Die Todesliste
das nichts.
»Hi, hier ist Dan Priest. Ich wollte nachfragen, ob Sie das Material zur traditionellen Musik des Pandschab und der Stammesgebiete inzwischen auftreiben konnten.«
»Allerdings«, sagte der CIA -Mann.
»Prima. Ich kann einen guten Artikel daraus machen. Könnten Sie es mir ins Serena bringen? Wir trinken einen Tee in der Lounge.«
»Warum nicht, Dan? Passt es Ihnen um sieben?«
»Ausgezeichnet. Bis dann.«
Beim Tee erklärte der Spürhund, was er für den nächsten Tag brauchte. Dann wäre Freitag, und der Colonel würde zum Gebet des muslimischen heiligen Tages in die Moschee gehen. Er würde nicht wagen, es zu versäumen. Aber begleitende Ehefrauen waren nicht erforderlich. Das hier war nicht Camp Lejeune.
Als der CIA -Mann gegangen war, ließ der Spürhund sich vom Concierge einen Platz für den Abendflug der Qatar Airways nach Katar reservieren, mit Anschluss an die British-Airways-Maschine nach London.
Am nächsten Morgen, als er die Rechnung bezahlte und mit seinem Trolley das Hotel verließ, war der Wagen da. Ein unauffälliges Fahrzeug, wie üblich, aber mit einem CD -Kennzeichen, sodass man nicht eindringen und die Insassen behelligen durfte.
Am Steuer saß ein weißer, grauhaariger Amerikaner mittleren Alters, ein erfahrener Botschaftsangestellter, der lange genug in dieser Stadt herumkutschiert war, um sie bestens zu kennen. Bei ihm war ein junger Nachwuchsmitarbeiter des Außenministeriums, der in der Heimat in einem Sprachkurs Paschtu als Spezialfach gewählt und gelernt hatte. Der Spürhund setzte sich nach hinten und gab die Adresse an. Sie fuhren die Rampe vor dem Serena Hotel hinunter, und ihr ISI -Beschatter schloss sich an.
Am Ende der Straße, in der Lieutenant Colonel Ali Schahs Haus stand, hielten sie an und warteten, bis jeder männliche Bewohner der Straße sich auf den Weg zum Freitagsgebet in die Moschee gemacht hatte. Erst dann ließ der Spürhund sich zum Haus fahren.
Wieder war es Mrs. Schah, die ihm öffnete. Sie geriet sofort in Aufregung und erklärte auf Paschtu, ihr Mann sei nicht da. Er komme erst in einer Stunde zurück, vielleicht später. Der Mann von der Botschaft antwortete, der Colonel habe sie gebeten, auf ihn zu warten. Sie war verunsichert, weil er ihr keine entsprechenden Anweisungen gegeben hatte, aber sie ließ sie trotzdem eintreten und führte sie ins Wohnzimmer. Verlegen wartete sie dort, ohne sich zu setzen oder hinauszugehen. Der Spürhund deutete auf den Sessel, der ihm gegenüberstand.
»Bitte, Mrs. Schah, erschrecken Sie nicht, mich wiederzusehen. Ich möchte mich wegen gestern entschuldigen. Ich wollte Ihren Mann nicht kränken. Ich habe ein kleines Geschenk mitgebracht, um meinem Bedauern Ausdruck zu geben.«
Er stellte eine Flasche Black Label auf den Kaffeetisch. Sie hatte auf seinen Wunsch im Wagen gelegen. Die Frau lächelte nervös, als der Übersetzer ihr alles erklärte, und nahm dann Platz.
»Ich hatte keine Ahnung von einem Bruch zwischen Vater und Sohn«, sagte der Spürhund. »Was für eine Tragödie. Man hatte mir gesagt, Ihr Junge – Zulfikar, nicht wahr? – sei so begabt, und er spreche Englisch wie auch Urdu und Paschtu, was er natürlich von Ihnen gelernt hat, oder?«
Sie nickte, und wieder stiegen ihr die Tränen in die Augen.
»Sagen Sie, haben Sie nicht irgendwo ein Bild von Zulfikar? Und sei es als kleiner Junge?«
Zwei dicke Träne liefen ihr über die Wangen. Keine Mutter vergisst den schönen kleinen Jungen, den sie einmal auf dem Schoß gehalten hat. Sie nickte langsam.
»Darf ich es sehen … bitte?«
Sie stand auf und ging hinaus. Irgendwo hatte sie ein Geheimversteck, wo sie ihrem Mann zum Trotz ein Foto des verlorenen Sohnes aufbewahrte. Als sie zurückkam, hielt sie einen ledernen Bilderrahmen in der Hand.
Es war ein Examensfoto. Zwei Jungen im Teenageralter grinsten vergnügt in die Kamera. Das Foto stammte aus den Tagen vor seiner Bekehrung zum Dschihad, aus der Zeit des sorglosen Schulabschlusses mit zusammengerollter Diplomurkunde und einer harmlosen Freundschaft. Der Spürhund brauchte nicht zu fragen, welcher von beiden der Sohn war. Der linke Junge hatte bernsteinhell leuchtende Augen. Er gab ihr das Foto zurück.
»Joe«, sagte er leise, »rufen Sie den Fahrer mit Ihrem Handy an. Er soll an die Tür klopfen.«
»Aber er wartet doch draußen.«
»Tun Sie, was ich sage.«
Der Mitarbeiter gehorchte. Mrs. Schah verstand nicht, was er sagte. Ein paar Sekunden später klopfte es hart an die
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