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Die Todesbotschaft

Die Todesbotschaft

Titel: Die Todesbotschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Kornbichler
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sagte, ich hätte versucht, mein Baby zu töten.« Den Blick immer noch zu Boden gerichtet, wartete sie, dass Doktor Radolf darauf einging, dass er ihr die Last abnahm, ihr versicherte, dieser Satz sei Unsinn. Aber auch er schien zu warten. »Das stimmt nicht, oder?«, fragte sie nach einer fast unerträglichen Ewigkeit. Ihre Stimme war nur noch ein Flüstern. »Das kann nicht stimmen. Das ist doch völlig ausgeschlossen. Oder?«
    »Warum meinen Sie, es sei ausgeschlossen, Gesa?«
    »Weil ich mein Kind liebe.« Sie hob den Blick und forschte in seinem Gesicht, ob sie darin Abscheu erkannte. Aber er sah aus wie immer, genauso müde und genauso verständnisvoll.
    »Für manche Mutter ist genau das der Grund, ihr Kind zu töten«, sagte er. »Sie versucht dadurch, es vor Unheil zu beschützen. Gab es denn ein Unheil, vor dem Sie Ihr Kind hätten beschützen wollen, Gesa?« Er stützte das Kinn auf die gefalteten Hände und legte den Kopf schief.
    »Ein Unheil?«, wiederholte sie seine Worte und versuchte, die Wand einzureißen, die sie von ihrer Erinnerung trennte. Aber sie war glatt und fest. Es gab nicht einmal ein kleines Loch, an dem sie hätte ansetzen können. Verzweifelt schüttelte sie den Kopf. »Ich kann mich nicht erinnern.« Dieser Satz war wie ein Lufthauch, der einen Moment lang zwischen ihnen schwebte, bevor er sich in nichts auflöste. Genau wie ihre Hoffnung.

[home]
    5
    D er steile Weg durch den Wald führte über Baumwurzeln und Geröll. Nach einer halben Stunde war ich so außer Atem, dass wir eine Pause einlegen mussten. Gegen die gewaltige Wurzel eines umgestürzten Baumes gelehnt trank ich die Flasche Wasser leer, die ich in meinem Rucksack mitgenommen hatte. Ich würde sie in null Komma nichts wieder ausgeschwitzt haben.
    Der Regen, der in der Nacht gefallen war, brachte den Wald zum Dampfen. Zum Glück drang die Sonne nicht durch die Blätter. Sonst wäre es unerträglich gewesen.
    Amelie hatte Kerstin und mich zu einer Wanderung zur Königsalm überredet, um so der bleiernen Traurigkeit zu entkommen. Ich hatte versucht, mich damit herauszureden, dass am Sonntag viel zu viele Menschen dorthin unterwegs sein würden. Aber dieses Argument hatte meine Schwester nicht gelten lassen.
    Die meisten würden den Versorgungsweg zur Alm dem weit anstrengenderen Aufstieg durch den Wald vorziehen. Wir würden also weitgehend allein dort sein. Und sie hatte recht behalten. Außer uns war dort an diesem Vormittag nur noch ein älteres, überaus sportliches Ehepaar unterwegs.
    Meine Schwester schien ihre Schwangerschaft nicht zu beeinträchtigen. Sie lief immer ein paar Meter voraus, während Kerstin hinter mir ging, mich antrieb wie eines ihrer Pferde und sich über die Idioten aufregte, die ihren Müll in die Landschaft warfen.
    Nach zwei Dritteln des Weges versperrte ein umgestürzter Baum den Pfad. Während Amelie und ich uns bückten, um darunter hindurchzukommen, hievte Kerstin sich hoch und balancierte auf dem Stamm.
    »Komm da runter«, schimpfte ich. »Das ist viel zu gefährlich. Willst du dir das Genick brechen?«
    Aber ich erntete nur ihren Spott. »Angsthase!« Konzentriert setzte sie einen Fuß vor den anderen, wendete und tat wieder ein paar Schritte. »Probier es doch auch mal, Finja. Das trainiert deinen Gleichgewichtssinn.«
    »Ich bin im Gleichgewicht.« Zur Sicherheit schob ich Amelie vor mir her, damit sie nicht auf die Idee kam, es ihrer Freundin gleichzutun. Wir hatten erst wenige Meter zurückgelegt, als Kerstin wieder aufschloss.
    Dort, wo die Serpentinen in einen Querweg übergingen, lichtete sich der Wald, und wir passierten eine Stelle, an der ein Sturm erheblichen Kahlschlag zurückgelassen hatte. Zu unserer Rechten ging es steil bergab.
    Ich konzentrierte mich auf den Weg, um nicht über eine der Baumwurzeln zu stolpern und abzurutschen. Nach eineinhalb Stunden verließen wir den Wald und liefen schließlich zwischen Jungkühen hindurch über die Geißalm.
    »Na klasse«, fluchte Amelie neben mir. Sie war in einen Kuhfladen getreten und rümpfte die Nase.
    »Das bringt Glück«, sagte ich und sah dabei zu, wie sie versuchte, die weiche Masse am Gras abzustreifen.
    »Na, wenn das so ist …« Kerstin nahm Anlauf und sprang laut johlend von einem Kuhfladen zum nächsten. Schließlich blieb sie stehen und betrachtete zufrieden das Ergebnis.
    »Du bist und bleibst ein Ferkel«, sagte Amelie im Vorbeigehen zu ihr.
    Ich zog meine Digitalkamera aus dem Rucksack und fotografierte Kerstin

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