Die Todesgöttin
bis er an eine Wand gelangte, an der er links vorbeigehen musste, um die Quelle des Lichts zu erreichen.
Jetzt sah Jim es deutlicher.
Das Licht wurde tatsächlich von den Innenwänden des Dschungeltempels abgestrahlt.
Er schüttelte den Kopf. So etwas hatte er noch nie erlebt. Das konnte einfach nicht wahr sein, denn normal war dies nicht, sondern ein unerklärliches Phänomen.
Die Göttin!
Zum erstenmal sah er eine Statue der Göttin Kali in dieser imponierenden Größe. Überrascht blieb der Pilot stehen. Er wurde fasziniert und abgestoßen zugleich, sein Adamsapfel bewegte sich auf und ab, als er hastig schluckte.
Jim Marlowe, Abenteurer und Pilot, erlebte die Todesgöttin Kali in all ihrem Schrecken. Er sah die Gestalt mit den schwarzen, blutgetränkten Haaren, das grausame Gesicht, die Kette aus Menschenköpfen, und seine Beine zitterten, als er näher heranging.
Fast wäre er über einen dunklen Gegenstand gestolpert, der auf dem Boden lag.
Sofort blieb er stehen und senkte den Blick.
Jim Marlowe glaubte, verrückt zu werden. Vor ihm lag ein Mensch ohne Kopf, nur noch ein Torso, inmitten einer Lache aus dunklem Blut.
Das rötliche Licht reichte aus, um erkennen zu können, wen er hier vor sich hatte.
Archibald Waynright, den Archäologen. Er hatte seine Neugierde mit dem Leben bezahlt.
Doch wo war sein Kopf?
Schwer nur hob der Pilot den Blick. Ein schrecklicher Verdacht war in ihm aufgekeimt. So schrecklich und grauenhaft, dass er zögerte, ihn sich bestätigen zu lassen.
Aber er konnte nicht anders.
Wiederum traf sein Blick die Statue der Göttin.
Wie unter einem Peitschenhieb zuckte er zusammen, als er das Grauenvolle erkannte.
Jim wusste jetzt, wo sich der Kopf des Archäologen befand. Er bildete das letzte Glied der makaberen Kette, die um den Hals der Totengöttin hing.
Starre, verdreht wirkende Augen starrten den Piloten an, die Haare hingen feucht und wirr in die Stirn des Schädels, und das Maul der Totengöttin hatte sich zu einem diabolischen Grinsen verzogen, das den Triumph kennzeichnete, den sie empfand.
Dieser Anblick war zuviel für Jim Marlowe.
Auf dem Absatz machte er kehrt und verließ fluchtartig den Tempel des Grauens…
***
Meine Zigarette war erst zur Hälfte herabgebrannt, als ich sie im Standascher verschwinden ließ. Ich selbst blieb im Sessel neben dem Ascher sitzen und ließ mich weiterhin vom Lärm der großen Flughafenhalle umbranden.
Mir kam es vor, als würde halb London verreisen und die andere Hälfte käme zurück. An diesem Tag war es wirklich schlimm.
Von hier aus ging es in alle Welt. Auch ich war oft genug von Heathrow gestartet, allerdings wollte ich an diesem Tag nicht fliegen, sondern mit beiden Beinen auf der guten Mutter Erde bleiben.
Ich hatte eine Verabredung. Suko, frischgebackener Inspektor, hielt im Büro die Stellung, während man mich zum Flughafen beordert hatte.
Man, das war in diesem Falle ein Mensch namens Bill Conolly und neben Suko mein bester Freund.
Bill hatte etwas aufgeschnappt, was mich interessieren sollte. Als ich nachfragte, zeigte er sich ziemlich verschlossen, hatte jedoch versprochen, mit seinem Informanten am Flughafen zu erscheinen, wo ich mehr erfahren sollte.
So war ich losgebraust und wartete nun in der Nähe des India-Airline-Schalters auf den Reporter und dessen Informanten. Die Sitzfläche des Ledersessels war schräg nach hinten geneigt. Ich hing mehr in dem Möbel, als dass ich saß, und ich schaute den Menschen nach, die an mir vorbeihasteten.
Irgendwie machten sie alle einen geplagten Eindruck. Da war das flüchtige Schauen auf die Uhr, die manchmal nachdenklichen oder sorgenvollen Gesichter der Manager, deren Hände fast verbissen die Griffe der schwarzen Diplomatenkoffer umklammerten.
Bunt gekleidete Frauen lockerten das Bild der sich bewegenden Menschenmenge auf. Ich sah zahlreiche hübsche Girls, oft übertrieben modisch gekleidet, lässig und mit arroganten Blicken, die nur dann aufleuchteten, wenn sie einen Mann sahen, der nach Manager und Geld förmlich roch.
Mich übersahen die schicken Mädchen. Tragisch nahm ich es nicht.
Zudem war ich auch nicht hergekommen, um zu flirten, ich wartete auf Bill Conolly.
Er hatte sich schon verspätet.
Highnoon sollte der Treffpunkt sein. Zwölf Uhr mittags, das hatte der Reporter großspurig erklärt. Jetzt war er bereits zehn Minuten über die Zeit, und von ihm sah ich immer noch nichts, obwohl ich aufstand und mich auf den Zehenspitzen langsam im Kreis
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