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Die Todesliste

Die Todesliste

Titel: Die Todesliste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Schreibmaterial saß ein Mann auf einem Drehstuhl. Er hatte der Tür den Rücken zugewandt. Der Somali ging zu ihm und sagte ihm leise etwas ins Ohr. Opal hätte schwören können, dass er jetzt ins Arabische gewechselt hatte. Er reichte dem Mann am Schreibtisch die Brieftasche und die Ausweispapiere.
    Opal sah, dass die Tasche, die er mitgebracht hatte, offen war. Mehrere Blätter lagen auf dem Schreibtisch. Der Mann, der da saß, drehte sich um, hob den Blick von der Brieftasche und starrte ihn an. Er hatte einen schwarzen Vollbart und bernsteinfarbene Augen.

ZEHN
    Kaum hatte die Malmö im zwanzig Faden tiefen Wasser der Bucht von Garacad den Anker geworfen, als drei Aluminiumboote vom Dorf auf sie zukamen.
    Dschimali und seine sieben Piraten brannten darauf, wieder an Land zu kommen. Sie waren zwanzig Tage auf See gewesen, die meiste Zeit eingepfercht in der Enge des taiwanesischen Trawlers. Ihr Vorrat an frischen Lebensmitteln war längst aufgebraucht, und sie hatten zwei Wochen lang von europäischem und philippinischem Essen gelebt, das sie nicht mochten. Sie sehnten sich nach ihrem heimischen Ziegenfleischeintopf und dem Gefühl von Sand unter den Füßen.
    Die dunklen Köpfe in den vom eine Meile weit entfernten Strand herankommenden Booten gehörten der Ablösungsmannschaft, die das vor Anker liegende Schiff bewachen würde, so lange es nötig war.
    Einer von denen, die da auf die Malmö zukamen, war kein zerlumpter Stammesangehöriger. Im Heck des dritten Bootes saß ein sauber gekleideter Somali in einem gut geschnittenen, hellbraunen Safarianzug und hielt einen Attachékoffer auf den Knien. Das war Mr. Abdi, al-Afrits auserwählter Unterhändler.
    »Jetzt geht’s los«, sagte Kapitän Eklund auf Englisch, der Sprache, in der sich die Schweden, die Ukrainer, der Pole und die Filipinos an Bord verständigten. »Wir müssen Geduld haben. Überlasst das Reden mir.«
    »Nicht sprechen!«, fauchte Dschimali. Ihm gefiel es nicht, wenn seine Gefangenen redeten, nicht einmal, wenn sie Englisch sprachen, denn er verstand es nicht besonders gut.
    Ein Fallreep wurde über die Reling herabgelassen, und die überwiegend halbwüchsigen Bewacher der Ablösung kamen an Bord. Sie schienen die Sprossen kaum zu berühren. Mr. Abdi, der nicht gern auch nur eine Meile weit draußen auf dem Meer war, ließ sich Zeit und klammerte sich beim Klettern fest an die Taue. Sein Attachékoffer wurde ihm heraufgereicht, als er auf dem Deck stand.
    Kapitän Eklund wusste nicht, wer er war, aber an der Kleidung und an den Manieren erkannte er, dass er es zumindest mit einem gebildeten Mann zu tun hatte. Er trat vor.
    »Ich bin Kapitän Eklund, Kommandant der Malmö «, sagte er, und Mr. Abdi streckte die Hand aus.
    »Ich bin Ali Abdi, Verhandlungsbeauftragter der somalischen Seite.« Er sprach ein fließendes, leicht amerikanisch gefärbtes Englisch. »Sie waren noch nie … wie soll ich es sagen … Gast des somalischen Volkes?«
    »Nein«, antwortete der Kapitän, »und ich wäre es auch jetzt lieber nicht.«
    »Natürlich nicht. Höchst beunruhigend aus Ihrer Sicht. Aber man hat Sie informiert, oder? Es gibt gewisse Formalitäten, die erledigt werden müssen, bevor sinnvolle Verhandlungen beginnen können. Je eher wir uns einig sind, desto schneller können Sie sich wieder auf den Weg machen.«
    Kapitän Eklund wusste, dass sein Arbeitgeber in weiter Ferne mit Versicherern und Anwälten in Klausur sitzen würde und dass auch sie einen Unterhändler benennen würden. Hoffentlich waren sie beide geschickt und erfahren, damit es rasch zur Lösegeldzahlung und Freilassung käme. Doch er kannte die Spielregeln nicht. Schnelligkeit lag jetzt ausschließlich im Interesse der Europäer.
    Abdi forderte als Erstes, auf die Brücke gebracht zu werden, um über das Satellitentelefon des Schiffs Kontakt mit der Leitzentrale in Stockholm und dann mit dem Verhandlungsbüro aufzunehmen, das sich vermutlich in London befinden würde, wo Lloyds beheimatet waren. Dort würde das Epizentrum der gesamten Verhandlung liegen. Aus der Höhe der Brücke ließ er den Blick über das Deck wandern.
    »Es wäre vielleicht ratsam«, sagte er leise, »Sonnensegel über die Lücken zwischen der Decksladung zu spannen. Dann kann Ihre Crew die Seeluft genießen, ohne von der Sonne gebraten zu werden.«
    Stig Eklund hatte vom Stockholm-Syndrom gehört: Zwischen Geiselnehmern und Gefangenen entstand eine Freundschaft auf der Grundlage großer Nähe zueinander. Er hatte

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