Die Todesbraut
war ein amerikanischer Stabsoffizier der CIA, der in der amerikanischen Botschaft in London arbeitete. Er hatte Belov beträchtlichen Ärger verursacht, und nachdem die Berliner Mauer gefallen war, schien er sich eng mit Belovs neuestem Rivalen, Mikhail Shimko, dem Nachfolger Ashimovs im Amte des diensthabenden Oberst des Londoner KGB, angefreundet zu haben.
Der CIA-Mann hieß Jackson, und sein Name tauchte zufällig während eines der gemeinschaftlichen Arbeitstreffen der Geheimdienste auf. Es hieß, er treffe sich des öfteren bei einer Adresse am Holland Park mit Mitgliedern einer in London tätigen ukrainischen Splittergruppe. Curry beobachtete ihn zu den angegebenen Zeiten und registrierte, daß Jackson nach den Treffen stets durch dieselben ruhigen Straßen spazierte, bevor er nach über einem Kilometer auf der Hauptstraße ein Taxi herbeiwinkte.
Nach dem nächsten Treffen wartete Lang in einem kleinen Ford-Lieferwagen an einem von Belov ausgesuchten geeigneten Punkt an Jacksons Route. Als Jackson vorbeikam, stieg Lang mit einer gestrickten schwarzen Maske vor dem Gesicht aus, schoß ihn von hinten ins Herz, anschlie ßend in den Kopf, stieg wieder ein und fuhr davon. Den Lieferwagen stellte er in einem Bauhof in Bayswater ab, der ihm ebenfalls von Belov angegeben worden war. Dann ging er, leise vor sich hin pfeifend, davon.
Eine halbe Stunde später erhielt ein junger Reporter in der Nachrichtenredaktion der London Times den Telefonanruf, in dem sich der »30. Januar« zu dem Mord bekannte.
Die britische Regierung gestattete es den USA, London vorübergehend mit CIA-Agenten zu überfluten, die Jacksons Mörder dingfest machen sollten. Wie üblich, wenn es sich um Attentate des »30. Januar« handelte, zogen auch sie eine Niete nach der anderen. Daß die Morde, zu denen sich diese Terrorgruppe seit Ali Hamids Tod be kannte, durchweg mit einer Beretta neun Millimeter ausgeführt worden waren, war ebenso bekannt, wie die Bedeutung des Datums » 30. Januar.« Die Verbindung zum »Bloody Sunday« hätte eine Verquickung mit irischrevolutionären Gruppen nahegelegt. Aber selbst die IRA tappte mit ihren Ermittlungen im dunkeln. Schließlich wurden die Agenten der CIA abgezogen.
Sowohl der Geheimdienst der britischen Armee als auch MI 5, Scotland Yards Antiterroreinheit, scheiterten mit ihren Nachforschungen. Sogar der hochrespektierte Brigadier Charles Ferguson, Chef der Spezialeinheit, die einzig und allein dem Premierminister selbst verantwortlich war, konnte lediglich Mißerfolge in die Downing Street melden.
Es war im Januar 1990, die kommunistisch dominierte Regierung Ostdeutschlands war zusammengebrochen, als Lang und Curry eine kulturelle Veranstaltung der amerikanischen Botschaft besuchten. Es waren mindestens einhundertfünfzig Besucher anwesend, darunter auch Belov, den sie an der Champagnerbar antrafen. Sie nahmen ihre Gläser und suchten sich in einem Vorraum einen Tisch.
»Na, im Moment zerbröckelt euch ja alles unter den Fingern, Yuri«, spottete Lang. »Erst fällt die Mauer, nun zerfällt Ostdeutschland, und ein kleines Vögelchen zwitschert mir ins Ohr, daß die Duma demnächst das Machtmonopol der kommunistischen Partei in Rußland abschaffen wird.«
Yuri zuckte mit den Schultern. »Aus Aufruhr entsteht Stärke. Das ist unvermeidlich. Nehmen Sie doch die Situa tion in Deutschland. Gegenwärtig ist Westdeutschland wirtschaftlich das stärkste Land Westeuropas. Wenn aber nun Ostdeutschland an Bord genommen wird, werden sich Konsequenzen ergeben, die man noch gar nicht abschätzen kann. Mit Sicherheit kann man aber jetzt schon behaupten, daß sich in ökonomischer Hinsicht verheerende Auswirkungen einstellen werden. Und dann wird sich wieder einmal die Machtbalance in Europa grundlegend verändern. Erinnern Sie sich daran, was ich vor langer Zeit einmal sagte? Chaos ist unser Geschäft.«
»Wenn man darüber nachdenkt, glaube ich fast, Sie haben recht«, sagte Lang.
»Natürlich hat er recht«, meinte Curry und nickte bekräftigend.
»Ich habe immer recht.« Belov hob sein Glas. »Auf eine neue Weltordnung, meine Freunde, und auf uns. Man weiß nie, was hinter der nächsten Ecke auf uns lauert.«
»Stimmt«, fügte Lang hinzu. »Das macht das Leben so aufregend.«
Sie ließen ihre Gläser aneinanderklingen und tranken.
4. K APITEL
Rupert Langs Worte sollten sich schneller bewahrheiten, als er ahnte. Es sollte sich etwas
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