Die Todesliste
schickte ihn ab. Er trug den Titel »Eine morgendliche Rundfahrt durch das faszinierende Islamabad«, war grenzenlos langweilig und würde niemals das Tageslicht erblicken.
Er hatte keinen Laptop mitgebracht, denn er wollte nicht, dass eine ihm gehörende Festplatte ausgebaut und analysiert wurde. Stattdessen benutzte er den Computerraum des Serena. Tatsächlich wurde seine Sendung abgefangen und gelesen, und zwar von demselben im Keller operierenden Beamten, der auch den Brief des Presseattachés kopiert und abgeheftet hatte.
Zu Mittag aß er im Restaurant des Hotels, dann informierte er die Rezeption, er werde einen Spaziergang machen. Als er hinausging, stemmte sich ein ziemlich rundlicher Mann, zehn Jahre jünger als er, aber mit einer Neigung zur Fettleibigkeit, aus einem Sofa in der Lobby, drückte seine Zigarette aus, faltete seine Zeitung zusammen und folgte ihm.
Der Spürhund mochte der Ältere sein, doch er war ein Marine und trieb gern Power Walking. Nach zwei langen Alleen musste der Verfolger joggen, um mitzukommen, pustend, keuchend und schweißgebadet. Als er den Spürhund schließlich doch aus den Augen verlor, dachte er an den Bericht vom Vormittag. Bei seinem zweiten Ausflug an diesem Tag wollte der Amerikaner sicher noch einmal zu British Suiting. Der Geheimpolizist ging in dieselbe Richtung. Er war besorgt. Er hatte unnachsichtige Vorgesetzte, an die er denken musste.
Als er den Kopf durch die Tür des Schneidergeschäfts streckte, verflogen seine Sorgen. Ja, der Amerikaner war tatsächlich da, aber er war »nach hinten gegangen«. Der Verfolger lungerte vor dem Mobilink-Gebäude herum, fand einen einladenden Eingang, lehnte sich dort an die Wand, faltete die Zeitung auseinander und zündete sich eine Zigarette an.
Tatsächlich hatte der Spürhund nicht eine Minute hinten verbracht. Nach der Begrüßung hatte er mit verlegenem Getue erklärt, er habe sich den Magen verdorben, und ob er wohl noch einmal die Toilette benutzen dürfe. Ja, er kenne den Weg schon.
Ein feringhee mit einem verdorbenen Magen ist so vorhersehbar wie der Sonnenaufgang. Er schlüpfte zur Hintertür hinaus, lief durch den Hinterhofdurchgang und hinaus auf eine Hauptstraße. Ein vorbeifahrendes Taxi sah ihn winken und hielt am Straßenrand. Diesmal war es ein echtes Taxi, und am Steuer saß ein einfacher pakistanischer Fahrer, der seinen Lebensunterhalt verdienen musste. Mit Ausländern kann man immer die lange, landschaftlich schönere Strecke fahren, ohne dass sie es merken, und Dollars sind Dollars.
Der Spürhund wusste, dass er einen Umweg nahm, aber er wollte kein Aufsehen erregen. Einige Zeit später bezahlte er für eine Fünf-Dollar-Strecke mit einem Zwanziger und wurde an einer Straßenkreuzung in der Rosa Zone am Rand von Rawalpindi abgesetzt, wo die Offiziershäuser stehen. Als das Taxi verschwunden war, legte er die letzten zweihundert Meter zu Fuß zurück.
Das kleine Haus war bescheiden, adrett, aber kaum großzügig. Auf dem Namensschild stand in Englisch und Urdu: Col. M. A. Schah . Er wusste, bei der Army fing man früh an und machte früh Feierabend. Auf sein Klopfen hörte er ein Schlurfen, und die Tür öffnete sich eine Handbreit. Drinnen war es dunkel, ein dunkles Gesicht, verhärmt, aber früher einmal schön. Mrs. Schah? Kein Hausmädchen, kein wohlhabender Haushalt.
»Guten Tag, Ma’am. Ich möchte mit Colonel Ali Schah sprechen. Ist er da?«
Drinnen rief eine Männerstimme etwas auf Urdu. Sie drehte sich um und antwortete. Die Tür öffnete sich weit, und ein Mann mittleren Alters erschien. Sauber geschnittenes Haar, ein gestutzter Schnurrbart, glatt rasiert, sehr militärisch. Er trug keine Uniform, sondern zivile Freizeitkleidung, und trotzdem strahlte er Aufgeblasenheit aus. Doch seine Überraschung angesichts eines Amerikaners im dunklen Anzug war echt.
»Guten Tag, Sir. Habe ich die Ehre, mit Colonel Ali Schah zu sprechen?«
Er war nur Lieutenant Colonel, aber er würde nicht widersprechen. Und die Formulierung der Frage konnte nicht schaden.
»Ja, allerdings.«
»Heute ist mein Glückstag, Sir. Ich hätte ja angerufen, nur hatte ich Ihre Privatnummer nicht. Ich hoffe, ich komme nicht in einem ungünstigen Augenblick.«
»Na ja, äh, nein, aber was …«
»Tatsache ist, Colonel, mein guter Freund General Schaukat hat mir gestern Abend beim Essen erzählt, Sie seien der Mann, mit dem ich über mein Anliegen reden müsse. Könnten wir …?«
Der Spürhund deutete ins Haus, und der
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