Die Todesbotschaft
durchgegangen bin, ist mir ein Name aufgefallen: Hartwig Brandt. Bei ihm handelt es sich wohl auch um einen von Tobias’ Leuten. Möglicherweise haben die Partner also gar nicht über ein Feuer gesprochen, sondern über diesen Mitarbeiter.« Adrians Miene verdüsterte sich immer mehr. »Ich habe immer angenommen,
BGS&R
mache einen Bogen um den Schmutz, von dem die schwarzen Schafe der Branche leben.«
»Vielleicht ziehen wir die völlig falschen Schlüsse. Es könnte sich in Tobias’ Abteilung doch auch einfach um besonders sensible Thematiken drehen.«
»In unserer Branche ist jede Thematik sensibel, Finja, das weißt du so gut wie ich. Auch wenn es mir schwerfällt, aber vielleicht müssen wir uns wirklich mit der Tatsache vertraut machen, dass die Westen unserer Väter nicht ganz so weiß sind, wie wir es uns immer vorgestellt haben.«
Jetzt war ich diejenige, die aufsprang, um sich auf die Schaukel zu setzen. »Würde ich dieser Logik folgen, wären unsere Väter an dem, was geschehen ist, nicht schuldlos. Aber sie opfern doch nicht ihre Familienmitglieder für irgendeinen ominösen Auftrag. Zumal damit ja ganz offensichtlich nur Tobias befasst war, der wiederum der Einzige ist, der niemanden zu betrauern hat.« Ich nahm so viel Schwung, dass die Seile knarrten und Adrian skeptisch zur Decke schaute. »Vielleicht ist sogar er derjenige, der hinter alldem steckt. In Amelies Todesanzeige stand, ich sei ihre Halbschwester. Wer immer das so formuliert hat, muss unsere Familienverhältnisse sehr genau kennen.«
»Was ist denn das für ein Blödsinn?«, fragte Adrian. »Ihr und Halbschwestern? Lächerlich!«
»So ähnlich hat es mein Vater auch ausgedrückt«, entgegnete ich, um ihm die Geschichte zu erzählen, die sich vor knapp vierunddreißig Jahren zugetragen hatte.
Während Adrian zuhörte, wurde sein Blick immer ungläubiger, bis er mich in einer Weise ansah, als habe man mir einen Bären aufgebunden. »Wenn das wirklich stimmt, hätte doch irgendjemand in unseren Familien in all den Jahren mal ein Wort darüber verloren. Zuallererst meine Mutter. Sie hat solche Geschichten aufgesogen.«
»Hat sie mal davon erzählt, dass Tobias’ Verlobte umgebracht wurde?«
»Ich wusste nicht einmal, dass er eine hatte. Eigentlich dachte ich immer, er interessiere sich nicht für Frauen.«
»Allem Anschein nach hat er sich nur für diese eine interessiert. Mathilde hieß sie. Und sie war sehr hübsch. Vor ein paar Jahren hat er mir ein Foto von ihr gezeigt, damit ich sie auf seine Schlafzimmerwand male. Allerdings hat er mir gegenüber behauptet, es handle sich um eine Fremde.«
Adrian war der Alkohol allmählich anzuhören, als er mir entgegenhielt, dass Tobias nie und nimmer für die Todesfälle verantwortlich sein konnte. Er gehöre quasi zur Familie. Dass niemand von seiner Seite zu Tode gekommen sei, liege schlicht und einfach daran, dass er weder Frau noch Kinder habe, geschweige denn Geschwister. »Wen hätten sie da umbringen sollen?« Er schüttelte den Kopf. »Weißt du was, Finja, vielleicht verrennen wir uns da ganz fürchterlich in etwas. Vielleicht verbindet alle vier Todesfälle doch nur der Zufall.«
»Hätte ich die Briefumschläge an den Windschutzscheiben nicht gesehen und einen davon aufgemacht, würde ich dem vielleicht sogar zustimmen, aber …«
»Singular«, unterbrach er mich. »Sicher weißt du nur von einem. In dem anderen Brief könnte alles Mögliche gestanden haben.«
»Der, den Johannes bekommen hat, war mit Sicherheit auch so einer. Und ich vermute, es hat schon einen gegeben, bevor deine Mutter und Hubert verunglückt sind. Das würde bedeuten, dass jeder der Todesfälle angekündigt wurde.« Ich sprang von der Schaukel, ging zu Adrian, kniete mich vor ihn auf den Boden und suchte seinen Blick. »Einmal angenommen, es war alles genau so, dann stellt sich die Frage, wie Johannes nach dem, was deiner Familie widerfahren war, überhaupt noch an einer ernst gemeinten Drohung zweifeln konnte … Oder mein Vater. Vielleicht weil sie sich genauso wenig wie du vorstellen konnten, dass Tobias zu so etwas fähig sei?«
»Das glaube ich einfach nicht. Vielleicht war ihnen klar, worauf diese Drohungen abzielten. Und vielleicht war es ihnen unmöglich, darauf einzugehen.« Adrian wurde es zu viel, er wischte sich Tränen aus den Augenwinkeln.
Aber ich konnte es nicht gut sein lassen. »Hätten sie es tatsächlich gewusst, hätten sie für den bestmöglichen Schutz ihrer Familien sorgen
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