Die Todesbotin
Ehefrau. Und dann der Neffe, der nach dem Titel giert, dem
aber die Zeit knapp wird, weil Lady Mapleton durchaus imstande ist, rechtzeitig
einen Erben zu produzieren und den ehrgeizigen Neffen aus dem Feld zu schlagen.
Und die Nichte, nicht zu vergessen.«
»Die hält sich wohl für eine
Stute«, sagte ich. »Ihr Pech ist nur, daß die Hengste schon von weitem vor ihr davonlaufen .«
»Alles Tarnung«, meinte Burke.
»Ich glaube, die ist nicht halb so dumm, wie sie tut. Bei unserer Versammlung
könnte sie durchaus die Lady Macbeth abgeben .«
»Und Sie sind auch nicht so
dumm, wie Sie tun«, stellte Boris fest.
»Wir alle haben unsere
Tarnung«, grinste Burke ihn an. »Sie selbst sind niemals so betrunken, wie Sie
tun, und Baker hier ist nicht so naiv, wie er uns glauben machen möchte .«
»Naiv ?« fragte ich empört. »Ich bin der raffinierteste Mensch, den ich kenne !«
»Was meine Behauptung nur
beweist«, fuhr Burke fort. »Ich ahne schon, daß unser Besuch im Burgverlies
höchst interessant werden wird. Ich kann es fast nicht abwarten .«
»Oh, ich schon«, meinte Boris
düster.
Burke trank sein Glas aus und
stellte es auf die Bar zurück, dann verließ er das Zimmer. Boris nippte nur an
seinem Wodka und starrte gedankenverloren vor sich hin.
»Weißt du was ?« sagte ich. »In mir verdichtet sich die Hoffnung, daß ich mir über dieses
Drehbuch keine Sorgen zu machen brauche. Es schreibt sich schon fast von selbst .«
»Freut mich für dich,
Towarischtsch .« Boris starrte noch immer Löcher in die
Luft.
»Der Haken ist nur«, fuhr ich
fort, »daß ich mir alle zehn Finger gebrochen habe und niemals imstande sein
werde, es niederzuschreiben .«
»Fein .« Boris nickte geistesabwesend.
»Du hörst mir ja gar nicht zu !«
»Wie recht du hast !« sagte er. »Und auch das freut mich .«
»Der Wodka hier ist gerade
ausgegangen«, knurrte ich.
»Was?« Boris starrte mich leichenblaß an. »Das ist nicht wahr! Es kann nicht wahr
sein .«
»Wie schön, daß ich deine
Aufmerksamkeit wieder habe«, meinte ich. »Worüber hast du bloß nachgedacht ?«
»Über Lord Mapleton«, sagte er.
»Was Burke da über Mordgedanken gesagt hat, will mir überhaupt nicht behagen.
Ohne Mapleton gibt es für uns keinen Film .«
»Richtig«, sagte ich.
»Jedenfalls gibt es darauf nur
eine Antwort .« Boris’ Gesicht hellte sich auf, und er
trank sein Glas schwungvoll leer. »Du mußt eben dafür sorgen, Larry, daß er am
Leben bleibt .«
»Ich?«
»Wenn jemand Anstalten dazu
macht, ihn umzubringen, wirfst du dich einfach dazwischen«, schlug er vor.
»Einen neuen Drehbuchautor findet man immer .«
Während ich noch an meiner Wut
würgte, betrat Filippa Jordan das Zimmer. Statt der Dinnerrobe trug sie jetzt
einen Pullover und eine engsitzende, lange Hose.
»Wo sonst als an der Bar könnte
ich euch beide auch finden ?« strahlte sie. »Es wird
Zeit fürs große Abenteuer, Leute .«
»Ich kann’s kaum erwarten«,
grollte ich.
»Nicht doch, Larry.« Sie lächelte
mich strahlend an. »Heute dürfen Sie nicht den Spaßverderber spielen. Denken
Sie doch daran, welche Köstlichkeiten Sie nach dem Besuch im Burgverlies
erwarten .«
»Es hat mir mal gehört«,
sinnierte ich. »Und seit es mir abhanden gekommen ist, vermisse ich es doch
sehr .«
»Herrgott, wovon faseln Sie da ?« fuhr sie mich an.
»Von meinem Schicksal«,
erläuterte ich. »Wie schön war’s doch, es selbst in der Hand zu haben. Aber
dann stürzte sich gestern nacht ein Testpilot auf mich und nahm es mir weg. Jetzt bin ich nichts als ein
willenloser Sexsklave .«
»Was für ein schreckliches Wort !« schüttelte sich Boris. »Hoffentlich taucht es nicht auch
im Drehbuch auf .«
»Was fehlt dir denn, Larry ?« Filippa betrachtete mich besorgt. »Reizt Désiree dich
etwa nicht ?«
»Nicht so wie du«, gestand ich
aufrichtig.
»Das ist nett von dir«,
lächelte sie. »Aber ich habe kein Geld .«
»Also, ab nach Sibirien mit
Filippa«, krähte Boris vergnügt. »Es lebe Désiree !«
5
Als wir uns um fünf Minuten vor
Mitternacht in der großen Halle versammelten, wirkten unsere Reihen etwas
gelichtet. Lord Mapleton war natürlich erschienen, auch wir drei: Filippa,
Boris und meine Wenigkeit. Mapleton trug ein kariertes Wollplaid und eine große
Taschenlampe.
»Meine Frau kommt nicht mit«,
brummte er. »Ist in ganz schlechter Form. Die erste Ehefrau seit Jahrhunderten,
die sich weigert, ihre Pflicht zu erfüllen. Von den anderen
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