Die Todesspirale
rufe sie gleich an. Aber kümmere dich zuerst um Janne. Ich finde, du solltest ihn laufen lassen, es sei denn, er legt ein Geständnis ab. Konzentrier dich lieber auf Teräsvuori. Du hast doch die Akte gelesen?»
«Klar, hab ich. Weißt du nicht mehr, dass ich gestern mit ihm telefoniert habe? Da war er auf dem Weg nach Vaasa. Ich schicke einen Streifenwagen zu seiner Wohnung und lasse ihn herbringen, sobald er da auftaucht.»
«Gut.»
«Willst du an Jannes Vernehmung teilnehmen?», fragte ich spitz, was Taskinen mit einem amüsierten Blick quittierte.
«Das schaffst du auch ohne mich. Soweit ich weiß, ist Pihko frei.»
«Kannst du bitte die Nieminens fragen, ob sie Janne berichtet haben, wie Noora getötet wurde? Ruf mich dann im Vernehmungsraum zwei an.»
Der für die Haftzellen zuständige Beamte sagte, Janne habe sich ruhig verhalten, aber kaum geschlafen. Das Früh-stück habe er nicht angerührt. Ich bestellte Kaffee, Tee und belegte Brote in den Vernehmungsraum, sagte Pihko Bescheid und schickte einen Streifenwagen zu Teräsvuoris Wohnung. Vorsichtshalber ging ich auch noch auf die Toilette, denn Jannes Vernehmung konnte länger dauern, und ich musste neuerdings stündlich aufs Klo. Manche Begleiter-scheinungen der Schwangerschaft waren wirklich störend.
Ich tuschte mir die Wimpern nach. Heute früh war ich so blass gewesen, dass ich sogar Rouge aufgelegt hatte. Meine roten Haare standen wild vom Kopf ab wie immer, der Pony war zu lang. Meine Schwestern behaupteten, ich bekäme einen Jungen, weil meine Stupsnase breiter geworden und noch nicht von Sommersprossen bedeckt war. Mein oranger Lippenstift kam mir plötzlich zu knallig vor, er ließ meine Unterlippe noch breiter erscheinen, als sie ohnehin war. Ich rieb ihn ab, so gut es ging, dann machte ich mich auf den Weg zum Vernehmungsraum.
Janne war noch nicht gebracht worden. Pihko kaute hungrig an einem Butterbrot, als hätte er nicht gefrühstückt.
«Hast du es schon gehört?», fragte er aufgeregt. «Gestern wurde ein Zeuge ausfindig gemacht, der gesehen hat, wie Noora Nieminen und Janne Kivi vorgestern Abend gegen viertel nach sieben zusammen auf dem Pfad hinter dem Eisstadion in Richtung Koukkuniemi gegangen sind. Der Zeuge führte gerade seinen Rottweiler aus, der trotz des Wolken-bruchs partout nicht nach Hause wollte.»
Jetzt sah es für Janne wirklich böse aus. Trotzdem erkundigte ich mich, ob der Zeuge zuverlässig war und woran er Noora und Janne erkannt hatte. Ich erfuhr, dass er keine Sportschau versäumte und auch beim Eiskunstlauf nie ab-schaltete.
Bevor ich genauer nachdenken konnte, wurde Janne ins Zimmer geschoben. Er hatte sich offensichtlich zur Wehr gesetzt, denn er trug Handschellen.
«Guten Morgen, Janne», sagte ich so freundlich, wie ich konnte. Vielleicht war es an der Zeit, die mütterliche Güte einzusetzen, die Koivu mir bescheinigt hatte. Jannes hartnäckiges Schweigen brachte mich nicht aus dem Konzept.
«Warum Handschellen?», fragte ich den Aufsichtsbeamten, von dem ich wusste, dass er einer der gröbsten war.
«Anders war der Kerl nicht auf Trab zu bringen!»
«Nimm ihm die Dinger ab, damit er bequemer sitzt. Dann kannst du gehen», befahl ich. In Jannes Augen flackerte Überraschung auf. Er betrachtete seine befreiten Hände, als ob er an ihnen eine Veränderung erwartete.
«Setz dich, Janne. Es gibt Brot, Tee und Kaffee. Bedien dich, wenn du magst.» Er setzte sich in die äußerste Ecke und rührte sich nicht. Ich goss mir eine Tasse Tee ein, davon bekam ich nicht ganz so schlimmes Sodbrennen wie von Kaffee. Die belegten Brote sahen gut aus, aber mit vollem Mund fehlte mir bei der Vernehmung die nötige Autorität.
«Wir haben einen Zeugen, der dich mit Noora auf dem Weg vom Stadion nach Koukkuniemi gesehen hat. Nun sag schon, was vorgestern Abend vorgefallen ist.»
«Da gibt es nichts zu sagen.»
Ein vollständiger Satz, immerhin, wir machten Fortschrit-te. Ich entschloss mich, doch ein Roggenbrot mit Käse und Salat zu nehmen, hielt auch Janne den Teller hin. Keine Reaktion. Er lehnte den Kopf an die Wand und schloss die Augen. Seine Gesichtsmuskeln spannten sich, er knirschte mit den Zähnen. Ohne die Augen zu öffnen, sagte er leise:
«Du warst in unserer SchneewittchenShow, stimmt’s?»
Hastig schluckte ich den Bissen runter.
«Ja. Es war eine phantastische Show.»
«Schick den anderen Polizisten raus, dann sag ich, was passiert ist.»
Ich bedeutete Pihko hinauszugehen, den Recorder aber
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