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Die Todesliste

Die Todesliste

Titel: Die Todesliste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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es sei, die religiösen Fanatiker oben in Bajaur zu überreden, die Polioschutzimpfung der einheimischen Kinder zuzulassen. Der Spürhund wusste, dass ein Mann anwesend war, dessentwegen er gekommen war, und ein anderer noch nicht erschienen war. Die übrigen Gäste waren »Tarnung«, wie das ganze Abendessen.
    Der noch Fehlende kam schließlich mit seinen Eltern. Der Vater war ein offener, leutseliger Mann. Er hatte Konzessionen für den Abbau von Halbedelsteinen in Pakistan und sogar in Afghanistan und schilderte wortreich die Probleme, die seinen Geschäften durch die derzeitige Situation bereitet wurden.
    Der Sohn war ungefähr fünfunddreißig und begnügte sich damit zu sagen, er sei in der Army, doch er trug Zivil. Auch über ihn war der Spürhund informiert worden.
    Der zweite amerikanische Diplomat wurde als Kulturattaché Stephen Dennis vorgestellt. Eine gute Tarnung, denn es war völlig normal, dass der Presseattaché einen prominenten amerikanischen Journalisten zum Abendessen einlud und dass der Kulturattaché ebenfalls dazukam.
    Der Spürhund wusste jedoch, dass es sich in Wirklichkeit um die Nummer zwei der CIA -Niederlassung handelte. Der Stationschef wurde offiziell als Nachrichtendienstoffizier geführt – mit anderen Worten, die CIA machte kein Hehl daraus, wer er war und was er tat. In jeder Botschaft auf heiklem Territorium besteht das Vergnügen darin herauszufinden, wer die »inoffiziellen« sind. Die gastgebende Regierung hat meistens ein paar Vermutungen, und ein paar davon treffen zu, aber sicher kann man nie sein. Die »Inoffiziellen« betreiben Spionage, und dazu benutzen sie meist einheimische Staatsbürger, die sich »umdrehen« ließen und bereit waren, für einen neuen Arbeitgeber tätig zu sein.
    Es war ein geselliges Essen mit Wein und später auch Johnnie Walker Black Label, der im gesamten Offizierscorps – muslimisch oder nicht – das Getränk der Wahl ist. Als die Gäste sich zum Kaffee zerstreuten, nickte Steve Dennis dem Spürhund zu und schlenderte auf die Terrasse hinaus. Der Spürhund folgte ihm, und als Dritter kam der junge Pakistani.
    Nach wenigen Sätzen war klar, dass er nicht nur der Army, sondern auch dem SIS angehörte. Wegen der westlichen Ausbildung, die sein Vater ihm hatte ermöglichen können, hatte man ihn ausgesucht, damit er die britische und amerikanische Gesellschaft in der Stadt infiltrierte und alles Brauchbare meldete, was ihm zu Ohren kam. Tatsächlich tat er jetzt das Gegenteil.
    Steve Dennis war ihm schon nach wenigen Tagen auf die Schliche gekommen und hatte ihn angeworben. Dschawad war ein Maulwurf der CIA im ISI geworden. An ihn war das Ersuchen des Spürhunds geleitet worden. Unter einem unauffälligen Vorwand hatte er das Archiv aufgesucht und die Unterlagen über das Jahr 2002 und Mullah Omar durchsucht.
    »Wer immer Ihre Quelle war, Mr. Priest«, sagte er leise, »sie hat ein gutes Gedächtnis. 2002 war tatsächlich eine geheime Delegation in Quetta zu einer Zusammenkunft mit Mullah Omar, geführt von dem damaligen Ein-Stern-General Schaukat, der inzwischen Oberbefehlshaber der gesamten Army ist.«
    »Und der Junge, der Paschtu sprach?«
    »Das wird nicht erwähnt, aber – ja. Es heißt nur, dass ein Major Muscharraf Ali Schah von den Panzergrenadieren zur Delegation gehörte. Bei den Sitzplatzzuweisungen im Flugzeug und für das Hotelzimmer seines Vaters in Quetta findet sich auf der Liste ein Sohn namens Zulfikar.«
    Er holte einen Zettel aus der Tasche und reichte ihn herüber. Darauf stand eine Adresse in Islamabad.
    »Weitere Erwähnungen des Jungen?«
    »Ein paar. Ich habe noch einmal unter seinem Namen und dem seines Vaters nachgesehen. Anscheinend machte er eine schlechte Entwicklung. Es wird erwähnt, dass er sein Elternhaus verließ und in die Stammesgebiete ging, um sich Laschkar-e-Taiba anzuschließen. Wir hatten da viele Jahre lang mehrere Agenten tief im Innern. Die Rede war von einem jungen Mann, einem fanatischen Dschihadisten, der scharf darauf war, etwas zu tun. Es gelang ihm, in die Brigade 313 aufgenommen zu werden.«
    Von der 313 hatte der Spürhund schon gehört. Sie war nach den 313 Kriegern benannt, die dem Propheten gegen viele hundert Feinde beigestanden hatten.
    »Dann verschwand er wieder. Unsere Quellen sprechen von Gerüchten, nach denen er sich dem Hakkani-Clan angeschlossen habe. Das dürfte ihm dank seiner Paschtukenntnisse gelungen sein, denn etwas anderes sprechen die nicht. Aber wo? Irgendwo in einem der

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