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Die Todesspirale

Die Todesspirale

Titel: Die Todesspirale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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Trainerin auch nicht weiter zu bringen als in ihrer aktiven Zeit, sie sah sich als ewige Dritte nach den Moskvinos, Tarasovs und so weiter. Hier in Finnland fehlten dagegen Trainer von internationalem Niveau. Schon damals habe ich ihr vorgeschlagen, herzukommen, aber das wäre nicht ganz einfach gewesen.
    Anton hatte einen guten Posten im Sportministerium, er war sogar freiwillig in die Partei eingetreten. Elena wagte nicht, offen zu sprechen, aber ich hatte den Eindruck, dass die Ehe mehr oder weniger kaputt war.»
    «Warst du selbst je verheiratet?», warf ich ein.
    «Ich? Nein! Meinst du, ich wäre nicht kompetent, die Ehen anderer Leute zu beurteilen? Da magst du Recht haben. Andererseits war es ja verständlich: Elena und Anton hatten quasi unter dem Zwang der Verhältnisse geheiratet, sie waren noch viel zu jung.»
    «Und dann starb Anton …»
    «Er wurde überfahren. Eine eigenartige Geschichte, der Schuldige wurde nie gefunden. Aber das weißt du bereits, nehme ich an. Ich habe mit einer Delegation des Finnischen Eislaufverbandes an der Beerdigung teilgenommen.»
    Bei der Beerdigung habe eine unwirkliche Stimmung ge-herrscht, erzählte Rami. Elena war die einzige Angehörige gewesen, denn Antons Eltern waren einige Monate zuvor gestorben, und seine einzige Schwester war nach Usbekistan abkommandiert worden. Irina hatte nicht teilnehmen dürfen. Die Gedenkfeier hatte in einem Gebäude stattgefunden, das mitten in einem Baugelände lag, sodass der Lärm der Presslufthämmer die Trauerreden übertönte.
    «Tomi war auch dort, damals bin ich ihm zum ersten Mal begegnet. Ich hatte gleich den Eindruck, dass er sich für Elena interessierte.»
    «War Tomi Liikanen in sie verliebt?»
    Rami schien verlegen.
    «Verliebt nicht. Er war interessiert.»
    «In sexueller Hinsicht?»
    «Genau kann ich es nicht erklären. Er wollte Elena für sich gewinnen. Die Idee, sie nach Finnland zu holen, kam von ihm. Ich habe den Gedanken natürlich unterstützt.»
    Darüber musste ich erst einmal nachdenken. Was hatte Tomi Liikanen sich von Elenas Umzug nach Finnland versprochen? Hatte er gewusst, dass auch ihr Gefahr drohte, wenn sie in Moskau blieb? Ich musste ihn danach fragen.
    Rami erzählte weiter, er habe Ulrika Weissenberg mühelos überreden können, Elena einzustellen, und nachdem sie sich der Sache angenommen hatte, seien Aufenthalts und Ar-beitserlaubnis zügig erteilt worden. In derselben Woche, in der Elena ihren Posten in Finnland antrat, hatten Tomi und sie geheiratet. Mittlerweile warteten Mutter und Tochter auf die finnische Staatsbürgerschaft, damit Irina Finnland bei der Olympiade vertreten konnte.
    «Das Ziel ist Salt Lake City 2002, dann ist Irina siebzehn, gerade im richtigen Alter. Nächstes Jahr nimmt sie an der Ju-niorenweltmeisterschaft teil.»
    Um eine Weile von dem russischen Ermittlungsstrang wegzukommen, lenkte ich das Gespräch auf Janne Kivi.
    «Du scheinst dich gut mit Janne zu verstehen. Kannst du mir sagen, warum er sich so eigenartig benimmt?», fragte ich, während Rami Mineralwasser nachschenkte.
    «Wie meinst du das?»
    Ich erzählte ihm von dem Zwischenfall auf der Autobahn.
    Die Lachfältchen um seine Augen verschwanden, er machte ein besorgtes Gesicht und strich sich unruhig über die Haare.
    «Er ist durcheinander, das ist doch verständlich. Soweit ich mich erinnere, hat er in Konfliktsituationen öfter so reagiert.
    Er hat sich hinters Steuer geklemmt und ist gerast wie ein Wilder.»
    «Spitzensportler werden doch häufig von einem Sportpsy-chologen betreut. Bei euch auch? Vielleicht könnte er Janne helfen.»
    Rami nickte, als wolle er sich umgehend darum kümmern.
    «Meiner Ansicht nach deutet Jannes Verhalten auf Schuldgefühle hin», fuhr ich fort, und als ich sah, dass die Sorgen-falten in Ramis Gesicht noch tiefer wurden, setzte ich hastig hinzu: «Ich meine nicht unbedingt, dass er Noora ermordet hat. Er kann sich zum Beispiel schuldig fühlen, weil er kurz vor ihrem Tod mit ihr gestritten hat. Vielleicht denkt er, Noora wäre noch am Leben, wenn er sie nach Hause gebracht hät-te, statt sie wütend davonrennen zu lassen.»
    Das Cembalo wurde vom sehnsuchtsvollen Klang einer Viola da Gamba abgelöst. Rami ließ den Blick aus dem Fenster schweifen, über den wollsockengrauen Himmel. Er öffnete den Mund, als wollte er etwas sagen, blieb jedoch still.
    Also redete ich weiter:
    «Ich habe in Nooras Tagebüchern gelesen. Sie war offenbar bis über beide Ohren in Janne verliebt, der

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