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Die Todesbotschaft

Die Todesbotschaft

Titel: Die Todesbotschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Kornbichler
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verstecken. Leider auch hier Fehlanzeige. Enttäuscht beeilte ich mich, den Mechanismus zum Schließen in Gang zu setzen.
    Als das Bild wieder an Ort und Stelle war, atmete ich auf und ließ mich in den Schreibtischstuhl fallen. Auch wenn sich meine Hemmungen, in den Sachen meines Vaters zu wühlen, mittlerweile in Grenzen hielten, fühlte ich mich alles andere als gut dabei. Es war, als hätte ich für nichts und wieder nichts eine unsichtbare Schranke durchbrochen und wäre auf Terrain geraten, für das ich überhaupt nicht gerüstet war.
    Je länger ich darüber nachdachte, desto sicherer war ich mir, dass der Brief noch existierte. Wenn ich mir darüber hinaus vergegenwärtigte, dass mein Vater vorhatte, seine eigenen Leute ermitteln zu lassen, würde er den Brief vermutlich im Büro verwahren. Im Ergebnis war das für mich gleichbedeutend, als habe er ihn vernichtet.
    Ich erhob mich aus dem Drehstuhl und sah mich noch einmal um, ob auch alles unverändert an Ort und Stelle war. Als ich gerade die Tür hinter mir ins Schloss zog, hörte ich meinen Vater in der Halle mit jemandem reden. Obwohl ich seinen Blicken verborgen war, fühlte ich mich ertappt. Ich huschte ich in die Küche, nahm eine Flasche Apfelsaft aus dem Kühlschrank und hielt sie wie ein Alibi vor mich. Dabei lauschte ich auf die Stimmen.
    Allem Anschein nach sprach mein Vater mit zwei Kriminalbeamten. Sie schlugen vor, auch meine Mutter und mich zu der Befragung hinzuzubitten, was mein Vater mit den Worten quittierte, beide Frauen hätten einen Nervenzusammenbruch erlitten und seien nicht in der Verfassung für ein Gespräch.
    Ich wartete ab, bis er sie in sein Arbeitszimmer gelotst hatte, um dann zwei Stufen auf einmal nehmend die Treppe hochzustürmen. In ausgefransten Jeans und Wickelbluse würde ich neben meinem üblicherweise in Maßanzüge aus feinstem Zwirn gekleideten Vater vielleicht nicht die Wirkung erzielen, auf die ich es abgesehen hatte. In Windeseile durchsuchte ich den Kleiderschrank meiner Mutter, nahm einen schmal geschnittenen schwarzen Hosenanzug vom Bügel und zog ihn an. Im Bad kämmte ich meine Haare streng nach hinten, um sie mit einer Hornspange zusammenzufassen. Zehn Minuten später drückte ich mit pochendem Puls die Türklinke zum Arbeitszimmer hinunter. Den drohenden Blick meines Vaters ignorierend begrüßte ich die beiden Kripobeamten und setzte mich in den noch freien Ledersessel.
    »Ich nehme an, wir haben alles Notwendige besprochen, meine Herren«, sagte mein Vater, stand auf und stützte sich mit einer Hand auf seiner Sessellehne ab. »Sollten sich noch Fragen ergeben, erreichen Sie mich jederzeit auf meinem Handy. Meine Karte haben Sie ja.«
    Die beiden Männer machten jedoch keine Anstalten, sich zu erheben.
    »Haben Ihre Untersuchungen schon irgendetwas ergeben?«, fragte ich. »Gibt es irgendwelche Spuren, die …?«
    »Finja, dazu ist es noch viel zu früh«, unterbrach mich mein Vater.
    Ich hielt meinen Blick auf die beiden Beamten gerichtet und gab ihnen zu verstehen, dass ich mir von ihnen eine Antwort erhoffte.
    »Ihr Vater hat recht«, sagte der Ältere von ihnen.
    »Hat er Ihnen von der Todesanzeige erzählt?«
    »Finja, ich schlage vor, du legst dich wieder hin.« Der Tonfall meines Vaters war die reinste Fürsorge. »Ich verabschiede die Herren und komme dann gleich zu dir.«
    »Hat er Ihnen von der Todesanzeige erzählt?«, insistierte ich und sah zwischen den Beamten hin und her. »Also nicht. Dann tue ich es: Nach der Beerdigung von Kerstin Schormann klemmte an der Windschutzscheibe unseres Wagens eine Todesanzeige. Sie war ausgestellt auf meine Schwester Amelie. Ihr Tod war auf vergangenen Sonntag datiert.«
    Mein Vater ließ sich mit einem sehr beredten Stöhnen zurück in den Sessel sinken und schüttelte den Kopf.
    Ich ließ mich dadurch nicht beirren. »Meine Schwester ist die vierte Tote in unserem Umfeld innerhalb von zwei Wochen. Alle Toten sind Angehörige der Partner von
BGS&R
. Wer da noch an Zufälle glaubt, stellt sich blind.« Ich redete schnell und vergaß zwischendrin, Luft zu holen. »Irgendetwas äußerst Bedrohliches ist hier im Gange. Sie müssen etwas tun, bevor es noch jemanden trifft.« In diesem Moment richtete sich meine gesamte Hoffnung auf die zwei Männer von der Kripo. »Fragen Sie meinen Vater nach der Todesanzeige.«
    Der Ältere der beiden wandte sich an meinen Vater. »Können Sie uns dazu etwas sagen?«, fragte er.
    »Sehen Sie es meiner Tochter nach«, sagte er

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