Die Todesliste
ausgedehnten Gebiet des alten Rawalpindi, und wenn man das Flughafengelände verlassen hat, führt die Straße auf den Highway nach Islamabad. Da das Serena, das einzige erdbebensichere Hotel in Slammy, am Stadtrand liegt, war der Spürhund überrascht, als der Wagen in eine scharfe Kurve einbog – rechts, links und vorbei an einer Schranke, die für normale Gästeautos geschlossen sein würde, für die Limousine des Hotels aber offen stand. Über eine kurze, aber steile Rampe ging es hinauf zum Eingang.
An der Rezeption wurde er mit Namen begrüßt, und man führte ihn auf sein Zimmer. Ein Brief mit dem Logo der amerikanischen Botschaft erwartete ihn. Der Spürhund strahlte und gab dem Pagen ein Trinkgeld. Er tat, als ahnte er nicht, dass die Geheimpolizei sein Zimmer verwanzt hatte, und öffnete den Brief. Der Presseattaché der Botschaft begrüßte ihn in Pakistan und lud ihn für den Abend zum Essen in seinem Haus ein. Gerry Byrne, lautete die Unterschrift.
Von der Vermittlung des Hotels ließ er sich mit der Botschaft verbinden, verlangte Gerry Byrne zu sprechen und wechselte mit ihm die üblichen Höflichkeitsfloskeln. Ja, der Flug sei angenehm gewesen, das Zimmer sei ebenso angenehm, und er werde gern zum Essen kommen.
Gerry Byrne war ebenfalls entzückt. Er wohne in der Stadt, in Zone F7, Straße 43. Der Weg sei kompliziert, und deshalb werde er einen Wagen schicken. Es werde unterhaltsam werden. Nur eine kleine Gruppe von Freunden, ein paar Amerikaner, ein paar Pakistani.
Beide wussten, dass noch jemand an ihrer Unterhaltung teilnahm und das Gespräch wahrscheinlich eher langweilig als unterhaltsam finden würde. Er würde an einer Konsole im Keller einer Ansammlung von Lehmziegelbauten zwischen Rasenflächen und Springbrunnen sitzen, die eher aussah wie eine Universität oder wie eine Klinik, nicht wie das Hauptquartier einer Geheimpolizei. Aber genau so sieht der Sitz des ISI an der Straße Khayaban-e-Suhrawardy aus.
Der Spürhund legte auf. So weit, so gut, dachte er. Er duschte und rasierte sich und zog frische Sachen an. Es war spät am Vormittag. Er beschloss, früh zu Mittag zu essen und ein Nickerchen zu machen, um den verlorenen Schlaf der vergangenen Nacht nachzuholen. Vor dem Lunch ließ er sich ein großes, kaltes Bier aufs Zimmer bringen und unterschrieb eine Erklärung, mit der er bestätigte, kein Muslim zu sein. Pakistan ist ein streng islamischer Staat und daher »trocken«, aber das Serena hat eine Lizenz, wenn auch nur für Gäste.
Pünktlich um sieben war der Wagen da, ein (aus gutem Grund) unauffälliger japanischer Viertürer. Von dieser Sorte waren Tausende auf den Straßen von Slammy unterwegs. Er würde keine Aufmerksamkeit erregen. Am Steuer saß ein angestellter Fahrer der Botschaft, ein Pakistani.
Der Fahrer kannte den Weg – die Atatürk Avenue hinauf, über die Jinnah Avenue hinweg und dann nach links in die Straße Nazim-ud-din. Der Spürhund kannte den Weg ebenfalls, jedoch nur, weil unter den Sachen, die ihm der Kurier aus Langley auf dem Flughafen Dubai gegeben hatte, eine Beschreibung gewesen war. Eine reine Vorsichtsmaßnahme. Seinen ISI -Beschatter hatte er schon an der nächsten Ecke hinter dem Serena entdeckt. Er folgte ihm wie ein treuer Hund an den Hochhäusern vorbei und die Marvi-Straße hinauf bis zur Straße 43. Nichts Überraschendes also. Der Spürhund mochte keine Überraschungen, wenn er sie nicht selbst hervorrief.
Über der Haustür hing kein Schild mit der Aufschrift »Regierungseigentum«, aber es hätte genauso gut dort hängen können. Angenehm und geräumig genug, eins von einem Dutzend Häusern für Botschaftsangestellte außerhalb der Botschaft. Gerry Byrne und seine Frau Lynn begrüßten ihn und führten ihn auf eine Terrasse hinter dem Haus, wo sie ihm einen Drink anboten.
Es hätte beinahe aussehen können wie in einem amerikanischen Vorort, wenn da nicht ein paar Details gewesen wären. Jedes Haus in der Straße 43 war von einer über zwei Meter hohen Mauer mit Stahltoren in gleicher Höhe umgeben. Das Tor hatte sich ohne jede Kommunikation geöffnet, als hätte drinnen ein Beobachter gesessen. Der Wachmann trug eine schwarze Uniform, Baseballkappe und eine Pistole. Wie in einem normalen Vorort.
Ein pakistanisches Ehepaar war schon da, ein Arzt und seine Frau. Bald kamen noch andere. Ein Wagen der Botschaft fuhr auf das Grundstück, andere parkten auf der Straße. Ein Ehepaar von einer Hilfsorganisation konnte berichten, wie schwierig
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