Die Todesspirale
weiterlaufen zu lassen. Als die Tür zufiel, goss Janne sich Kaffee ein. Seine Hände wollten ihm nicht gehorchen, ein Teil des Kaffees landete neben der Tasse, und er starrte die Pfütze ratlos an. Ich nahm eine Serviette und wischte die Brühe auf.
Janne trank ein paar Schluck, dann schloss er erneut die Augen, als müsse er Kraft sammeln. Ich spürte, wie sich meine Bauchmuskeln verkrampften und mein Puls raste. Bekam ich jetzt ein Geständnis zu hören?
«Rami hat dir sicher von unserem letzten Training erzählt.
Wie heißt du noch gleich?»
«Maria Kallio. Ja, Luoto hat uns berichtet, dass es beim Training Streit gab.»
«Noora war absolut unmöglich. Sie wollte bei diesem blö
den Werbespot nicht mitmachen, sie begriff Ramis Erklärungen zu den Bewegungsabläufen nicht, ich hielt sie angeblich nicht richtig an der Hand und so weiter. Schließlich hatte ich genug. Ich beschloss, ihr zu sagen, dass ich nicht mehr mit ihr laufe. Was war ich für ein Idiot …»
Janne vergrub das Gesicht wieder in den Händen, ich betrachtete verstohlen seinen schön geformten Nacken und seine kräftigen Haare, blond wie Mädesüß. Und war gespannt auf seine nächsten Worte.
«Ich hab im Gang auf Noora gewartet. Als sie endlich vom Duschen kam, hab ich ihr angeboten, sie nach Hause zu fahren, weil es so schüttete und weil ich mit ihr reden wollte.
Noora hat gekreischt, zu so einem Scheißkerl steige sie nicht ins Auto, und ist mit ihrer Riesentasche nach draußen gerannt, in den Regen. Ich bin hinterher und hab gerufen, sie soll auf mich warten. Aber sie ist einfach weitergelaufen.
Aber als ich gerufen hab, ich würde mit dem Eiskunstlauf aufhören, ist sie immerhin stehen geblieben. Rate mal, was sie gesagt hat!»
Zum ersten Mal sah Janne mich an, seine grünen Augen funkelten wie die einer Katze, die sich die Pfote verletzt hat.
«Was denn?»
«Nur zu, hat sie gesagt. In zwei Tagen überlegst du es dir sowieso anders. Und dann ist sie weitergerannt. Das Schlimmste war: Ich wusste, dass sie Recht hatte. Außer Eislaufen hab ich nichts gelernt, aber im Einzellauf habe ich keine Chance. Und eine neue Partnerin zu finden ist nicht so leicht. Jetzt ist sowieso alles vorbei, Noora ist tot!»
Die Gefühle, die er bisher nur auf dem Eis zu zeigen gewagt hatte, waren ihm nun am Gesicht abzulesen. Ich war sicher, er würde gleich weinen.
Genau in dem Moment piepte mein blödes Handy. Taskinen rief an.
«Ich habe die Nieminens erreicht. Kauko, Nooras Vater, ist bereit, heute mit dir zu sprechen.»
«Und meine Frage?»
«Kauko hat Janne nur gesagt, dass Noora tot ist. Ich hatte ihn nämlich gebeten, keine Einzelheiten bekannt zu geben.»
Ich schaltete das Handy aus. Es schien mir, als hätte der Anruf das dünne Vertrauensverhältnis zerstört, das zwischen Janne und mir entstanden war. Janne hatte sich wieder unter Kontrolle, sein Gesicht war wie versteinert.
«Und dann?», fragte ich, da er nicht weiterredete.
«Nichts. Das heißt eine Menge, aber Noora habe ich nicht mehr gesehen. Ich war stocksauer. Ich bin nach Hause gefahren, hab den letzten Rest Whisky ausgetrunken und bin ins Täffä gegangen, um mich zuzudröhnen. Der Quittung nach hab ich mindestens sieben große Bier getrunken, ich kann mich nicht daran erinnern. Deswegen hab ich gestern früh die Ballettstunde verschlafen, aber wahrscheinlich wäre ich sowieso nicht hingegangen. Das Telefon hatte ich abgestellt. Ich bin dann durch die Gegend gefahren – dabei wusste ich nicht mal, ob ich schon wieder fahrtüchtig war. Erst wollte ich das Training auch sausen lassen, aber dann bin ich doch hin. Da habe ich es dann gehört, ich hab nämlich die Nieminens angerufen, weil von den anderen keiner kam.»
Jannes Darstellung klang ziemlich glaubhaft. Allerdings halten sich die besten Lügen dicht an die Wahrheit. Vielleicht hatte er einfach nur ausgelassen, dass er Noora umgebracht hatte, bevor er saufen ging.
«Wie erklärst du dir dann, dass dein Auto um viertel vor acht im Parkhaus beim Einkaufszentrum Matinkylä gesehen wurde?»
«Unmöglich, da war ich nicht!»
«Dein Wagen wird jedenfalls zur Zeit untersucht. Wir bräuchten deine Fingerabdrücke, um sie von den anderen Abdrücken im Wagen unterscheiden und eliminieren zu können.»
«Nooras Fingerabdrücke in meinem Nissan beweisen überhaupt nichts. Sie ist oft bei mir mitgefahren!»
Ich nickte. Tatsächlich suchten wir ja nicht nur nach Fingerabdrücken. Auf meine Frage, wer sein Alibi bestätigen
Weitere Kostenlose Bücher