Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Todesspirale

Die Todesspirale

Titel: Die Todesspirale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
Vom Netzwerk:
hat zu tun. Du musst warten, bis Silja fertig ist.»
    «Aber Mama …»
    «Keine Widerrede! Setz dich in den Umkleideraum und mach deine Hausaufgaben!»
    Irina murmelte etwas vor sich hin, zog dann aber, beleidigt mit den kaum vorhandenen Hüften wackelnd, davon. In ihren grazilen Bewegungen lag ein Selbstbewusstsein, das bei einem Kind eigenartig wirkte. Rami kam ihr auf dem Gang entgegen, Irina sagte etwas zu ihm, breitete theatralisch die dünnen Arme aus, und Rami klopfte ihr besänftigend auf die Schulter. Sicherlich war Irina Grigorieva dazu erkoren, eine Eiskunstläuferin der Spitzenklasse zu werden, vielleicht wür-de sie in fünf Jahren beginnen, Weltmeistertitel zu scheffeln.
    Bis dahin hatten sie und ihre Mutter sicher die finnische Staatsbürgerschaft.
    Rami Luoto wirkte erschöpft.
    «Sind die Reporter weg? Gut. Ich hatte schon befürchtet, Janne würde sich auf sie stürzen. Seit seiner Verhaftung ist er ganz fremd geworden», sagte er in scharfem Ton zu mir.
    «Was habt ihr mit ihm gemacht?»
    «Wir haben ihn lediglich befragt, sonst nichts.»
    «Sein Auto habt ihr auch konfisziert. Habt ihr ihn allen Ernstes in Verdacht?»
    «Wir verdächtigen jeden», warf Koivu ein.
    Die ersten Ergebnisse zu Jannes Wagen sollten am nächsten Tag vorliegen. Dann würde ich auch Nooras Leiche ansehen und die aus dem Labor zurückgekommene Sporttasche untersuchen. Bis Mittsommer und Urlaubsbeginn waren es nur noch vier Wochen, was man allerdings dem Wetter nach nicht vermuten würde. Von hellen Frühlings-nächten konnte keine Rede sein, der Himmel war verhangen mit feuchtgrauen Wolken, hinter denen die Sonne nicht hervorkam. Ob die Selbstmordrate dieses Jahr noch höher lag als gewöhnlich, da der Frühling alle Erwartungen enttäuschte?
    Ohne weitere Absprache waren wir in die Trainingshalle gegangen, Rami und Elena voran, wir Polizisten zielstrebig hinterdrein, als wüssten wir, was zu tun sei. Janne und Silja saßen auf der Spielerbank, Janne redete aufgeregt, während Silja den Arm um seine Schulter gelegt hatte. Sie sah aus wie ihr Vater, wenn er sich die Sorgen seiner Untergebenen an-hörte. Auch wenn Silja und Janne nichts miteinander hatten, waren sie ganz offensichtlich gute Freunde. Ich spürte, wie Koivu neben mir zusammenzuckte und hätte ihm gern mitfühlend auf die Schulter geklopft, aber das ließ ich natürlich bleiben. Überhaupt, was gingen mich Silja und Janne an, ich war hier, um mit Elena Grigorieva zu reden.
    «Janne, wenn du aufs Eis willst, dann setz dich in Bewegung!», kommandierte die Trainerin. «Und du, Silja, lauf dich warm! Wir haben nicht mehr viel Zeit bis zur KanadaReise.»
    «Ich glaub, ich mag heute nicht», sagte Janne ausweichend und strich sich die Haare aus der Stirn. Am rechten Ohrläppchen trug er einen kleinen Goldreif, der fast etwas zu zierlich wirkte.
    «Ach nein? Bummelei und Selbstmitleid helfen dir nicht weiter. Los, geh dich umziehen, oder willst du die Arbeit der letzten Jahre einfach wegwerfen? Du weißt genau, dass deine Karriere nicht mit Nooras Tod enden muss. Na los, geh schon!»
    Elena sprach so schnell, dass ihre Kommandos im Echo der Halle miteinander verschmolzen. Dennoch bewirkten sie, dass Janne aufstand, die riesige Sporttasche über die Schulter warf und sich in Richtung Umkleideraum in Bewegung setzte. Rami Luoto wühlte hastig in einem Stapel Kassetten und suchte offenbar nach der Musik, zu der sich Silja warm laufen sollte.
    «Hallo, Maria.» Silja stapfte in ihren Schlittschuhen zu uns. Die Kufenschoner behinderten sie in ihren Bewegungen. «Tag, Pekka. Gibt es etwas Neues?»
    «Kaum. Wir sind hier, um ein bisschen Atmosphäre zu schnuppern», sagte Koivu und bemühte sich, Silja nicht allzu auffällig anzustarren.
    «Habt ihr Janne verhaftet, weil ich euch erzählt habe, was er gesagt hat? Er könnte Noora umbringen?»
    «Nein, wirklich nicht», beruhigte ich sie. «Ist dir noch irgendetwas eingefallen? Wie ist es mit der Schule? Hatte Noora dort Feinde?»
    «In der Schule? Weiß ich nicht, wir waren ja nicht in derselben Klasse. Viele Freunde hat sie wohl nicht gehabt, weil ihre ganze Zeit für den Eiskunstlauf draufging. Sie war die Einzige, die sich nie beklagt hat, nicht mal dann, wenn wir im Winter früh um sechs in der eiskalten Halle trainieren mussten. Sie war so fanatisch. Sie hielt sich für besser als alle anderen, sie wusste immer alles. Das ging einem manchmal auf die Nerven.»
    Beim Sprechen machte Silja Dehnungsübungen. Sie legte das

Weitere Kostenlose Bücher