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Die Todesliste

Die Todesliste

Titel: Die Todesliste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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gewährt werden soll, der seine sündhaften Wege wahrhaft bereut. Möge Allah euch alle segnen und begleiten.«
    Der Bildschirm wurde dunkel. Das Telefon klingelte noch einmal. Tatsächlich klingelten Telefone überall in der umma , der Weltgemeinschaft des Islam, und aus vielen Hörern gellte Wutgeschrei.
    »Spürhund, was, zum Teufel, haben Sie da gemacht?«, fragte Gray Fox.
    »Ich hoffe, ich habe ihn soeben vernichtet«, sagte der Spürhund.
    Er erinnerte sich an etwas, das der kluge alte Gelehrte von der al-Azhar-Universität in Kairo ihm vor Jahren gesagt hatte.
    »Die Hetzprediger kennen vier Ebenen des Hasses. Vielleicht glauben Sie, ihr Christen stündet an oberster Stelle. Falsch – denn ihr glaubt an den einen und wahren Gott und seid daher genau wie die Juden ein Volk des Buches.
    Über euch stehen Atheisten und Götzenverehrer, die keinen Gott, sondern nur ein geschnitztes Bild haben. Darum haben die Mudschaheddin in Afghanistan die Kommunisten mehr gehasst als euch. Sie sind Atheisten.
    Über denen stehen in den Augen der Fanatiker die gemäßigten Muslime, die ihnen nicht folgen. Deshalb bemühen sie sich, jede prowestliche muslimische Regierung zu stürzen, lassen Bomben auf ihren Marktplätzen explodieren und töten muslimische Glaubensbrüder, die ihnen nichts getan haben.
    Aber am höchsten steht der Hund unter allen, denen man nicht verzeiht, nämlich der Abtrünnige, der den Dschihadismus aufgibt oder ihm abschwört und zum Glauben seiner Väter zurückkehrt. Für ihn kommt Vergebung nicht infrage. Ihn erwartet nur der Tod.«
    Dann hatte er Tee eingeschenkt und gebetet.
    Mr. Abdi saß in seiner Suite aus Schlaf- und Arbeitszimmer in der Festung hinter Garacad. Seine Hände lagen auf dem Tisch, und die Knöchel waren weiß vor Anspannung. Die halbmeterdicken Wände waren schalldicht, aber die Tür war es nicht, und er hörte das Geräusch von Peitschenhieben auf dem Korridor. Welcher bedauernswerte Dienstbote mochte das Missfallen seines Gastgebers erregt haben?
    Mit einem unverwechselbaren Klatschen traf das Folterinstrument, wahrscheinlich eine halbstarre Kamelgerte, auf das Opfer, und die roh behauene Holztür konnte die schrillen Schreie nach jedem Schlag kaum dämpfen.
    Ali Abdi war kein brutaler Mensch. Die Not der Seeleute, die auf ihren vor Anker liegenden Schiffen draußen unter der Sonne festgehalten wurden, war ihm bekannt, nur war das für ihn kein Grund zur Eile, wenn durch Verzögerungen ein höheres Lösegeld herauszuschlagen war. Für Misshandlungen jedoch hatte er nichts übrig – nicht einmal bei somalischen Dienstboten. Allmählich bereute er, dass er sich je bereit erklärt hatte, für diesen Piraten zu verhandeln. Der Mann war eine Bestie.
    Er wurde aschfahl, als er hörte, wie das Opfer zwischen zwei Schlägen um Gnade bettelte. Es sprach Schwedisch.
    Die Reaktion des Predigers auf die weltweite Ausstrahlung der von Tony Suarez vorgetragenen vernichtenden Worte war beinahe hysterisch.
    Da er seit drei Wochen keine Predigt mehr online gestellt hatte, sah er seine dschihadistische Website nicht, als der Auftritt veröffentlicht wurde. Einer seiner pakistanischen Leibwächter, der ein paar Worte Englisch sprach, machte ihn darauf aufmerksam. In fassungsloser Ungläubigkeit hörte er das Ende, und dann ließ er die Rede noch einmal laufen.
    Er saß vor seinem Desktop-Computer und schaute entsetzt zu. Das war gefälscht, natürlich war es gefälscht, aber es sah überzeugend aus. Die Ähnlichkeit war gespenstisch – Bart, Gesicht, Kleidung, Hintergrund, selbst die Augen: Er sah seinen Doppelgänger. Und es war seine Stimme.
    Das alles war jedoch nichts gegen das, was er sagte. Dieser formelle Widerruf war ein Todesurteil. Es würde Wochen dauern, die Gläubigen davon zu überzeugen, dass sie durch einen raffinierten Betrug getäuscht worden waren. Die Hausangestellten draußen hörten, wie er die Gestalt auf dem Bildschirm anschrie: Diese tauba sei eine Lüge, der Widerruf eine üble Unwahrheit.
    Als das Gesicht des fernen amerikanischen Schauspielers vom Monitor verschwunden war, saß der Prediger fast eine Stunde lang wie ausgehöhlt da. Und dann beging er seinen Fehler. In dem verzweifelten Wunsch nach jemandem, der ihm glaubte, nahm er Kontakt zu seinem einen wahren Freund auf, seinem Verbündeten in London. Per E-Mail.
    Cheltenham las mit, Fort Meade ebenfalls. Ein schweigender Colonel der Marines in einem Büro in der Londoner US -Botschaft. Gray Fox in Virginia, auf

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