eins der Dinge, die Will so besonders machen - dass er niemals lügt. Nicht mal, damit sich jemand besser fühlt. Na ja, wenn man krank ist, würde er vielleicht trotzdem sagen, dass man toll aussieht oder so was in der Richtung. Aber nicht bei - niemals bei wichtigen Dingen. Deshalb weiß ich, dass er die Wahrheit gesagt hat. Aber das ist ja gerade der springende Punkt. Das mit Lance und mir macht ihm wirklich nichts aus. Er ist einfach so … nett.«
Etwas Kaltes griff nach meinem Herzen, doch dann sagte ich mir, dass meine Reaktion dumm war. Und selbstsüchtig.
»Willst du denn wieder mit ihm zusammen sein?«, fragte ich sie wesentlich gelassener, als ich mich fühlte. Weil mir natürlich plötzlich bewusst wurde, wie sehr ich gehofft hatte, dass Will, jetzt wo er frei war, aufhören würde, uns nur als gute Freunde zu betrachten und mehr als … nun, was auch immer.
Aber falls er und Jennifer wieder zusammenkamen, würde das garantiert nie passieren.
»Ich weiß nicht«, sagte sie jämmerlich. »Ein Teil von mir wird ihn immer lieben. Aber der Rest … Hältst du es für möglich, dass man zwei Jungen gleichzeitig lieben kann?«
Hilflos zuckte ich die Achseln. »Keine Ahnung. Ich meine, ich war erst ein einziges Mal verliebt -«
»In Will, stimmt’s?«, fragte Jennifer und wischte sich dabei über die Augen.
Ich starrte sie total geschockt an. »W-was? Nein! Natürlich nicht! Ich habe diesen anderen Jungen gemeint. Ähm, diesen Jungen namens Tommy -«
»Ist schon okay«, beruhigte mich Jennifer daraufhin. Sie hatte wieder zu weinen aufgehört und nestelte nun ihr Make-up aus ihrer Handtasche, um ein paar Reparaturarbeiten vorzunehmen. »Ich meine, ich bin deswegen nicht sauer auf dich. Außerdem wärt ihr zwei ein niedliches Paar. Ihr seid beide so dunkel. Und so groß.«
Ich hatte das Gefühl, würgen zu müssen. »Das - das ist nicht das, was ich für ihn empfinde.«
»Nicht?« Sie schürzte die Lippen und betupfte sie mit Lipgloss. »Jedenfalls mag er dich. Und zwar seit dem Moment, als er dich zum ersten Mal gesehen hat. An jenem Tag im Park, erinnerst du dich? Es ist fast so, als würde er dich aus einem anderen Leben kennen oder so was in der Art.«
Ich lächelte kläglich. Denn wenn das, was Mr. Morton über mich glaubte, der Wahrheit entsprach - was nicht der Fall war -, war logischerweise nicht ich diejenige, die Will in einem früheren Leben gekannt hatte. Diese Ehre gebührte einzig und allein Jennifer.
»Er mag mich bloß als Freund«, sagte ich zum scheinbar millionsten Mal an diesem Tag.
»Da wäre
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