Die Todesbotin
eine anstrengende Liebesnacht verbracht ?«
»Anstrengend ist richtig«,
stimmte ich zu.
»Prima!« Er lächelte müde.
»Dann ist unsere Gastgeberin ja glücklich .«
»Beth Allard ist glücklich«,
verbesserte ich ihn. »Es war eine Verwechslung. Aber das wurde mir erst klar,
als Désiree genau im falschen Moment hereinplatzte .«
»Verdammte Scheiße !« fluchte Boris. »Dann bedeutet dies für uns das Ende .«
»Ihre Worte gestern
nacht geben dir recht«, seufzte ich. »Was meinst du, Boris, soll ich
ihnen aus Höflichkeit noch von dem Körper erzählen, ehe wir verschwinden ?«
»Von Beths Körper?« Bedächtig
wiegte er den Kopf. »Ich glaube kaum, daß sie sich für die intimeren Details
interessieren .«
»Von Calvin Burkes Körper«,
sagte ich. »Er ist immer noch unten in der Folterkammer, in der Eisernen
Jungfrau .«
Boris legte den Löffel weg und
starrte mich an. »Für deine Späßchen ist es noch zu früh am Morgen, Larry«,
sagte er. »Heb’ sie für dein Drehbuch auf. Oh, ich vergaß: es wird gar kein
Drehbuch geben .«
»Aber es stimmt«, sagte ich.
»Ich...«
Ich unterbrach mich, weil Lord
Mapleton in diesem Augenblick das Speisezimmer betrat. Er bediente sich mit
einer großen Portion Fisch, goß sich vorsichtig eine Tasse Tee ein, kam dann zu
uns herüber und setzte sich neben mich.
»Guten Morgen«, sagte er.
»Morgen«, antwortete ich
höflich.
»Ein guter Morgen war es«,
murmelte Boris, »bis Baker eintrat .«
Mapleton wandte mir seine
blutunterlaufenen Augen zu. »Sie haben mich mißverstanden, Slaker«, sagte er.
»Die Frau, nicht die Nichte. Hat keinen Sinn, die Nichte zu schwängern .«
»Eine Verwechslung«,
entschuldigte ich mich. »Ich kann es Ihnen erklären, aber Sie werden mir nicht
glauben .«
»Zu spät«, brummte er. »Désiree
will Sie hinauswerfen. Jetzt gleich. Weckte mich zu nachtschlafender Zeit und
hörte nicht auf zu keifen, bis der Morgen anbrach. Glaube ich jedenfalls. Ich
selbst bin nämlich zwischendurch wieder eingeschlafen, deshalb entging mir
glücklicherweise das meiste .«
»Okay«, nickte ich müde. »Ich
breche gleich nach dem Frühstück auf .«
»Reden Sie keinen Unsinn !« fuhr Mapleton mich ungeduldig an.
»Dann eben nach dem Mittagessen ?« erkundigte ich mich.
»Kann’s nicht zulassen, daß die
Frau in allem ihren Kopf durchsetzt«, sagte Mapleton energisch. »Sonst wird sie
nur immer unerträglicher. Die Vorbereitungen für den Film gehen weiter, Slaker.
Aber Désiree ist Ihr Problem. Da geben Sie mir doch recht ?«
»Natürlich gibt er Ihnen
recht«, mischte Boris sich hastig ein.
»Sehr anständig von Ihnen, Sliwitz .« Mapleton nickte Boris
kurz und anerkennend zu. »Kann mir zwar nicht denken, Slaker, wie Sie es jetzt
noch schaffen wollen. Vielleicht mit Vergewaltigung? Locken Sie sie
irgendwohin, wo es ruhig ist und Sie allein sind. Lassen Sie sich nicht mit
einem Nein abspeisen. Denken Sie daran, lange wird sie sich nicht sträuben. Ein
Blick auf einen steifen Schwanz, und Désiree ist zu allem bereit .«
»Ich muß Ihnen etwas mitteilen,
Lord Mapleton«, sagte ich in offiziellem Ton. »Jemand hat Calvin Burke in der
letzten Nacht ermordet. Seine Leiche steht in der Eisernen Jungfrau, unten in
der Folterkammer .«
»Ich verabscheue schwarzen
Humor«, sagte er gereizt, »besonders am Frühstückstisch .«
»Es ist aber wahr«, sagte ich.
»Lächerlich !« grunzte er.
»Jemand hatte ihn gestern abend in sein Zimmer eingeschlossen«, erzählte ich.
»Deshalb konnte er auch nicht mit uns ins Burgverlies gehen. Dann lieh er sich
den Schlüssel von Ihnen, um selbst nachzusehen, stimmt’s ?«
»Stimmt nicht«, sagte Mapleton
knapp.
»Er muß es aber getan haben«,
beharrte ich. »Er verließ nämlich mein Zimmer, um bei Ihnen nach dem Schlüssel
zu fragen. Wie sonst wäre er ins Burgverlies gekommen ?«
»Jedenfalls nicht mit meinem
Schlüssel«, sagte Mapleton. »Wenn er die Unverschämtheit besessen hätte, zu
dieser späten Stunde mein Schlafzimmer zu betreten, hätte ich ihn eigenhändig
hinausgeworfen .«
»Weißt du genau, daß du das
Ganze nicht bloß geträumt hast, Towarischtsch ?« fragte
Boris hilfreich.
»Aber sicher !« knurrte ich. »Burkes Leiche in der Eisernen Jungfrau, das viele Blut auf dem
Fußboden, die Falltür im Kerker und der geheime Gang, der hinter Lady
Christines Porträt mündet — alles bloß ein Traum. Nur ein Wunder, daß ich nicht
über Nacht weiße Haare bekommen habe!«
Endlich merkte
Weitere Kostenlose Bücher